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Schönheit allein reicht nicht

Der Traum vom Modeln. Tiana Pongs hat ihre Chance ergriffen und Karriere gemacht. Für die, die es ihr nachtun wollen, hat sie einen Ratgeber geschrieben.

Tiana Pongs wird für ihre Arbeit als Model zurechtgemacht.
Tiana Pongs wird für ihre Arbeit als Model zurechtgemacht.

Tiana Pongs blickt auf eine 15-jährige Karriere zurück, in der sie zum "best commercial model" in Deutschland avancierte. Ihre Erfahrungen teilt sie jetzt in "Der kleine Modelguide". Das Buch soll eine Schritt-für-Schritt-Anleitung sein, um im Business Fuß fassen zu können. Es richtet sich aber auch an Eltern oder Familienmitglieder, "die nicht so recht wissen, wie sie mit dem Wunsch der Tochter, Model zu werden, umgehen sollen", schreibt Pongs. Ihre Ratschläge gelten aber auch für Männer mit Modelambitionen.

Tolle Reisen, viel Geld, schöne Events, Aufmerksamkeit, super Fotos. Das sind die schönen Seiten des Berufs. Für Pongs war das Reisen immer der größte Pluspunkt. "Ich fliege gerne und mir machen Hotelzimmer und immer wechselnde Locations und Teams nichts aus. Aber jemand, der eher Beständigkeit sucht und Schwierigkeiten hat, sich wöchentlich auf komplett neue Menschen einzulassen und dann auch wieder Lebewohl zu sagen, für den wäre der Job weniger was." Zum Modelleben gehören aber auch Heimweh, Konkurrenzkampf, lange Arbeitszeiten, ein Leben aus dem Koffer und auf Abruf. Die Agentur kann abends anrufen und mitteilen, dass man am nächsten Tag einen Job in einer anderen Stadt hat. Pongs hatte deshalb immer einen gepackten Koffer parat. Außer an Weihnachten und Silvester hat ein Model keine freien Tage, private Termine lassen sich schwer einhalten. "Am Ende führt man ein sehr fremdbestimmtes und kontrolliertes Leben. Auf Dauer ist das sehr anstrengend", weiß Pongs. Außerdem muss man auf seinen Körper achten. "Wenn es einem nicht in die Wiege gelegt worden ist, Kleidergröße 34/36 zu haben, kann es sehr mühselig sein, das Gewicht zu halten."

Wer dennoch Model werden will, der soll selbst aktiv zu werden, statt darauf zu warten, wie Claudia Schiffer entdeckt zu werden. Pongs erklärt in ihrem Guide, wie man sich bei einer Agentur bewirbt, und hält auch gleich ein paar Adressen seriöser Agenturen bereit. In Zeiten von Handykameras und Social Media ist es recht einfach, schöne Fotos zu machen. "Wichtig ist hier, dass es keine bearbeiteten Bilder mit Filter sind. Eine Agentur erkennt das sofort. Es müssen wirklich natürliche Bilder sein, ohne viel Make-up und am besten vor einer weißen Wand. Damit sollte man dann mehrere Agenturen anschreiben." Wenn eine Agentur die Daten von einem aufnimmt, ist der erste Schritt in Richtung Model geschafft. Von nun an sollte man gut erreichbar sein.

"Germany's Next Topmodel" und das echte Modelbusiness

Ein Unterwäsche-Shooting bei Minusgraden, ein Posieren vor der Kamera mit einer Schlange um den Hals oder ein radikales Umstyling von langen zu kurzen Haaren. Was die Teilnehmerinnen der Sendung "Germany's Next Topmodel" erlebten, habe mit dem echten Modelbusiness wenig zu tun, betont Pongs. Im wahren Leben könne man sich selbst überlegen, ob man sich wie beschrieben fotografieren lassen wolle. Eine Typveränderung hänge mitunter von den Folgeaufträgen ab, also ob Kunden das Model mit dem bisherigen Look gebucht hätten. Für Pongs geht es bei der Sendung vielmehr rein um Unterhaltung und Einschaltquote. Auch die vertragliche Bindung an Papa Klum sei unüblich, denn Models seien in Deutschland selbstständig.

Zum Modelleben gehören unter anderem Probleme am Set, das Setzen von Grenzen bei niveaulosem, frechem Verhalten von Kunden oder Fotografen sowie das erste Mal im Fotostudio. Model ist kein Lehrberuf. Wie lernt man also das Posen oder das Laufen auf dem Catwalk? Hierfür empfiehlt sich ein Studium der Fotos in Magazinen wie "Elle" oder "Vogue" und ein Ausprobieren vor dem Spiegel. Pongs hat für ihre erste große Show eine ältere Kollegin angesprochen und um Hilfe gebeten. "Heutzutage gibt es Unmengen an Material im Internet. Nichtsdestotrotz sage ich immer, man lernt am besten von seinen Kollegen am Set. Also Augen auf und im Notfall um Hilfe bitten."

Nicht nur das Äußerliche ist entscheidend

Wer es als Model zu etwas bringen will, braucht mehr als ein hübsches Gesicht und die passende Kleidergröße. Wichtig sind auch Natürlichkeit, Persönlichkeit und Disziplin. Agenturen und Kunden stehen nicht auf vergrößerte Brüste, künstliche Nägel oder Haarextensions. Wer der Natur nachgeholfen hat - und dies ist deutlich zu sehen -, riskiert, nicht mehr gebucht zu werden. Für was gibt es Stylisten und Bildbearbeitungsprogramme? Sie können Makel und Tattoos kaschieren. Zudem arbeitet man mit einem Team zusammen. "Das Beste, was passieren kann, ist, dass man sich gut versteht, aufmerksam und respektvoll ist, sodass der Kunde oder Fotograf gerne mit einem zusammenarbeitet und einen am Ende auch wieder bucht. Es ist oft die Persönlichkeit, die mindestens so viel zählt wie das Aussehen", betont Pongs.

Wird das Modeln als seriöser Beruf anerkannt?

Das Laufen auf den großen Fashion Shows bringt zwar Fotos für die Sedcard, dafür aber wenige neue Kunden und außerdem auch wenig Geld. Das lässt sich verdienen, wenn man für Kataloge, Werbeprospekte oder TV-Spots vor der Kamera steht. Wichtige Städte für Models in Deutschland sind Hamburg, München, Berlin und Düsseldorf. Pongs war international tätig und hat auch regelmäßig in Österreich, vor allem in Salzburg, Linz und Wien, gearbeitet. Für sie ist der österreichische Markt dem deutschen sehr ähnlich, es gibt viele Mode- und Werbekunden. Die Gagen sind etwas geringer. Wie sehr Modeln als Beruf anerkannt wird, ist von Land zu Land unterschiedlich. In Deutschland ist der Beruf laut Pongs sehr viel weniger angesehen als etwa in den USA, wo die Branche hoch respektiert werde. "Die Gagen sind höher, die Arbeitszeiten klarer geregelt und man wird einfach anders behandelt." Auf jeden Fall ist das Modelbusiness eine der wenigen Branchen, in der Frauen mehr verdienen als Männer. Bezüglich der Finanzen rät Pongs zu einem guten Steuerberater, der sich in der Branche auskennt. Außerdem sollten sich Models mit den Themen Versicherungen, Provision in den einzelnen Ländern, Bildrechte und Rücklagen auseinandersetzen, damit es nach der Karriere kein böses Erwachen gibt.

Wann es Zeit zum Aufhören ist, muss jeder für sich selbst herausfinden. "Es lohnt sich, auf seinen Körper zu hören, der einem sagt, wann Schluss ist. Und ebenso auf sein Herz, das immer den richtigen Weg kennt", sagt Tiana Pongs. Sie hörte mit 35 Jahren auf - aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen. Am Ende ihrer Karriere wurde sie vor jeder Buchung krank. Heute arbeitet sie als Schauspielerin.

Zur Person:
Tiana Pongs, 1979 in Mönchengladbach geboren, begann 2001 eine erfolgreiche internationale Karriere als Model und war in zahlreichen Modemagazinen sowie Werbekampagnen zu sehen. Zurzeit pendelt die Botschafterin des Kinderhilfswerks World Vision zwischen Deutschland und den USA.