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Wie steht es um die Frauen in Führungspositionen?

In Topunternehmen ist der Anteil von Geschäftsführerinnen von vier auf acht Prozent gestiegen. Was muss passieren um diesen Prozentsatz weiter anzuheben?

Frauen besetzen langsam, aber doch mehr Führungspositionen.
Frauen besetzen langsam, aber doch mehr Führungspositionen.

Bei der Gleichberechtigung der Geschlechter liegt Österreich noch immer unter dem EU-Durchschnitt. Wo Frauen zunehmend stärker in der Chefetage vertreten sind, wo Quoten sinnvoll sind und was Role Models bewirken, schildert WU-Professorin Regine Bendl.

Wie steht es um die Lage von Frauen in Führungspositionen? Regine Bendl: Für die Jahre 2005 bis 2019 liegt Österreich beim Gender Equality Index, welcher den allgemeinen Fortschritt in Bezug auf Gleichberechtigung der Geschlechter misst, gemäß den Zahlen des European Institute for Gender Equality (EIGE) im Vergleich mit den anderen EU-28-Staaten konstant im Mittelfeld (Platz 13). Österreich liegt immer noch mit wenigen Prozentpunkten unter dem Durchschnitt der bisherigen EU-28-Länder. Das macht deutlich, dass hier noch Luft nach oben ist.

Welchen Anteil machen Frauen in Geschäftsführungen aus? Bisher nur einen relativ kleinen, wie der "Frauen.Management.Report 2019" der Arbeiterkammer für die 200 umsatzstärksten österreichischen Unternehmen in Bezug auf den Anteil an Frauen in Führungspositionen zeigt. Auf der Ebene der Geschäftsführung hat sich der Anteil an Frauen von 2009 bis 2019 fast verdoppelt. Der absolute Wert liegt nach wie vor eklatant niedrig. Nur 8,2 Prozent, also nur 51 von insgesamt 624 Positionen der Geschäftsführung werden in den untersuchten Unternehmen von Frauen besetzt. 91,8 Prozent, das sind 573 Positionen, der Geschäftsführung von Männern. Nur jede zwölfte Position der Geschäftsführung ist also mit einer Frau besetzt.

Sind Frauenquoten sinnvoll? Auf der Ebene der Aufsichtsräte zeitigt die seit 1. Jänner 2018 verbindliche Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent für börsenotierte Unternehmen (Mindestgröße sechs Kapitalvertreter und mindestens 20 Prozent Frauen in der Belegschaft) und Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten bereits positive Ergebnisse. Von 2018 auf 2019 gab es einen Anstieg von fast drei Prozentpunkten auf 21,4 Prozent von 1764 Mandatarinnen und Mandataren. Auch für 2020 kann ein weiterer Anstieg aufgrund der verbindlichen Geschlechterquote erwartet werden, war mit Stichtag 1. 1. 2019 in 51 von 200 der von der Arbeiterkammer untersuchten Unternehmen ja noch keine Aufsichtsrätin im Gremium. In börsenotierten Unternehmen mit Quotenregelung war der Anstieg der Aufsichtsrätinnen größer als in börsenotierten Unternehmen ohne verpflichtende Quote. Doch auch wenn die Quote Erfolge zeigt, eine Gender Balance von Frauen in Führungspositionen ist noch lang nicht erreicht.

In welchen Bereichen oder Branchen gelangten zuletzt immer mehr Frauen in die Chefetagen? Was den Anteil an Geschäftsführerinnen betrifft, so liegt im Jahre 2019 die Dienstleistungsbranche (16,8 Prozent) vor dem Handel (9,9 Prozent), der Finanz (9,3 Prozent) und der Industrie (3,7 Prozent). Auch bei den Aufsichtsrätinnen führt 2019 der Dienstleistungssektor (28,7 Prozent) vor der Finanz (26,2 Prozent), der Industrie (16,9 Prozent) und dem Handel (13,1 Prozent).

Wie wichtig ist es, dass mehr Frauen in die Politik gehen? Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der steigende Anteil an Ministerinnen in den letzten Jahren und im Besonderen die Einsetzung von Bundeskanzlerin Bierlein auch noch einmal mehr Signalwirkung in Richtung Gender Equality in Organisationen hat und bereits festgelegten Geschlechterquoten in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zum Durchbruch verhelfen kann.

Welche Maßnahmen sind notwendig, damit mehr Frauen Führungspositionen besetzen? Daten aus Deutschland zeigen, dass Vorstandsmitglieder immer wieder aus demselben Netzwerk rekrutiert werden. Mit dieser eingeschränkten Individuums- und Eigenschaftszentrierung bei der Auswahl werden - wie die Daten zeigen - Frauen ausgeschlossen. "Gesucht werden sollte demnach nicht nach Personen mit erfolgversprechenden Eigenschaften, sondern nach konkreten Aufgabenfeldern und Handlungskompetenzen", das hält auch der "Frauen.Management.Report 2019" der Arbeiterkammer fest. Hilfreich zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen wären meines Erachtens z. B. eine strukturiertere Suche nach Kandidatinnen und ausführliche Begründungen, warum keine geeigneten Kandidatinnen in den Auswahlprozess einbezogen werden. Ebenso sollte darauf geachtet werden, dass sich die Qualifikationsanforderungen während des Auswahlprozesses nicht zugunsten von Kandidaten und zuungunsten von Kandidatinnen verändern. Mit Fokus auf die zu erfüllenden Aufgabenfelder und notwendige Handlungskompetenzen anstatt auf Eigenschaften erweitert sich der Kreis an Kandidatinnen von selbst.

Regine Bendl ist Professorin für Gender und Diversity in Organisationen und Leiterin des gleichnamigen Instituts an der WU.

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