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Männer sind in sozialen Berufen eine Rarität - aber warum?

In sozialen und pädagogischen Berufen fehlen die Männer. Beim "Boys' Day" wurden den Buben Jobs gezeigt, für die sie dringend gebraucht werden.

Auch in pädagogischen Berufen, wie zum Beispiel als Grundschullehrer, bilden die Männer eine eindeutige Minderheit.
Auch in pädagogischen Berufen, wie zum Beispiel als Grundschullehrer, bilden die Männer eine eindeutige Minderheit.

Oft gehört, gesehen und gelesen: Mädchen und Frauen sind in technischen Berufen rar gesät, die Technik ist nach wie vor männerdominiert. Doch: Was ist eigentlich mit den Burschen?
Im Vergleich: Soziale und pädagogische Berufe gelten als "männeruntypische" Jobs und sind noch immer frauendominiert. Krankenpfleger, Kindergartenpädagoge und Grundschullehrer bieten scheinbar oft wenig Anreiz für Männer, um ein Teil dieses Berufsstands zu werden.

Der "Boys' Day" in Österreich

Dem soll der "Boys' Day" ("Bubentag") des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz entgegenwirken. Erst kürzlich ist dieser zum elften Mal über die Bühne gegangen. Dabei boten 350 Einrichtungen in ganz Österreich Burschen die Möglichkeit, in die Welt dieser "Frauenberufe" hineinzuschnuppern. Österreichweit nutzten insgesamt 3100 junge Herren die Chance, pädagogische und pflegerische Berufe einen Tag lang auszuprobieren. Konkret heißt das: 130 Kindergärten, 45 Volksschulen, 60 Senioren- und Pflegeheime, 30 Krankenhäuser, 35 Ausbildungsstätten sowie 50 Einrichtungen für Jugendliche und Menschen mit Behinderung durften sich über den Besuch von interessierten Burschen freuen.

Die Welt braucht mehr Männer in "männeruntypischen" Berufen

Mit dabei war unter anderem auch die Pädagogische Hochschule in Wien - hier stand das Thema "Kinderbetreuung ist auch Männersache" im Fokus. Die Besucher nahmen am Unterricht teil, um zu sehen, wie die Arbeit eines Grundschullehrers ausschaut, beim interaktiven Forumtheater konnte man sich mit Rollenbildern auseinandersetzen. Und EU-Jugendcoach Ali Mahlodji plädierte dafür, sich bei der Berufswahl nicht beeinflussen zu lassen und seine eigenen Ideen zu entwickeln. Sein Ansatz: "Stellt alles infrage, was ihr von Erwachsenen hört. Hört auf euer Herz und auf das, was ihr wirklich machen wollt." Weiters: "Die Welt braucht mehr Männer, die sich auch in Berufe trauen, die bisher keine klassischen ,Männerberufe' waren."
Ausprobieren und dabei sein war am Boys' Day angesagt: Dazu gehörten Blutdruckmessen, einen Fingerverband anlegen und eine Frühgeborenen-Intensivstation zu besuchen ebenso, wie hinter die Kulissen einer Drogenberatungsstelle zu schauen, sich als Hortpädagoge oder Sozialarbeiter zu erproben. Auch das Salzburger Land stand am 8. November im Zeichen der Burschen - was war beim Jungstag in Salzburg los? "Insgesamt wurden heuer im gesamten Bundesland 383 Schnupperplätze in 62 Einrichtungen angeboten. Es haben 190 Schüler teilgenommen. Unsere Workshops, die das ganze Jahr über stattfinden, haben wir aktuell mit 260 Burschen durchgeführt", sagt Thomas Kraft vom Männerbüro Salzburg, Regionalverantwortlicher des hiesigen Boys' Day.
Und wie hat es den Burschen gefallen? "Die Arbeit mit Menschen ist nie langweilig und jeder Tag ist anders", erklärte einer der Teilnehmer an der Pädagogischen Hochschule in Wien: "Einen Bürojob könnte ich mir nicht vorstellen. Ich würde gern etwas Sinnvolles tun und kann mir gut vorstellen, mit Kindern zu arbeiten.

Interview mit Thomas Kraft

Der Regionalverantwortliche des Boys' Day in Salzburg, Thomas Kraft, erklärt, warum Burschen in typischen "Frauenberufen" ein Rarität sind.

Wie wurde der Boys' Day in Salzburg angenommen?

Ausgezeichnet nachgefragt sind unsere Workshops zum Boys' Day, die das ganze Jahr über gebucht werden können. Für den Aktionstag selbst würden sich die Betriebe, und auch ich als Regionalverantwortlicher für Salzburg, eine noch höhere Beteiligung der Burschen wünschen.

In welchen Berufen fehlen junge Männer - warum ist das so?

Laut Statistik Austria war 2017/18 in österreichischen Kindertagesheimen insgesamt 1,9 Prozent männliches Personal tätig, in heimischen Volksschulen lag der Anteil an männlichen Mitarbeitern 2016/17 bei 7,5 Prozent. Im stationären Betreuungs- und Pflegedienst arbeiteten Ende 2016 österreichweit 15,6 Prozent Männer.
Hier greifen sicher noch stereotype Auffassungen von "typisch weiblichen" bzw. "typisch männlichen" Jobs sowie mangelhafte bis keinerlei Vorstellung zu den Berufsbildern. Dem entgegenzuwirken ist Teil der Zielsetzungen des Boys' Day und der Workshops, bei denen speziell auf Themen wie Männlichkeit und Rollenbilder eingegangen wird.

Ist die Meinung noch verbreitet, dass Burschen in Sozialberufen u. Ä. "verweichlicht" sind?

75 Prozent der Burschen, die im Vorjahr im Rahmen des Boys' Day in Salzburg an einem Einrichtungsbesuch teilgenommen haben, gaben an, es völlig normal zu finden, wenn Männer Berufe aus dem Sozial- oder pädagogischen Bereich ergreifen. In unseren Workshops machen wir die Erfahrung, dass vordergründig sehr wohl stereotypische Meinungen und Verhaltensweisen geäußert und gezeigt werden. Bei genauerer Betrachtung verfügen die Burschen jedoch über relativ differenzierte Ansichten zu Rollenbildern und der Gleichstellung.

Sollten Eltern mehr mobilisiert werden, damit Burschen vermehrt soziale bzw. pädagogische Jobs ergreifen?

Die Möglichkeit der Jobwahl sowie entsprechende Akzeptanz und Unterstützung der Eltern sollten im Vordergrund stehen. Ein "Anwerben" von Jungs für diese Berufssparten würde sicher nicht erfolgsversprechend sein - wie auch der Boys' Day keinesfalls versucht, Burschen vom Schulbesuch abzuwerben.

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