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Ein schlechtes Zeugnis für die Integration ukrainischer Kinder

Ist das österreichische Bildungssystem überfordert? Die heimischen Lehrkräfte fühlen sich bei der Integration ukrainischer Kinder zu wenig unterstützt.

Es fehlt an Personal, um ukrainische Kinder zielgerichtet zu integrieren.
Es fehlt an Personal, um ukrainische Kinder zielgerichtet zu integrieren.

Seit ungefähr einem Jahr werden Kinder, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind, ins österreichische Schulsystem integriert - so lautet zumindest das Ziel. Aktuell handelt es sich dabei um etwa 13.000 Schülerinnen und Schüler.

Um der Thematik auf den Zahn zu fühlen, hat der auf Lehre und Pädagogik spezialisierte Österreichische Bundesverlag (ÖBV) eine Umfrage unter Lehrpersonal durchgeführt. Über 300 österreichische Lehrkräfte aus allen Bundesländern und Schulformen wurden dazu interviewt - sie sollten ihre Erfahrungen bei der Integration ukrainischer Kinder mitteilen.

Rahmenbedingungen für Integration

Im Großen und Ganzen wurde dem heimischen Bildungssystem diesbezüglich ein eher schlechtes Zeugnis ausgestellt: Nur etwa die Hälfte der Befragten schätzt die Rahmenbedingungen für die Integration geflohener Kinder an der eigenen Schule als sinnvoll oder eher sinnvoll ein. "73 Prozent der Lehrkräfte fühlen sich bei der Integration ukrainischer Kinder nicht genügend unterstützt", erläutert ÖBV-Geschäftsführer Maximilian Schulyok. Ebenso viele sind der Meinung, das österreichische Bildungssystem habe die Herausforderung der Integration geflüchteter Kinder bis dato nicht gut gemeistert.

Die Gründe für die schlechten Noten sind vielfältig

Allen voran fehle es an Personal, gefolgt von Unterrichtsmaterialien (60 Prozent) sowie Sprachförderkursen. Knapp die Hälfte sagt, dass es zudem jeweils an psychologischer Unterstützung und finanziellen Ressourcen mangele. Und ein Drittel der befragten Lehrkräfte meint außerdem, es gebe zu wenige entsprechende Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer. Eine Hilfestellung zum Thema Spracherwerb bei ukrainischen Kindern wurde rund 40 Prozent der Befragten angeboten, knapp ein Drittel erhielt Unterstützungsangebote zur Integration von nicht-deutschsprachigen Kindern und 16 Prozent bekamen Hilfsangebote bei der Eingliederung von Kindern aus Kriegsgebieten und im Umgang mit Traumata. Als zur Verfügung stehende Unterstützung wurden zusätzliche deutsch- oder ukrainischsprachige Lehrkräfte genannt, gefolgt von Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien.

Bildungssystem nicht für die Integration so vieler Menschen ausgerichtet

Daniel Landau, Bildungskoordinator der Bundesregierung, sieht die aktuelle Lage in Sachen Bildungssystem wie folgt: "Dieses System ist nicht darauf ausgerichtet, so vielen Menschen auf einmal zu helfen: Wir müssen ihnen nicht nur bei der Sprache helfen, sondern sie auch in das Schulsystem, in ihren entsprechenden Jahrgang integrieren und noch dazu darauf achten, dass sie nicht allzu viel Zeit verlieren." Seiner Meinung nach stößt das Bildungssystem bei dieser Herausforderung an seine Grenzen.

Die geflüchteten Kinder selbst würden auch zu sehr belastet - viele nehmen parallel zum Unterricht in Österreich auch noch am ukrainischen Onlineunterricht teil. Das führe zu Überlastung und erschwere die Eingliederung in die österreichische Schule. Landau meint jedoch, dass das Sommersemester hier mehr Klarheit bringen werde.

Was war der Ansporn für diese Rundumschau unter Lehrpersonal?

"Durch die Umfrage wollten wir herausfinden, in welcher Situation Lehrkräfte sind. Darüber hinaus wollen wir einen breiteren gesellschaftlichen Diskurs anstoßen, was passieren muss, damit junge Menschen, die es ohnehin schon schwer haben, möglichst gut integriert werden können", fasst Schulyok die Beweggründe zusammen.