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Entscheidungsfindung in turbulenten Zeiten

Welcher Weg ist der beste? "Es gibt keine richtigen oder falschen Entscheidungen", sagt eine Businessexpertin und langjährige CEO.

Überlegtes Vorgehen bringt Klarheit in den Entscheidungsprozess.
Überlegtes Vorgehen bringt Klarheit in den Entscheidungsprozess.

Gerade in turbulenten Zeiten müssen viele Entscheidungen getroffen werden. Führungskräfte stehen vor Fragen wie: "Ist unsere Ausrichtung noch die richtige?", "Brauchen wir mehr Personal für kritische Bereiche?" oder "Wo können wir am ehesten einsparen, um durch diese schwierige Zeit zu kommen?"

Keine vorschnellen Entscheidungen

Die vergangenen eineinviertel Jahre haben in vielen Branchen gezeigt: Sind die Umstände auf einmal komplex und die damit einhergehenden Folgen fast nicht mehr zu überblicken, werden so manche Entscheidungen vorschnell getroffen. Andere werden auf die lange Bank geschoben und damit wertvolle Zeit vertan oder Kundinnen und Kunden verunsichert oder vor den Kopf gestoßen. Was also tun? "Es gibt keine richtigen oder falschen Entscheidungen, sondern nur die in der jeweiligen Situation bestmögliche Entscheidung", sagt die langjährige CEO und Turnaround-Managerin Mae Leyrer. Als nunmehriger Business Coach spornt sie Führungskräfte zum Handeln an.

Bild: SN/wu executive academy
Oft verkomplizieren wir Probleme erst durch unser Denken. Mae Leyrer, Business Coach

Entscheidungen, auch falsche, seien immer die Grundlage für Fortschritt. Ohne sie verharre ein Unternehmen im Stillstand.

Oft verkomplizieren wir Probleme erst durch unser Denken, dabei wären diese an sich gar nicht so komplex", so die Präsidentin des International Advisory Board der Executive Academy der WU Wien. Vereinfachen ließen sich Problemstellungen, indem die Sachlage Stück für Stück betrachtet werde. Mae Leyrer hat für die Kunst, gute Entscheidungen zu treffen, vor Jahren einen Weg entwickelt, den sie "Strategic Storylining Framework" nennt. Mithilfe ihres Frameworks hat Leyrer 2019 als interimistische CEO das estnische Modemarkenhaus Baltika Group mit über 1000 Mitarbeitern vor der Insolvenz bewahrt und es 2020 durch die Coronakrise geführt.

Verschiedene Lösungsmöglichkeiten überlegen

Häufig nähmen sich Führungskräfte zu wenig Zeit dafür, das Problem zu verstehen. Dies kreiere wiederum neue Probleme. Hilfreich wäre es, das Wissen der Teams und Mitarbeitenden einzubeziehen. So gelinge es, das Problem selbst und auch dessen Hintergrund zu erfassen und Hypothesen aufzustellen ("Die Infektionszahlen während der Coronapandemie steigen.") Danach seien die Fakten heranzuziehen ("Wenn die Zahlen weiter steigen, werden die Intensivstationen überlastet.") Dann werden verschiedene Lösungsmöglichkeiten überlegt und mit Punkten auf ihre Machbarkeit hin bewertet. Ein Ranking könnte folgendermaßen aussehen: Lösung 1 - Weitermachen wie bisher. 2. - Die Kapazitäten der Intensivstationen ausbauen. 3. - Die Fallzahlen mithilfe von Restriktionen senken.

Entscheidungen müssen nachvollziehbar sein

Warum solch einer Aufstellung samt Bewertung mit Punkten solche Bedeutung zukommt, begründet die frühere CEO mit: "Das bringt Klarheit in den Entscheidungsprozess." Des Weiteren diene dieses Vorgehen dem Zusammenhalt im Unternehmen. Die gesammelten Fakten, Lösungswege und die Gewichtung auf ihre Machbarkeit hin ermöglichten es Führungskräften, die Entscheidung transparent gegenüber dem eigenen Team zu kommunizieren. Und wenn Entscheidungen nicht das Wohlwollen der Mitarbeitenden finden? Widerstand entstehe oft wegen mangelnder Transparenz, sagt die Beraterin. Nicht nur für Mitarbeitende sei es wichtig zu verstehen, warum eine Entscheidung aktuell die bestmögliche ist und wie sie zustande gekommen ist. Auch Führungskräfte könnten dann später noch nachvollziehen, warum und wie Entscheidungen in der Vergangenheit getroffen wurden.

Bei Lösungsfindung auf Fakten setzen

Vernunft und Intuition spielten idealerweise zusammen, so Mae Leyrer: "Die Intuition ist beim Blick auf die Problemsituation und beim Aufsetzen der Hypothesen wichtig. Bei der Lösungsfindung setze ich auf Fakten." So finde und eliminiere man Vorurteile und Prägungen (Biases). Die Intuition setze sich nicht nur aus unbewussten Erfahrungswerten zusammen, sondern auch aus den Biases. Die gelte es auszulöschen, wenn man Neues wagen wolle.