Im besten Fall sind es nur unklare Zukunftsaussichten. Doch in vielen Fällen geht es um Kurzarbeit, Kündigungen oder gar eine Firmenauflösung. In der Zweiten Republik gab es wohl noch nie eine Phase, die wirtschaftlich ähnlich herausfordernd war wie die Coronakrise. Umso mehr sind die Fertigkeiten von Führungskräften gefragt, im Speziellen die Krisenkommunikation.
Vier wesentliche Punkte stünden über allem, schildert Brigitte Reiter, Lehrgangsleiterin des Departments für Wissens- und Kommunikationsmanagement an der Donau-Universität Krems (DUK). Es gehe um Glaubwürdigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Zuverlässigkeit und das Übernehmen von Verantwortung. Das alles müsse gegeben sein. Und: "Idealerweise müsste ich mir all das schon vor der Krise erworben haben."
Aber was ist nun mit solchen Chefs, die sich diese Grundlage vorab nicht erarbeitet hatten? Man könne bewusst Berater dazuholen, sagt Reiter. "Das sollten krisenerprobte Leute sein, interne wie externe." Die Politik mache das ja auch so - und wende sich an Experten. Wichtig sei nur, dass die Führungskräfte "bereit sind, auf die zu hören, die mehr Erfahrung haben". Gemeinsam müsse dann die Krisenkommunikation als Prozess aufgesetzt werden. Und zwar mit klaren Vorgaben, wann welcher Schritt für jeden Stakeholder, also Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden, zu setzen ist.
Tipps für die Krisenkommunikation
Doch auch für den Kern der Krisenkommunikation hat Reiter Tipps. Führungskräfte sollten sich bemühen, die Betroffenen - etwa die Mitarbeiter - in den Prozess einzubeziehen und dabei deren Sorgen zu verstehen. "Wenn ich viele junge Eltern habe, die nun Kindererziehung und Telearbeit koppeln müssen, muss ich Verständnis zeigen und entsprechende Entscheidungen setzen." Zudem sei Transparenz eines der obersten Gebote. Man dürfe nichts verschweigen, auch kein potenzielles Risiko, und stets begründen, was das Unternehmen gerade mit welchem Ziel mache.
Ähnlicher Ansicht ist Bernhard Sams. Sams leitet den Bereich Programmentwicklung und Qualitätssicherung an der Salzburg Business School (SMBS), parallel unterrichtet er im Bereich Leadership. Das größte Problem sei oft die Unsicherheit. Und diese müsse man etwa den Mitarbeitern nehmen. Durch hundertprozentige Transparenz - selbst wenn man nicht alles absehen könne. "Ich muss die Basis meiner Entscheidung darlegen. Und wenn ich nicht alle Informationen habe, muss ich das erklären." Dies müsse fortlaufend passieren und mit konkreten Fristen - sodass ein jeder wisse, woran er ist, ergänzt DUK-Expertin Reiter. Dinge bewusst offen zu lassen schaffe nur eine Bedrohungssituation. Ebenso schlecht sei es, wenn Fehlinformationen nach außen getragen würden. "Wenn man Dinge zurücknehmen muss, verliert man Glaubwürdigkeit."
Chefs müssen das Geforderte auch selbst leben
Um zusätzliches Vertrauen zu gewinnen, könne eigentlich nur das gelebte Beispiel helfen, sagt indessen Bernhard Sams. Man müsse in Krisenzeiten bereit sein, jene Opfer selbst zu bringen, die man von anderen verlange. So sei es alternativlos, als Chef finanzielle Abstriche zu machen, wenn die Mitarbeiter in Kurzarbeit müssen. "Es ist egal, ob ich zehn Prozent meines Gehalts für einen Fonds spende oder 20 Futterkörbe bezahle." Auch die Höhe des Verzichts sei relativ egal. Es gehe um eine "wahrnehmbare soziale Handlung".
Und Sams hat noch einen Tipp: Vor allem in schwierigen Phasen müsse es für Beteiligte, die Herausragendes leisten, Anerkennung geben. Wie diese Anerkennung auszuschauen habe, sei individuell verschieden. In Jahresgesprächen könne man herausfinden, was den jeweiligen Mitarbeiter umtreibe. "Der eine braucht Lob, der andere soziale Anerkennung, wieder ein anderer schaut auf die Karriere. Das muss ich wissen - und individuell darauf eingehen." Das Finanzielle sei dabei übrigens nur selten ausschlaggebend: Verdiene ein Mitarbeiter spürbar zu wenig, sei das katastrophal. Aber ab einer gewissen Lohnstufe freue man sich zwar über Gehaltserhöhungen, doch die Freude währe meist nur kurz.
Und was passiert nach der Krise?
Neben der akuten Krisenzeit gebe es freilich noch eine Phase danach, mahnt Brigitte Reiter. In dieser müsse man aus Fehlern lernen - und Maßnahmen setzen, damit man auf die nächste Krise besser vorbereitet ist. Dabei könnten auch entsprechende Fortbildungen für Führungskräfte helfen. An der Donau-Universität gebe es mit den Departments Wissens- und Kommunikationsmanagement sowie Wirtschafts- und Managementwissenschaften gleich zwei Anlaufstellen, schildert Reiter. An ihrem Department werde etwa das MBA-Studium Communication and Leadership geboten. Zudem sei im Masterlehrgang Strategische Kommunikation und PR das Modul Krisenkommunikation und Krisenmanagement integriert, das auch einzeln gebucht werden könne: Aus dem Studium ausgekoppelt könne man sich in fünf Tagen geblockt schulen lassen.
Auch die SMBS biete mit Projekt- und Prozessmanagement einen Studiengang, in dem Krisenmanagement ein besonders wichtiger Bestandteil sei, ergänzt Bernhard Sams. Und er schildert, wie mit den Chefs in solchen und vergleichbaren Studiengängen - im Grunde werden in jedem MBA Führungskompetenzen vermittelt - umgegangen werde. Man müsse zuerst ergründen, was einen zum Boss mache. "Die traurigste Antwort ist: Weil mir die Position die Macht gibt", sagt Sams. "Denn wenn ich nur das habe, ist das das Gegenteil von Leadership."