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Wertschätzung stiftet Sinn

Weibliche Fähigkeiten sollten in keinem Team fehlen. Warum Wertschätzung und Netzwerken auf der Karriereleiter so wichtig sind.

Ehrlich gemeinte Wertschätzung spornt an.
Ehrlich gemeinte Wertschätzung spornt an.

Vertrauen, Offenheit, Klarheit, Respekt und Mut: Wenn es nach Brigitte Maria Gruber geht, sind es diese fünf Eigenschaften, die Führungskräfte von exzellenten Führungskräften unterscheiden. Für die Leiterin der Frauenfachakademie verläuft eine klare Trennlinie zwischen den Begriffen Management und Leadership. "Manager schauen auf das, was unter dem Strich herauskommt. Leader haben darüber hinaus den ganzen Menschen im Fokus." Bereits zum siebten Mal wird die Oberösterreicherin im Herbst Entscheiderinnen (und solche, die es noch werden wollen) im Schloss Mondsee zusammenholen, um sie in ihrem Managementlehrgang zu bestärken und zu ermutigen, in ihren Unternehmen Verantwortung zu übernehmen. Wer in einer Führungsposition Erfolg haben will, "muss für mich querdenken, kreativ und weit im Denken sein". Essenziell sei, Menschen in Teams und Abteilungen treffsicher an genau den Platz zu stellen, an dem sie ihre Fähigkeiten besonders gut ausspielen könnten.

Führungsstil oft vom Alter abhängig

Greift die Annahme "Frauen sind Leaderinnen, Männer Manager"? Gruber verneint und betont, dass immer mehr Männer in Richtung Leadership gehen. Sie macht den Führungsstil eher am Alter fest und beschreibt Personen, die jünger als 45 Jahre sind, als agiler und flexibler im Leiten. Außerdem verträten sie oft merkbar flachere Hierarchien als noch die Generation vor ihnen, erklärt sie.
Apropos Generationenfrage: Wertschätzung im Job ist nicht nur ein Trend, der sich nach und nach durchsetzt - sondern ein echtes Werkzeug, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf lange Sicht zu motivieren, ihre Loyalität zu sichern und sie an das Unternehmen zu binden. "Führung ist Beziehung", sagt Gruber. Mit jedem Menschen, den man anleite, stehe man in einem gewissen professionellen und dennoch menschlichen Verhältnis, beschreibt sie. Alle Teammitglieder mit ihren Talenten gut zu kennen sei unerlässlich, um richtige Entscheidungen treffen und letztendlich erfolgreich wirtschaften zu können. Deshalb gehört es für sie dazu, gemeinsam mit den Angestellten erst Ziele festzulegen und sie dann auch ein Stück in die Freiheit zu entlassen - soweit es Branche und Position eben zulassen.

Unterschiedliche Arten von Wertschätzung

In Sachen Wertschätzung sieht Gruber jedenfalls unterschiedliche Herangehensweisen zwischen den Geschlechtern. "Männer loben eher auf der sachlichen Ebene, sind lösungsorientierter und sagen gern, wie ein bestimmter Prozess optimal laufen kann oder soll. Frauen nehmen auch zwischenmenschlich vieles wahr. Sie sind oft reflektierter und es eher gewohnt, Worte des Wohlwollens auszusprechen", sagt sie. Ob lobende Erwähnungen oder ein finanzieller Anreiz jemanden zu besseren Leistungen anspornten, hänge von der Persönlichkeit ab. Für die einen sei Wertschätzung etwas höchst Sinnstiftendes im Beruf und mehr als nur die Butter aufs Brot, für die anderen sei Geld zu verdienen das erklärte Ziel.
Weil Wertschätzung ein Weg sei, den Leaderinnen heutzutage unbedingt nutzen sollten, rät Gruber ihren Lehrgangsteilnehmerinnen, gerade in der Führungsebene mit einer ganzheitlichen Sicht auf das Unternehmen und seine Angestellten unterwegs zu sein. Mit Blick auf die Coronakrise sagt sie, der Mensch habe in der jüngsten Vergangenheit ganz deutlich gesehen, dass ein außerordentliches Streben nach Produktivität nicht unbedingt das Wichtigste sei. "Es gibt mehr als den Output", sagt sie und bringt im teils knallharten Business das Wort Spiritualität ins Spiel. Was dieses da verloren habe? "Es gibt definitiv etwas Größeres, das uns verbindet. Wie wir es nennen - Gott, Allah, Buddha, Universum -, ist nicht so wichtig. Von Bedeutung ist allerdings, dass wir Menschen uns nicht an die Spitze von allem setzen." Sie rät, im Nächsten zuallererst das Gute zu sehen. Das ergebe automatisch eine bessere Beziehung im Job und beuge Ablehnung vor.

Gemischte Teams sind im Vorteil

Wo Frauen jedenfalls einen enormen Nachholbedarf hätten, sei das Netzwerken. Wenn Brigitte Maria Gruber das feststellt, blickt sie selbst auf ein starkes, breites und buntes Netzwerk, welches sie sich erschlossen hat und das sie nun trägt. Eine solche Strategie sollte jede Frau besitzen, meint sie. Wer sich untereinander vernetze, habe die Chance, von anderen zu lernen und sich gegenseitig zu ermutigen, die nächsten Schritte zu setzen. Gerade dann, wenn diese die Karriereleiter nach oben führen. "Frauen müssen noch viel stärker lernen, dass sie laut sagen dürfen, dass sie kompetent sind. Dass sie Talente und ein herausragendes Können besitzen." Deshalb wünscht sie sich mehr Role Models, also Vorreiterinnen in Sachen Netzwerke, um auf Augenhöhe mit Männern arbeiten zu können. "Die höchste Stufe, die wir erreichen könnten, wäre, wenn Männer Frauen fördern, und das Beste aus ihren Kolleginnen herausholen, was sie auszeichnet", sagt Gruber. Sie plädiert für ein ausgewogenes, positives Verhältnis zwischen Frauen und Männern im Berufsalltag. Denn jedem Team entgehe Wesentliches, wenn Ansichten, Denkweisen und Fähigkeiten von Frauen in Projekten fehlten, argumentiert sie.

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