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Sporteln im Job und im Alter

Bewegung spornt zum Arbeiten an - und beugt Kreuzweh und Muskelschwund vor. Warum schon etliche Betriebe ihre Mitarbeiter zu Bewegung animieren und wie man sich selbst motiviert.

Laufen oder Nordic Walking geht oft in der Gruppe am besten.
Laufen oder Nordic Walking geht oft in der Gruppe am besten.

Trägheit ist ein physikalisches Prinzip. Es besagt: Körper haben das Bestreben, in ihrem Bewegungszustand zu verharren. Auch der Mensch will grundsätzlich seinen Zustand behalten und bewegt sich lieber weniger als mehr. Mehr Bewegung täte uns gerade jetzt gut, sowohl für das Privat- wie auch für das Arbeitsleben. Denn: "Die Coronapandemie hat bei vielen Menschen die Leistungsfähigkeit reduziert. Es wäre wichtig, wenn sie wieder in geregelten Sport kommen", beschreibt Franz Sedlmeyer vom Arbeitsmedizinischen Dienst Salzburg (AMD) die Lage.

Positive Folgen von Betriebssport: Mehr Produktivität, weniger Krankenstand

Der Leiter der Arbeitsmedizin beim AMD Salzburg skizziert die positiven Folgen von Bewegung vor allem in zwei Aspekten: Was Betriebe angeht, machen Bewegung und gesunde Ernährung die Belegschaft produktiver und zugleich entspannter. Die Krankenstandstage können weniger werden, weil die Mitarbeiter gesünder bleiben. Den Zusammenhang sähen schon seit Jahren jene Betriebe, die bewusst Sportangebote schaffen, wie die Rückmeldungen aktiv gewordener Betriebe zeigten. Mehr und mehr Betriebe lernen diesen Zusammenhang schön langsam, in etlichen hat die Pandemie zu einem Umdenken hin zu mehr Mitarbeitergesundheit geführt.

Bild: SN/amd
Die Pandemie hat bei vielen die Leistungsfähigkeit reduziert.
Franz Sedlmeyer, Leiter Arbeitsmedizin, AMD Salzburg

Findige Geschäftsleitungen ermöglichen ihren Mitarbeitenden inzwischen in der Mittagspause Sport wie etwa die Tanzaerobic Zumba, um die Gehirnzellen und den Bewegungsapparat in Schwung zu bringen. Andere richten Kraftkammern ein, in denen sonst vor dem PC sitzende "Kopfarbeiter" rudern, laufen und Zirkeltrainings machen. Manche schießen übers Ziel hinaus, etwa wenn beim Firmenklettern über jemanden mit Höhenangst einfach drübergefahren wird. Firmen müssten schon mit Augenmaß und Hausverstand vorgehen, betont Franz Sedlmeyer. Die meisten, die Betriebssport einführen, tun das ohnehin. Sie bieten jüngeren Mitarbeitenden Laufgruppen an und älteren, die vielleicht wegen Knieproblemen nicht laufen können, gemeinsames Nordic Walking. Gemeinsam zu trainieren schafft Vorteile: "Man spornt sich gegenseitig an, regelmäßig zu kommen. Die Sozialkompetenz steigt und ebenso der Austausch untereinander. Das alles hebt auch die Motivation für die Arbeit", so Sedlmeyer.

Maßnahmenpakete und Belohnungen seien sinnvoll. Der Arbeitsmediziner beschreibt als Beispiel an seinem Arbeitsplatz im AMD: "Am ,gesunden' Dienstag wird der Aufzug nicht benutzt. Von meinem Auto im dritten Untergeschoß gehe ich sieben Stockwerke ins Büro herauf. Und danach gibt es als Belohnung eine Gratis-Obstschale."

Relativ einfach ist es für Betriebe, sich an Großveranstaltungen wie den Businesslauf anzuhängen. Wenn da eine Kollegin oder ein Kollege hört "Wir brauchen für unsere Staffel noch jemand Vierten", klappt es ganz oft, die menschliche Trägheit zu überwinden. Aufwendiger sind bauliche Adaptionen. Wenn Firmen die Belegschaft dafür begeistern wollen, mit dem Fahrrad in die Arbeit zu kommen, sind Umkleiden mit Duschen und ein Raum zum Aufhängen nasser Kleidung nötig. "So etwas muss von der Geschäftsführung gelebt werden, dann funktioniert es auch", betont Franz Sedlmeyer. Unterstützend wirkt die Gesundheitskasse, die kürzlich 45 Betrieben in Salzburg das Gütesiegel für betriebliche Gesundheitsförderung verliehen hat. Eine Alternative zu eigenen Sportangeboten und für Firmen ohne Duschmöglichkeit sind externe Sportkurse, die direkt in der Sportstätte stattfinden.

"Kein Sport ist auch keine Lösung"

Wer (auch) privat mehr Sport treiben will, kann sich mit einigen Tricks selber in die Gänge bringen. In ihrem Buch "Kein Sport ist auch keine Lösung" (Patmos-Verlag, 2021) liefert die deutsche Autorin Kerstin Friedrich ein beherztes Motivationsprogramm für "Bewegungsmuffel", wie sie selbst bis zu ihrem 60. Geburtstag einer gewesen ist. Wir werden zwar älter, aber sehr viele von uns blieben einfach länger krank am Leben, betont Friedrich. Mit Sport lässt sich vorbeugen und gegensteuern. Wer gesund bleiben wolle, könne auch jenseits der 60 noch mit Sport beginnen. Sinnvoll sei er freilich schon ab 30. "Da beginnt der körperliche Verfall und die Muskelmasse schwindet pro Jahr um etwa ein Prozent", betont die Autorin. Gegen Muskelschwund helfe Muskelaufbau, etwa mit Kraftsport im Fitnessstudio. Gepaart mit Ausdauertraining wie Laufen oder Radfahren sehen viele Medizinerinnen und Mediziner die optimale Mischung. Dazu kommen im besten Fall Glücksgefühle beim oder nach dem Sport.

Die beste Grundmotivation (neben Trainingskolleginnen und -kollegen) ist die innere Einstellung. "Fragen Sie sich, was Sie im Alter noch können möchten", rät Kerstin Friedrich in ihrem Buch. Hat man seine Wünsche herausgefunden, gilt es einen Plan zu entwickeln, welche (nicht zu großen) konkreten Ziele man sich steckt. Praktisch ist die SMART-Formel, Ziele sollen demnach fünferlei sein: Sinnvoll (S), also lohnenswert, messbar (M), attraktiv (A), realistisch (R), terminiert (T). Ziele müssen zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft erledigt sein - um nicht der Aufschieberitis zu erliegen.

Für das Laufen empfiehlt Friedrich: bewusst neue Laufstrecken entdecken. Schuhe, Hose und Laufshirt kaufen. Eine App für die Fortschrittsmessung verwenden und Wochenziele definieren. Audiobooks und Podcasts gegen die Langeweile hören. Durchhalten fällt generell jenen leichter, die sich für Etappenerfolge Belohnungen gönnen, im Job genauso wie in der Freizeit.

Buchtipp: Kerstin Friedrich: "Kein Sport ist auch keine Lösung", 2021, Patmos-Verlag.