"Frauen, zeigt eure Erfolge!" - Expertentipps für Frauen im Berufsleben
Im Job geraten zahlreiche Frauen immer noch in die Bescheidenheitsfalle. "Macht auf eure Leistungen aufmerksam", rät Trainerin Ingeborg Rauchberger im folgenden Interview.
Trotz bedeutender Fortschritte in der Gleichstellung stoßen Frauen im Berufsleben nach wie vor auf erhebliche Hürden. Eine davon ist die Bescheidenheitsfalle, die verhindert, dass sie ihre Erfolge angemessen präsentieren. Trainerin und Verhandlungscoach Ingeborg Rauchberger zeigt Wege auf, wie Frauen ihre Leistungen sichtbar machen können.
Als Prokuristin eines großen Handelsunternehmens führte Rauchberger Verhandlungen in aller Welt. Heute berät die als Verhandlungscoach und als Sophia Farago bekannte Linzerin Frauen und Männer vor wichtigen beruflichen Gesprächen. In ihrem Ratgeber für Frauen schildert sie, wie diese ihre beruflichen Leistungen besser verkaufen können und in Verhandlungen gehört werden:
Experteninterview mit Dr. Ingeborg Rauchberger zum Thema "Erfolgreich im Berufsleben":
SN: Woran arbeiten Sie gerade?
Ingeborg Rauchberger: Ich bin in der Endphase meines sechsten "Sophia Farago"-England-Romans. Als ich mein erstes Buch schrieb, hieß es, als Ingeborg Rauchberger könne ich nur Sachbücher schreiben (lacht).
SN: Was meinen Sie mit Ihrem Buchtitel "Schrei Kikeriki, wenn du ein Ei legst"?
Ingeborg Rauchberger: Wenn ich ein Projekt gut durchgeführt habe, ist es wichtig, dass die Entscheidenden davon wissen. Dass sie es der Person zurechnen, die es gemacht hat. Oft ist es so: Eine Gruppe arbeitet an einem Projekt. Präsentiert wird es in neun von zehn Fällen von einem Mann. Dann heißt es "Der Karl hat aber wirklich eine gute Idee gehabt." Frauen fragen sich oft, ob das nicht Angeben ist. Aber Angeben ist es nur, wenn ich etwas präsentiere, das es nicht wert ist. Auch ich bin früher in die Bescheidenheitsfalle getappt und habe mich dann nachher wahnsinnig geärgert. Mit meinem Buch will ich Frauen ermöglichen, dass sie nicht jeden Fehler selber machen müssen. Also: Wenn jemand etwas Positives über Ihre Arbeit sagt, sagen Sie am besten "Danke". Oder Sie fordern das Lob ein, indem Sie sagen "Das war gut, gell?" Darauf können Sie sich bei der nächsten Gehaltsforderung beziehen. Leider machen sich viele Frauen klein.
SN: Wie machen sich Frauen klein?
Ingeborg Rauchberger: Indem sie Lob abschwächen und sagen "Na geh, das war doch selbstverständlich." Oder "Dafür werde ich ja bezahlt." Damit kränkt man den anderen. Der wird keine Lust mehr haben, mir etwas Positives zu sagen. Viele Frauen machen sich auch zu Hause klein, um ihren Partner nicht zu verunsichern. Will eine Frau beruflich erfolgreich sein, sucht sie sich am besten einen Mann, der das gut findet und der die Hälfte des Haushalts und der Kinderbetreuung erledigt.
SN: Warum werden Frauen im Beruf so oft überhört?
Ingeborg Rauchberger: Ich schaute immer darauf, dass ich etwas zu sagen habe, wenn ich mich zu Wort meldete. Dann hatte ich die Aufmerksamkeit. Man darf nicht einfach losreden! Sonst geht das Gesagte unter. Ich höre gern zuerst zu. Dann lehne ich mich nach vorn und sage "so" oder "fein" und sage, was ich zu sagen habe. Man muss sich auch trauen, mit fester Stimme zu sprechen. Die Vorbereitung ist mehr als der halbe Erfolg. Umso selbstsicherer bin ich dann.
SN: Sind Frauen im Job zu leise?
Ingeborg Rauchberger: Nicht alle. Was mir auffällt, ist: Ich habe mit vielen selbstbewussten Frauen zu tun, die ihr Selbstbewusstsein verlieren, wenn sie für sich selber einstehen sollen. Aber Leute, die sich für sich selber einsetzen, vermitteln den Eindruck, dass sie sich auch für die Firma einsetzen.
SN: Müssen Frauen mehr netzwerken, um ihre Ziele zu erreichen?
Ingeborg Rauchberger: Wir Frauen müssen eh schon genug. In der Regel haben Frauen mehr um die Ohren als Männer: Neben dem Job sind das noch die Kinder und die alten Eltern, um die sich viele kümmern müssen. Diese Frauen fragen sich "Bringt mir ein Netzwerk so viel, dass ich dafür auch noch Zeit opfern soll?" Solang ich Netzwerken als Zeitopfer sehe, wird es mir nichts bringen. Auch kennen viele Frauen noch nicht den Nutzen beruflicher Netzwerke wie European Women's Management Development (EWMD), Soroptimisten oder Business Professional Women.
SN: Was können sich Frauen beim Netzwerken von Männern abschauen?
Ingeborg Rauchberger: Männer nutzen ihre Connections viel besser. Wenn in einem männlichen Serviceclub ein Mitglied etwas Gutes auf die Füße stellt, wird darüber gesprochen, er kommt in die Medien, man ist stolz auf ihn. Frauen sollten sich auch trauen, Kolleginnen anzurufen, wenn sie einen Job suchen oder ein neues Produkt anbieten oder Hilfe brauchen. Viele Frauen haben Scheu davor, den Nutzen eines Netzwerks einzufordern. Aber von selber kommt er nicht. Die Gehaltserhöhung kommt auch nicht von selber. Wichtig ist vor allem, den Gedanken "Was könnte der andere denken?" endlich zu streichen.
Buchtipp: Ingeborg Rauchberger: "Schrei Kikeriki, wenn du ein Ei legst. 10 goldene Erkenntnisse, wie Frauen sich im Berufsleben besser verkaufen."
10 Erfolgstipps für Frauen: So ernten Sie die verdienten Lorbeeren im Job
- Erfolge sichtbar machen: Informieren Sie regelmäßig Ihre Vorgesetzten und Kollegen über Ihre Fortschritte und Erfolge. Dies kann in Meetings, per E-Mail oder in Team-Updates erfolgen. Das ist keineswegs eingebildet, sondern zeugt von gesundem Selbstbewusstsein. Auch lesen: Ein Vorbild für Frauen im Berufsleben | SN.at
- Selbstbewusst kommunizieren: Versuchen Sie Unsicherheitswörter wie „eigentlich“, „vielleicht“, oder „nur“ in der Kommunikation zu vermeiden und sprechen Sie laut und offen. Auch lesen: Die Wirkung der eigenen Stimme | karriere.SN
- Richtig mit Lob umgehen: Wenn Ihnen ein Kompliment für Ihre Arbeit gemacht wird, sollten Sie dieses mit einem „Danke“ annehmen, anstatt das Lob abzuschwächen. Sie haben es sich verdient!
- Netzwerke aufbauen: Treten Sie Berufsverbänden und Netzwerken bei und nehmen Sie wenn möglich an Networking-Events teil, um sich regelmäßig mit anderen auszutauschen und am Ball zu bleiben. Auch lesen: Netzwerken: Frauen auf die Bühne | SN.at
- Selbstmarketing betreiben: Arbeiten Sie daran, eine persönliche „Marke“ zu entwickeln und Ihre Stärken und Erfolge zu betonen. Dazu gehört auch der passende Online-Auftritt. Pflegen Sie ein professionelles Profil auf LinkedIn und anderen beruflichen Plattformen. Hier können Sie auch Ihre Erfolge und Projekte teilen. Auch lesen: Business-Networking? Do's and don'ts beim Netzwerken| karriere.SN.at
- Auf Verhandlungen vorbereiten: Bereiten Sie sich gründlich auf Gehalts- und Mitarbeitergespräche vor. Sammeln Sie Argumente und Belege für Ihre Leistungen. Solche Gespräche können Sie auch im Vorfeld üben und laut durchgehen. Das mag zwar im ersten Moment etwas befremdlich sein, hilft aber enorm um die „Nervosität“ in den Griff zu bekommen und sicherer zu werden. Auch lesen: Tipps für die nächste Gehaltsverhandlung | karriere.SN.at
- Fort- und Weiterbildungen: Nehmen Sie jede Fort- und Weiterbildungsmöglichkeit an, die Ihnen geboten wird. Auch lesen: Berufliche Weiterbildung für den Blick über den Tellerrand. | SN.at
- Sich trauen, Lob einzufordern: Wenn Ihre Leistung nicht gewürdigt wird, fordern Sie das Lob aktiv ein, indem Sie z.B. sagen: "Das war gut, gell?" Wenn Sie in einem Team arbeiten, stellen Sie sicher, dass Ihre individuellen Beiträge erkannt werden.
- Ziele setzen und verfolgen: Setzen Sie sich spezifische, messbare, erreichbare, relevante und zeitgebundene Ziele. Verfolgen Sie Ihre Fortschritte regelmäßig und passen Sie Ihre Strategien bei Bedarf an.
- Selbstfürsorge: Achten Sie auf eine gute Work-Life-Balance, um langfristig leistungsfähig und gesund zu bleiben. Nutzen Sie Angebote wie flexible Arbeitszeiten oder Homeoffice, um Ihre beruflichen und privaten Anforderungen besser zu vereinbaren.
Titelfoto ©freepik