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Der Job und das Glück - Was im Job glücklich macht

Muss man im Job glücklich sein? Welche Faktoren für ein glückliches Berufsleben von Bedeutung sind und welche Rolle die Work-Life-Balance spielt.

Es besteht ein Zusammenhang zwischen Zufriedenheit im Job und privatem Glück.
Es besteht ein Zusammenhang zwischen Zufriedenheit im Job und privatem Glück.
 Glückscoach Katharina Mühl: „Man kann Glücklichsein und eine positive Einstellung trainieren.“
Glückscoach Katharina Mühl: „Man kann Glücklichsein und eine positive Einstellung trainieren.“

Der Mensch ist nicht dafür gemacht, glücklich zu sein. Sagte Sigmund Freud seinerzeit. Genauer: "Die Absicht, dass der Mensch glücklich sei, ist im Plan der Schöpfung nicht enthalten." Man kann dem Gründer der Psychoanalyse generell viel unterstellen - auch Pessimismus. Passend dazu die Antwort auf die Frage, ob man in seinem Job glücklich sein muss: Nein, muss man nicht.
"Natürlich gibt es keine Verpflichtung, im Beruf glücklich zu sein. Ich wüsste aber auch keinen Grund, es nicht zu versuchen", erklärt Glückstrainerin und Mentalcoach Katharina Mühl. Dass man nicht immer nur solchen Tätigkeiten nachgehen kann, die einem auch Spaß machen, oder nicht in seinem Traumberuf arbeitet, muss oft als Ausrede herhalten. "Diese Ansicht gibt es häufig, sie ist aber aus meiner Sicht völlig unhaltbar. Jeder hat das Recht, sein Leben nach seinen Vorstellungen zu gestalten."
Es besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen Zufriedenheit im Job und privatem Glück. "Wie wir uns an einem durchschnittlichen Tag über acht, neun Stunden, manchmal noch länger, fühlen, färbt unweigerlich auf unser gesamtes Leben ab. Glück kann durch Arbeit begünstigt werden - unser Glück kann sich umgekehrt aber auch auf die Arbeit auswirken und fördert unseren Erfolg", sagt Mühl.

Die Faktoren, um im Job glücklich zu werden

An der London School of Economics ist im Vorjahr die Studie "Happiness at Work" (Glück im Job) veröffentlicht worden. Jan-Emmanuel De Neve und George Ward haben europaweit über 20.000 Personen befragt - mit dem Ziel, herauszufinden, was es braucht, um im Job glücklich zu werden.
Die Ergebnisse: Mitarbeiter sind zufriedener, wenn sie ein Mitspracherecht haben und Entscheidungen beeinflussen können. Wird über ihren Kopf hinweg entschieden oder gar ein rauer Ton angeschlagen, ist das für das Glücksgefühl im Beruf nicht förderlich. Glücklicher ist auch, wer im Job verschiedenen Tätigkeiten nachgehen kann, mehr Abwechslung im Arbeitsalltag hat und vor allem auch in einem angenehmen Umfeld arbeitet. Ein gutes Betriebsklima ist wesentlich. Besteht die Chance, befördert zu werden, arbeitet man in einer aussichtsreichen Position, steigt proportional auch das Glücksempfinden.
Eine Streitfrage - und natürlich subjektiv unterschiedlich - ist, ob Geld glücklich macht. Die Resultate der Studie zeigen allerdings ganz klar: Je höher das Gehalt, desto glücklicher sind die Arbeitnehmer. Steht eine Gehaltserhöhung im Raum, sind die Mitarbeiter ebenfalls zufriedener. Wobei Geld verdienen allein nicht das Füllhorn des Glücks darstellt. Fühlt man sich sonst in seinem Job unwohl, machen auch monetäre Mittel nicht alles wieder wett. Zu den wesentlichsten Erkenntnissen der Umfrage zählt außerdem, dass schon allein die Tatsache, einen sicheren Job zu haben, enorm zum Glücksgefühl beiträgt.
"Auch glücksfördernd ist es, wenn wir einen Sinn in unserer Arbeit sehen. Ebenso wie ehrliche Wertschätzung für die eigene Arbeit zu erfahren und Unternehmenswerte, die sich möglichst stark mit unseren persönlichen Werten decken", erklärt Glückstrainerin Mühl. Aufgabengebiete, in denen man seine Stärken gezielt einsetzen kann, im Optimalfall sogar mehrmals täglich, bringen zudem sogenannte Flow-Erlebnisse, die in weiterer Folge auch das Glücksempfinden vorantreiben.

Work-Life-Balance - Keine Trennung zwischen Leben und Job

Pünktlich aus dem Büro oder der Werkstatt raus und alles ist gut - es lebe die Work-Life-Balance. Laut De Neve/Ward ist derjenige glücklich im Job, der nach Feierabend noch Zeit und Energie für Unternehmungen und einen Ausgleich zum Berufsleben hat. Schenkt man Glückscoach Mühl Glauben, dann reicht das "Jobglück" noch viel weiter, ist die Balance zwischen Arbeit und Privatleben viel zu kurz gefasst. Es soll um eine Einheit der beiden Bereiche gehen.
"Was Glück im Job betrifft, gibt es für mich kein veralteteres Konzept als die Work-Life-Balance. Das bedeutet nämlich, dass wir zwischen Arbeit hier und Leben dort trennen. Wenn wir so denken, liegt dem oft die Einstellung zugrunde, am Arbeitsplatz sei der Mensch unfrei und das eigentliche Leben spiele sich in der arbeitsfreien Zeit ab." Die Glückstrainerin plädiert für eine "Romanze" zwischen beiden Gebieten - die "Work-Life-Romance": "Meine Erfahrung zeigt, dass diejenigen, die von sich sagen, ihren Traumjob gefunden zu haben, nicht mehr zwischen Arbeit und Leben unterscheiden, sondern es als Einheit leben."

Auf dem Weg zum Glück im Job spielen natürlich die eigenen Prioritäten eine wesentliche Rolle: Was ist mir bei der Arbeit wichtig? Vor allem sollte man in dem Zusammenhang auch die eigenen Stärken berücksichtigen, denn Charakterstärke gehört zu den zentralen Faktoren der Glücksforschung.

Erfolg ist nicht gleich Glück

Sich jeden Tag aufs Neue auf die Arbeit zu freuen, sich im Job wohlzufühlen, den guten Umgang mit den Kollegen zu schätzen und zufrieden durch den Arbeitsalltag zu gehen - so lautet die Definition von Jobglück. Oder, laut Glückstrainerin: "Ich bin wirklich glücklich in dem Job, in dem ich arbeiten darf." Nicht verwechselt werden sollten allerdings Erfolg im Job und Glück - wobei beruflicher Erfolg natürlich ebenso subjektiv zu betrachten ist. Jeder Mensch definiert Erfolg individuell. Und: Das eine hängt nicht zwangsweise mit dem anderen zusammen. Stimmen die Zahlen der Bilanz, hat man genügend Aufträge an Bord gezogen oder wurde man befördert, ist man auf dem Papier erfolgreich. Dieser "Erfolg" impliziert aber noch lang nicht, dass man im Job auch glücklich ist. Der Druck, die vorgeschriebenen Zahlen zu erreichen, der nörgelnde Chef oder die unfreundlichen Kollegen verschwinden nicht, der Frust löst sich nicht postwendend in Luft auf. Es stellt sich die Frage: Wie wird man glücklich im Job?

Die Suche und das Training um glücklich zu werden

Das Glücklichsein kann man stärken wie einen Muskel. "Die Glücksforschung und die Neurowissenschaft belegen, dass wir Glücklichsein und eine positive Lebenseinstellung trainieren können. Je öfter wir in guter Stimmung sind, desto mehr stärken wir das Glückszentrum im Gehirn", erklärt Mühl. "Dabei verästeln sich die Nervenbahnen in diesem Gehirnbereich stärker. Dadurch können wir leichter positive Emotionen und tiefere Glücksgefühle empfinden." Mittels konstruktiver mentaler Einstellung und einer achtsamen Grundhaltung kann man das Glückszentrum im Gehirn täglich stärken.
Ist man dennoch unsicher, wie die berufliche Zukunft ausschauen soll, sollte man laut Glücksforscherin gedanklich ein Entscheidungsdreieck durchlaufen. Die Phasen "Love it" (Liebe es), "Change it" (Verändere es) und "Leave it" (Verlasse es).
Wenn die "Liebe" zum Job nicht (mehr) vorhanden ist, sollte man sich überlegen, was man an der Arbeitssituation beziehungsweise den Arbeitsbedingungen verändern kann umd wieder im Job glücklich zu werden. Mühl erläutert dazu: "Hier ist es sinnvoll, den Geist weit zu machen, eventuell auch andere Personen miteinzubeziehen, möglichst viele Ideen zu sammeln und diese auch auszuprobieren, um ,Love it' wiederherzustellen." Fehlen dazu die Möglichkeiten, sollte man sich unbedingt vor Augen führen, was passieren würde, wenn man tatsächlich die Kündigung einreicht. "Hierbei ist es empfehlenswert, eine Plus-Minus-Liste zu schreiben. Sollte die Minus-Liste bei Weitem überwiegen, ist der Schritt zur Kündigung leichter", rät Mühl.
Setzt man sich ernsthaft mit der Kündigung auseinander, kommen oftmals auch die Vorteile eines Jobs wieder an die Oberfläche, gefolgt von einer Änderung der Einstellung. "Falls der Preis, den wir zahlen müssten, um den Job zu verlassen, zu hoch ist, werden wir bleiben und wieder zu ,Love it' kommen. Oder zumindest dazu, die Situation zu akzeptieren."
Bei diesem Prozess wird vielleicht auch die Dankbarkeit, die Wertschätzung dessen, was man hat, wieder ans Tageslicht befördert. Und: Wer dankbar ist, kann nicht wirklich unglücklich sein, denn Dankbarkeit führt zu Zufriedenheit im Berufs- wie im Privatleben. Und ist man zufrieden, stellt sich das Glück von selbst ein.

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