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Von Beruf Pianistin: Mit dem Keyboard auf der Alm

Viel Leidenschaft, viel Druck. Chiara Schmidt darüber, was es heißt, Pianistin zu sein - und doch auch die Berge zu lieben.

Es ist nicht nur ein Job, sondern macht viel von mir als Menschen aus“, sagt Chiara Schmidt über ihr Dasein als Pianistin.
Es ist nicht nur ein Job, sondern macht viel von mir als Menschen aus“, sagt Chiara Schmidt über ihr Dasein als Pianistin.

Es ist ein Spielzeug-Keyboard mit großer Wirkung. Chiara Schmidt bekommt es im Alter von sieben Jahren zu Weihnachten geschenkt - und kann gar nicht mehr aufhören, darauf zu klimpern.

Der Weg zur Pianistin beginnt

Im Sommer darauf fragt die gebürtige Mailänderin, ob sie im nächsten Schuljahr Klavierunterricht nehmen dürfe - und ihr Weg zur Pianistin beginnt. Dieser sei keineswegs vorgezeichnet gewesen, sagt die heute 25-Jährige. "Manche haben ja schon Musiker als Eltern und bekommen das quasi in die Wiege gelegt. Das war bei mir nicht so", berichtet Schmidt. Nach drei Jahren Unterricht sieht die Klavierlehrerin Potenzial in dem Kind und ermuntert es dazu, die Aufnahmeprüfung bei der mailändischen Musikhochschule zu absolvieren. Damit sind die Eltern zunächst nicht einverstanden. "Mein Vater hatte die Sorge, dass ich unter dem Leistungsdruck in der Musikwelt meine Kindheit verliere." Doch schließlich geben die Eltern doch ihr Einverständnis, Chiara Schmidt tritt an - und wird aufgenommen. Die Professorin, die sie daraufhin mehr als zehn Jahre lang begleitet, prägt Schmidt für ihr Leben. "Sie ist großartig und sie hat mich zu der Pianistin gemacht, die ich heute bin."

16 Jahre später steht Chiara Schmidt als Musikerin im Berufsleben

Sie hat die Mailänder Musikhochschule, 2019 zudem den Bachelor der Musikwissenschaft an der Uni Wien sowie diesen Sommer den Master im Klavierstudium am Mozarteum absolviert. Drei Fächer fehlen noch zum zusätzlichen Bachelor in Instrumental- und Gesangspädagogik. 20 bis 30 Konzerte gibt die Italienerin im Jahr, vor einer Zuhörerschaft von 100 bis 500 Menschen. Zusätzlich unterrichtet sie, ab Herbst in Vollzeit am Salzburger Musikum.

Dass zu ihrem Pianistinnen-Alltag sowohl das Selbstspielen als auch das Lehren gehören, gefällt Schmidt gut. "Einerseits kann ich mich selbst mit dem Klavierspielen verwirklichen und ausdrücken. Andererseits gebe ich meine Leidenschaft an jüngere Generationen weiter." Überhaupt sei es ihr von Anfang an wichtig gewesen, einen möglichst bunten Alltag zu leben. Als reine Solistin sei das so nicht möglich. "Im ersten Jahr nach der Matura habe ich mich darin versucht, den Weg der Solistin einzuschlagen. Ich habe jeden Tag acht Stunden geübt, mein ganzes Leben war davon bestimmt. Das hat mir nicht gefallen." Aufgewachsen in einer sportlichen Familie, sei sie es schließlich von Kindesbeinen an gewohnt gewesen, viel Zeit in den Bergen zu verbringen und ihren Alltag sowohl mit der Musik als auch mit der Bewegung in der freien Natur zu füllen. Besonders das Klettern und Hochtouren haben es Schmidt angetan.
"Als Solistin muss man den Musikerberuf stets priorisieren, Konzerte spielen, Wettbewerbe gewinnen. Das ist dann dein Leben." Schmidt entscheidet sich statt für ein reines Klavierstudium für das Studienfach Musikwissenschaft. "Ich wollte mein Leben mit Musik füllen - aber nicht mit dem Druck und der Ausschließlichkeit einer Pianistin."

Schon die Wahl des ersten Studiums ist zugunsten der Berge ausgefallen

"Es gibt zwei gute Institute für Musikwissenschaft, in Berlin und in Wien. Da musste ich nicht lang überlegen." In Salzburg, das mit dem Studium am Mozarteum und nun auch mit der Festanstellung am Musikum Salzburg zu ihrer Wahlheimat geworden ist, kann Schmidt ihre Liebe zur Musik auf der einen und zu den Bergen auf der anderen Seite nun ausleben. Allerdings nicht ohne Einschränkungen. So hält sich Schmidt beispielsweise beim Fingertraining zurück, das für das fortgeschrittene Klettern als unentbehrlich gilt, um sich mit maximaler Kraft an der Felswand festhalten zu können. "Manche sagen, dass dadurch die Geschmeidigkeit beim Klavierspielen verloren gehen kann, das verunsichert mich."

Das Klavier verschwindet auch in der Freizeit nie in den Hintergrund

Drei Stunden Üben stehen auf dem Plan nahezu jedes Tages. Auch bei Urlauben auf der Alm ist ein Keyboard ganz selbstverständlich nebst Klettergurt, Seilen und wetterfester Jacke mit dabei. "Die Musik ist immer ein Teil von mir, egal ob Sonntag oder Urlaub", erklärt Schmidt. Die Angst davor, nicht gut genug zu sein, und übertriebener Perfektionismus sind immer wieder ihre Begleiter. "Man wird ja immer beurteilt, es geht um deine persönliche Leistung beim Konzert. Das kann sehr viel Druck aufbauen, besonders wenn man davon lebt - die Konkurrenz ist groß und gut." Für Schmidt steht im Vordergrund, sich trotz des Damoklesschwerts des Konkurrenzkampfs die Freude an der Musik und eine gewisse Leichtigkeit zu bewahren. Sie lebt das Pianistinnen-Dasein sowohl als Solistin als auch im Duo und Trio mit Kolleginnen und Kollegen. Als Nächstes steht eine Klimatournee an, die dem Klimawandel eine Bühne geben will. Zwei Wochen lang wird Schmidt mit weiteren Sängerinnen und Pianisten per Zug und Schiff reisen, um in Dublin, London, Paris und - wieder zurück- in Salzburg zu spielen.

Zukunftspläne hat Schmidt viele, darunter auch Open-Air-Konzerte in den Alpen. "Das habe ich in Italien bereits ausprobiert, die Stimmung ist dann eine ganz besondere." So verbindet Schmidt ihre beiden Leidenschaften - die Musik und die Berge.