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Didi Maier: "Ich will es anders machen"

Eine gebrochene Nase und ein dritter Platz haben Didi Maier vieles gelehrt. Uns verrät der Starkoch, was die Gastro braucht, um wieder attraktiver zu sein.

Didi Maier erklärt, worauf es heute in der Gastro ankommt – und in der ganzen Arbeitswelt.
Didi Maier erklärt, worauf es heute in der Gastro ankommt – und in der ganzen Arbeitswelt.

Schlechte Bezahlung, viele Überstunden, wenig familienfreundliche Arbeitszeiten - die Personalnot in der Gastronomie hat viele Gründe. In den Betrieben von Starkoch Didi Maier sind Krankenstände und Fluktuation jedoch weit unter dem branchenüblichen Schnitt. Im SN-Interview verrät er sein "Geheimrezept".

Als Sohn von Johanna Maier ist Ihnen das Kochen praktisch in die Wiege gelegt. Wie war es, bei der Mama in die Lehre zu gehen? Didi Maier: Für mich war das doppelt anstrengend, weil meine Kollegen natürlich dachten, dass ich es als "Bua von der Chefin" leichter haben würde. Ich musste mich also viel mehr beweisen und zeigen, was ich kann. Ich war von Beginn an mitten in der gehobenen Küche, erkochte schon früh viele Preise - auf der anderen Seite habe ich einfache Dinge wie eine Grießnockerlsuppe nicht richtig zusammengebracht (lacht).

Aber, wie meine Mama immer sagt: "Wer glaubt, etwas zu sein, hört auf, etwas zu werden." Darum ist mir Selbstreflexion wichtig. Ohne die geht es nicht, man wächst sonst nicht und kommt nicht weiter.

Gab es da Erlebnisse, die Sie besonders geprägt haben? Als ich 19 war, habe ich in Frankreich in einem Drei-Sterne-Restaurant gearbeitet. Der Souschef hat mich im Kühlhaus beim Naschen erwischt und mir die Nase gebrochen. Er sagte: "In Frankreich brauchst du nie wieder anrufen, um zu arbeiten." Ich habe mich davon nicht entmutigen lassen und trotzdem weitergemacht. Der Ton in der Sterneküche ist bekanntlich ein rauer. Das verändert sich zum Glück gerade, der Generationenwechsel ist in vollem Gange.

Sie führen in Salzburg einige Lokale, das Didilicious und die Bakery im Europark sowie das Wernbacher im Andräviertel. Würden Sie sich zu dieser neuen Generation Chef zählen? Was machen Sie anders? Ich versuche, einiges anders zu machen. Dazu lasse ich mich auch coachen, will blinde Flecken aufspüren und mich so als Chef immer weiter verbessern. Zum Beispiel nehme ich mir die Zeit, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Leute gern bei mir arbeiten. Trinkgeld wird unter allen im Team aufgeteilt, das gehört nicht nur dem Service. Beim Einstellungsgespräch frage ich immer zuerst, wann der Bewerber oder die Bewerberin gerne Urlaub hätte. Ich berücksichtige das sofort in der Dienstplanung. So hat der Mitarbeitende von Beginn an etwas, worauf er sich verlassen und freuen kann. Eine angemessene Bezahlung, kostenloses Essen und Urlaub - das sollte überall selbstverständlich sein. Ganz ehrlich, das wird nicht der Gamechanger sein, mit dem die Gastronomie wieder attraktiver wird für Arbeitnehmer.

„Es ist wichtig, Menschen Raum zum Mitgestalten zu geben.“
Didi Maier, Koch und Gastronom

Was wäre denn so ein Gamechanger in der Gastronomie? Was sollte sich ändern, damit junge Leute wieder gerne Koch oder Kellner werden? Ich denke, Führungskräfte müssten wieder mehr zuhören. Das klingt so banal, aber ich bin überzeugt, dass Mitarbeitende spüren, ob ich mich als Chef tatsächlich für sie interessiere oder nicht. Einer meiner Mitarbeiter hatte einen Autounfall. Weil die Versicherung aber erst zwei Monate später zahlte, habe ich ihm kurzerhand meinen Mercedes gegeben und bin selbst in der Zeit mit irgendeiner alten Rostschüssel herumgefahren (lacht). Oder Marcel, ein sehr geschätzter Mitarbeiter, wollte nach sechs Jahren bei mir kündigen. Natürlich hätte ich ihn gehen lassen können, doch ich wollte verstehen, wonach er suchte. Im Gespräch stellte sich heraus, dass er sich für Cocktails interessiert und sich dahin entwickeln wollte. Also habe ich ihm kurzerhand vorgeschlagen, dass er von nun an bei mir Cocktails kreieren und sie gemeinsam mit einem passenden Gericht als Highlight des Monats auf einer eigenen Karte anbieten kann.

Und ist Marcel geblieben? Ja, er ist geblieben und mit seiner neuen Aufgabe gewachsen. Ich denke, es ist wichtig, die Stärken und Interessen der Menschen zu erkennen und ihnen dann den Raum zu geben, um mitgestalten zu können.

Die Fluktuation und auch die Zahl der Krankenstände sind bei Ihnen im Branchenvergleich recht gering. Kämpfen Sie trotzdem auch mit Personalnot? Natürlich bleiben wir nicht verschont, auch bei uns gibt es immer wieder zu wenig Leute. Wenn noch dazu jemand erkrankt, wird es wirklich eng. Ich muss dann aber keine großen Umsatzziele erzwingen. Wenn viele meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter krank sind, stelle ich auf ein paar mehr Tischen ein Reserviert-Schild auf. So nehme ich auch bei meinem Team den Druck raus.

Was würden Sie jungen Menschen raten, die jetzt in die Ausbildung gehen? Ich würde ihnen raten, dass sie sich Zeit lassen sollen für den Übergang von der Schule in den Beruf. Ich finde auch, dass es wichtig ist, verschiedene Berufe auszuprobieren, um herauszufinden, was das Richtige für einen ist. Ich war selbst in der Konditorei und in einer Tischlerei, bevor ich mich entschieden habe. Und man sollte für seine Sache brennen. Das habe ich in der dritten Klasse Berufsschule nach einem Kochwettbewerb lernen dürfen. Ich bin da recht unvorbereitet und vielleicht auch zu selbstsicher hineingegangen. Ich dachte, ich schaffe das locker, ich hatte ja schon so viele Bewerbe gewonnen. Am Ende hat es nur für Bronze gereicht. Die Urkunde habe ich wütend zerrissen und die Medaille irgendwo in meinem Zimmer versteckt. Jahre später habe ich die Medaille im Büro meines Vaters entdeckt, er hat sie gefunden und aufgehängt. Immer wenn ich sie sehe, erinnert sie mich daran, dass Dinge nichts werden, wenn ich sie nur halbherzig angehe. Das hat mir dieser dritte Platz gezeigt. Ich kann nur etwas erreichen, wenn ich wirklich mit vollem Einsatz dabei bin. Zum Glück durfte ich diese Erfahrung machen - mit einer Goldmedaille hätte ich nichts gelernt.