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Wer gründet, braucht Ideen

Rekord im Bundesland Salzburg: Noch nie wurde so viel gegründet wie im Vorjahr. Einblicke in Motive, Ideen und in die Fallen, in die niemand tappen sollte.

Mit dem Gründen kann es schnell gehen. Die größte Hürde ist, die Zahlen im Griff zu haben.
Mit dem Gründen kann es schnell gehen. Die größte Hürde ist, die Zahlen im Griff zu haben.

"Damit haben wir nicht gerechnet", sagt Peter Kober. Er leitet das Gründerservice der Wirtschaftskammer Salzburg - und ist erstaunt vom vergangenen Jahr, das immer noch stark durch die Pandemie gekennzeichnet war. Trotz Lockdowns und Beschränkungen ließen sich gut 2400 Frauen und Männer (ein Zuwachs von zehn Prozent gegenüber dem Jahr davor) nicht davon abhalten, ihr eigenes Unternehmen zu starten. "Während im ersten Lockdown noch niemand wusste, was auf uns alle zukommt, und das Gründerthema beinahe auf null war, hat es schnell extrem angezogen und danach sind die Zahlen auch nicht mehr zurückgegangen."

Woher weht der Gründergeist in Salzburg?

Kober kann über die Motive des erstarkten Gründergeistes nur mutmaßen: "Sehr viele Menschen waren in der Kurzarbeit, viel zu Hause, sie haben sich ihren Hobbys und Eignungen gewidmet und offensichtlich gemerkt, dass sie diese auch verkaufen könnten." Also gab es etliche nebenberufliche Gründungen. Aktuell sind die Zahlen wieder wie vor der Pandemie und es gründen Leute - wie zuvor auch - überwiegend hauptberuflich.

Weil längst nicht alle Unternehmen die rasanten Veränderungen der vergangenen beiden Jahre überstanden haben, spricht Kober davon, dass es viel Platz gebe. Einerseits für Mietflächen, die frei geworden sind, andererseits am Markt generell. "Das Erlebte vergleiche ich mit einem Waldbrand. Vieles lag in Asche, doch die ist Nährboden für Neues. Neu starten und durchstarten sind definitiv möglich."

Wer sind die mutigen Gründer?

Doch wer sind die Mutigen, die im Bundesland Salzburg ihr eigenes Unternehmen (78 Prozent der Gründungen betreffen Einzelunternehmen) oder eine Gesellschaft gründen? Mit 52 Prozent sind es etwas mehr Frauen als Männer. Gut ein Viertel aller Gründer ist zwischen 20 und 30 Jahre alt, 30 Prozent zwischen 30 und 40 und 20 Prozent sind zwischen 40 und 50 Jahre alt. Das ergebe ein Durchschnittsalter von rund 36 Jahren, sagt der Leiter des Gründerservice. "Damit können sie auf ein gutes Maß an beruflichen Erfahrungen zurückgreifen, die sie bereits gesammelt haben." Warum sie diesen Schritt gehen? Die meisten geben an, dass sie ihr eigener Chef sein wollen. Auch die Work-Life-Balance sehen etliche besser gewahrt, wenn sie auf eigene Verantwortung unterwegs sind. 40 Prozent schätzen ein zweites Standbein neben ihrem Job und gründen nebenberuflich. Vorerst. Und bei Frauen zähle die Flexibilität, gerade wenn Familie und Kinder im Spiel seien.

Eine bekannte Weisheit - "Wer selbstständig ist, arbeitet selbst und ständig" - kann Peter Kober aufgrund seiner Erfahrungen jedenfalls bestätigen. Gerade ein Einpersonenunternehmen müsse gewissermaßen eine "eierlegende Wollmilchsau sein", gibt er zu bedenken. Es gelte Kunden zu suchen, sich zu verkaufen, Marketing zu machen oder die Buchhaltung. "Selbst wenn man einiges auslagern kann, sollten Gründerinnen und Gründer mit der linken und der rechten Gehirnhälfte gut denken können, damit sie das Kreative und das Logische stets im Blick haben." Wer auf der Suche nach neuen Aufträgen ist, dem rät Kober ganz stark zum Netzwerken. 90 Prozent des Geschäfts kämen durch persönliche Kontakte zustande. Die Unterstützung der Familie, massives Know-how und Risikobereitschaft seien ebenfalls unerlässlich.

Das Gründen kann schnell gehen - aber ein bisschen Zeit sollte man sich nehmen

Wenn jemand bereit ist, genau so ein Risiko auf sich zu nehmen, könne es mit dem Gründen schnell gehen, berichtet der Experte. "Heute eine Idee zu haben und nächste Woche anzufangen ist vielleicht etwas zu kurzfristig, ein bisschen Zeit braucht man. Doch heute klappt schon so viel online. Ich denke an die digitale Handysignatur, FinanzOnline oder die Sozialversicherung. Man muss sich gut informieren und dann kann es flott gehen. Wobei gilt: Je größer man denkt, desto mehr Vorlaufzeit ist notwendig."

propos Digitalisierung: Diese Sparte boome im Bundesland, berichtet Kober. Sie habe einen "Megaschub" erhalten, egal ob in Form von Onlineshops oder Wissen durch Dienstleister. "Dass Handwerk goldenen Boden hat, ist eine immerwährende Wahrheit. Viele Salzburgerinnen und Salzburger haben ihr Geld in letzter Zeit statt in den Restaurantbesuch ins Eigenheim gesteckt und Aufträge vergeben." Eine weitere Folge der Pandemie dürfte sein, dass manche Neuunternehmer entdeckt haben, welchen Wert die Natur für Körper und Seele hat, und sich in dieser Branche neu aufgestellt haben.

Wo sich Peter Kober derzeit mehr Innovationsgeist wünscht?

"Im Grunde muss man sich da nur die Trends anschauen. Energie ist ein Thema der Zukunft, auch die angesprochene Work-Life-Balance. Ich merke, dass Menschen auch wegen des Kriegs in der Ukraine umdenken und spüren, dass sie mit weniger Arbeitsstunden auskommen. Die Bewegung geht raus aus alten Systemen, die an ständigem Wachstum hängen. Es geht mehr ins Gemeinwohl hinein, mehr ins Nachhaltige."

Weil Peter Kober eine Serviceeinrichtung leitet, haben auch sein Team und er frische Elemente im Angebot. Der Buchhalter-Sprechtag, bei dem Experten Neueinsteigern kostenlos und ehrenamtlich Tipps geben, sei ausgebucht. Ein Instrument, das Kober gar nicht genug empfehlen kann, ist das Quick Budget. "Da geht es um die Mindestumsatzrechnung, ohne die niemand starten sollte. Das Finanzielle ist ein so zentrales Thema. Ohne Planrechnung und einen richtig guten Businessplan braucht man heute wohl auch zu keiner Bank mehr gehen, um über einen Kredit zu sprechen." Plus: Zum ersten "Geburtstag" eines Unternehmens lädt die Wirtschaftskammer Salzburg mit ihrem Gründerservice zu einem Soll-Ist-Vergleich mit externen Beratern ein. "Diese schauen sich Zahlen sowie Fakten an und sind dann eineinhalb Stunden dafür da, um über diese zu reden." Denn die Erfahrung zeigt Kober auch, dass die größte Hürde beim Selbstständigmachen immer noch sei, die Zahlen im Griff zu haben.