Nico Langmann (24) ist Tennisprofi - und querschnittgelähmt, aufgrund eines Autounfalls mit zwei Jahren. "Für mich war es ganz normal, im Rollstuhl aufzuwachsen", sagt der Paralympics-Teilnehmer und aktuell 22. der Weltrangliste. "Für die Umgebung war es allerdings ein oftmals ungewohntes Bild. Es gab zum Beispiel Menschen, die mir aus Mitleid einfach Geld gegeben haben. Als Kind hab ich mich gefreut, erst später wurde mir klar, dass das problematisch ist."
Wie kamen Sie zum Tennissport? Nico Langmann (schmunzelt): Durch den unguten Ehrgeiz eines kleinen Kindes, das nie verlieren wollte. Mein Bruder hat mit meinem Papa gespielt. Am Anfang habe ich nur zugeschaut und Bälle geholt, dann wollte ich selbst spielen. Als ich dann herausgefunden habe, dass es da auch Ranglisten und Turniere gibt, war ich sofort dabei - das hat mich immer schon fasziniert. Und das Spielen hat mir unheimlich viel Spaß gemacht, auch wenn ich am Anfang oft verloren habe. Ich habe dann immer mehr und mehr trainiert, mich verbessert.
Wann war Ihnen klar, dass Sie professionell Tennis spielen wollen? Als ich mit sieben im Jahr 2005 angefangen habe, gab es meines Wissens keinen Behindertensportler, der davon leben konnte. Das hat sich erst nach und nach entwickelt und ergeben. Am Anfang hatte ich entsprechend keine professionelle Ambition. 2015 wurde es dann ernster. Ich habe maturiert und die Qualifikation für Olympia in Rio 2016 geschafft. Dann hat das Bundesheer begonnen, erstmals auch Behindertensportler aufzunehmen, im Bereich Heeressport. Das war eine große Chance, und von da an ging es los. Es gab Sponsoren, Gehälter. Ich habe also mit 18, 19 Jahren gesehen: Das kann ich länger machen, da ist eine Karriere möglich.

Stichwort Karriere: Was sind Ihre Ziele? Es gibt vier Grand-Slam-Turniere, zeitgleich mit jenen der ATP-Tour, allerdings jeweils nur für die Top 8 der Weltrangliste. Das ist das Ziel, die große Bühne wäre natürlich eine ebenso große Ehre. Mein bestes Ranking war bislang 18, derzeit ist es 22. Wimbledon oder Roland Garros sind für jeden Tennisspieler ein Lebenstraum. Auch unser Spiel ist das Gleiche: Der einzige Unterschied ist, dass der Ball beim Rollstuhltennis zwei Mal aufkommen darf.
Mit wem trainieren Sie - es wird ja nicht einfach sein, in Ihrem Bereich Sparring-Partner auf Ihrem Niveau zu finden, nehme ich an? Ja, in der Tat. Ich habe eher gute Jugendspieler als Trainingspartner. Und da ist natürlich mein Coach, Dominics Papa Wolfgang Thiem, der mich seit 2019 trainiert. Dominic und ich haben uns beim Masters-Turnier in Rom kennengelernt, ein paar Jahre davor. Als ich dann angestanden bin, als Spieler, war ich eines Tages mit Wolfgang essen. Er hat mich spontan in die Südstadt eingeladen, zum Training, und gemeint: Morgen kommst du nochmal. So ging das seither immer weiter! Ich bin dort im Umfeld anderer normaler Spieler, werde gleich trainiert. Ich finde es schön und wichtig, dass hier so wenig Unterschied gemacht wird.
Als einer der ersten professionellen Behindertensportler in Österreich konnten Sie sich kaum an Vorbildern orientieren. Wie sind Sie damit umgegangen? Hier hat sich wirklich viel getan, der Behindertensport ist viel mehr in den Medien als noch vor einigen Jahren. Oder nehmen wir das Karriereforum Salzburg - ein Behindertensportler steht im Mittelpunkt! Das spricht sehr für die Entwicklung. Ich hatte hier keine direkten Vorbilder, musste auf vieles selbst draufkommen. Ich bin mit 24 am Anfang der Karriere, es gibt aber schon Leute, die mir deshalb sagen, ich sei ein Botschafter für Menschen mit Behinderung.
Was kann man aus dem Sport ganz allgemein für die Karriere mitnehmen? Ich habe dem Sport alles zu verdanken, mir ein eigenes Berufsfeld erschaffen. Jetzt gibt es auch ein paar weitere Behindertensportler in Österreich, die davon leben können. Ich bin in neues Terrain vorgedrungen. Die Fähigkeiten aus dem Sport sind dafür sehr wichtig: Mut, Durchsetzungsvermögen, harte Arbeit, Planung, Disziplin. Und auch der Wille, nicht immer vorgefertigte Wege zu gehen. Dadurch ist eine spezielle Story entstanden, die Mut macht, es anders zu machen. Mit dieser will ich auch noch mehr bewegen. Ich glaube fest daran: Wenn du dich für etwas begeisterst und einsetzt, wird sich das Rundherum ergeben. Ich weiß natürlich, das ist eine privilegierte Situation: Nicht bei jedem wird alles so aufgehen, man sollte auch nicht immer volles Risiko nehmen. Aber ich mache schon Mut, nicht immer die Autobahn zu nehmen, sondern auch die Nebenstraßen.
Was macht Sie aus Ihrer Sicht erfolgreich? Zwei Sachen: Erstens, beim Tennis habe ich den Gegnern oft eine Sache voraus: mehr harte Arbeit. Ich war nie der talentierteste Spieler. Vieles ist mir nicht leichtgefallen, dafür habe ich aber am Platz sehr viel mehr gearbeitet als andere. Wenn man etwas will, kann man mehr erreichen, als man denkt. Zweitens: Ich bin ein Tennis-Ein-Mann-Abenteuer. Du musst begeistert sein von dem, was du machst, um andere davon begeistern zu können. Konzentriere dich deshalb auf deine Fähigkeiten und Leidenschaften. Diese Begeisterungsfähigkeit ist ganz wichtig, um Dinge voranzubringen. Und sie entsteht nur, wenn die Begeisterung wirklich authentisch ist. Menschen merken das. Nur dann öffnet sich die eine oder andere Tür.
Nico Langmann ist Speaker bei den Schlag.Zeilen auf der Hauptbühne des Karriereforums.