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Gründerzeit

Der Sprung in die Selbstständigkeit liegt im Trend. Zwei, die ihn 2020 gewagt haben, peilen heuer bereits einen Jahresumsatz von fünf Millionen Euro an.

Das Erfolgskonzept von Christian Eibl (l.) und Reinhold Hinterplattner: biozertifizierte Snacks ohne Zuckerzusatz für Kinder.
Das Erfolgskonzept von Christian Eibl (l.) und Reinhold Hinterplattner: biozertifizierte Snacks ohne Zuckerzusatz für Kinder.

Sie hatten gerade ein Haus gebaut, eine Wohnung gekauft, sichere, gut bezahlte Jobs. "Ihr gebt aber viel auf", bekamen Reinhold Hinterplattner und Christian Eibl zu hören, als sie davon erzählten, sich selbstständig machen zu wollen.

Starker Glaube an die eigene Idee: Das funktioniert!

Ein Gedanke, der den beiden selbst völlig fremd war. "Wir haben so stark an unsere Idee geglaubt, dass klar war: Das funktioniert!", so die beiden Jungunternehmer, die hinter der Marke Pure&Fun stehen.

Freilich war den beiden (Wahl-)Salzburgern auch klar: "Es wartet niemand auf deine Idee. Du musst schon überzeugen." Und das taten sie mit ihrem Konzept: gesunde Snacks für Kinder in attraktiver Aufmachung. "Wir sind beide selbst Väter und es hat uns sehr gestört, dass in bunten, ansprechenden Verpackungen vor allem ungesunde Nahrungsmittel angeboten werden. Wir wollten Produkte auf den Markt bringen, die wir als Eltern mit gutem Gewissen kaufen können", erklärt Eibl. Dass sie mit ihrem Konzept eine derart große Marktlücke erwischen würden, damit rechneten die beiden Jungunternehmer 2020 allerdings nicht: 2,8 Millionen Euro Umsatz brachten ihnen die Pure&Fun-Snacks im Vorjahr ein.

Allzeithoch bei Unternehmensgründungen in Salzburg

Zeitgleich mit Eibl und Hinterplattner wagten 2020 2195 Salzburgerinnen und Salzburger den Sprung in die Selbstständigkeit. Noch einmal zehn Prozent mehr waren es 2021. Peter Kober, der den Gründerservice der Wirtschaftskammer Salzburg leitet, spricht von einem Allzeithoch. "Gerade in den ersten beiden Coronajahren haben viele ihre Hobbys und Talente entdeckt. Die Fähigkeiten und die Verantwortung, die sie bisher in Unternehmen eingebracht haben, wollten sie nun für sich selbst nutzen und ihr eigener Chef sein", erläutert Kober die gängigsten Motive der Gründerinnen und Gründer. 2022 sank die Zahl der Neugründungen auf den weiterhin beachtlichen Stand von 2241. Vor allem bei Onlineshops oder in der Unternehmensberatung habe sich in jüngster Zeit viel getan. Krisenfest gezeigt habe sich auch das Handwerk.

"Starkes Argument gerade für Frauen und junge Väter ist außerdem die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf", so Kober. Auch für Eibl und Hinterplattner war von Anfang an klar: "Selbstständigkeit und Familie schließen sich nicht aus - wenn man die Prioritäten richtig setzt. Was nicht geht, ist, dass unsere Kinder unter dem Unternehmen leiden. Immerhin heißt es Healthy Kids. Das schließt die eigenen ein!"

Solide Planung als Schlüssel zum Erfolg

Nach drei Jahren sind 80 Prozent der neu gegründeten Unternehmen noch am Markt, nach fünf Jahren mehr als zwei Drittel. Der Schlüssel zum Erfolg: eine solide Planung. 1800 persönliche Beratungen führte der Gründerservice der WKS 2022 durch. "Damit ist ein Riesenteil abgedeckt", sagt Experte Peter Kober. Zusätzlich bietet die Einrichtung kostenlose Workshops mit Buchhalterinnen und Buchhaltern, Versicherungssprechtage oder Webinare zu den unterschiedlichsten Themen. "Wir wollen keine Rekorde feiern, sondern Unternehmen, die stabil und krisenfest sind", betont Kober. "Wer bereits den Mietvertrag für die Geschäftsräume unterschrieben hat und nur noch vorbeikommt, um das Gewerbe anzumelden, hat oft schlechte Karten." Abhängig von der Branche seien sechs bis zwei Monate Vorbereitungszeit ideal.

Auch das Duo hinter Pure&Fun wappnete sich gegen alle Eventualitäten: ganze zwei Jahre lang. "Wir haben alle Beratungsstellen abgeklappert, die es gibt", erzählt Eibl schmunzelnd. Expertise holte sich das Duo außerdem bei einem Anwalt und einem Steuerberater ein. Der größte Vorteil: der wirtschaftliche Background, den beide aus dem Studium mitgenommen haben, und die Branchenerfahrung, die sie in der Marketingabteilung bei Teekanne in Salzburg gesammelt haben. "So haben wir gelernt, welche Anforderungen der Handel stellt oder worauf es bei Zertifizierungen ankommt. Viele Anfängerfehler konnten wir dadurch vermeiden", sagt Hinterplattner. Und auch wenn beide aus dem Marketing kommen: "Im Laufe des Prozesses haben wir herausgefunden, dass wir einander perfekt ergänzen." Hinterplattner ist inzwischen für die Entwicklung neuer Produkte und den Vertrieb zuständig, Eibl für Buchhaltung, Logistik und die Zertifizierungen. Um das Marketing kümmert sich seit dem Vorjahr eine neue Mitarbeiterin.

Bereits 2018 hatten die beiden begonnen, in der heimischen Küche Rezepturen auszuprobieren. Verkostet haben die eigenen Kids. Im Vorjahr gingen schließlich allein 1,5 Millionen Quetschies über die Ladentheken. Von der Küche zu Hause ist man längst zu großen Produzenten gewechselt, die die kalorienarmen, natürlich aufgebrühten Tees und Fruchtsäfte, die Quetschies, Müsliriegel oder getrockneten Früchte herstellen. Auf Zuckerzusätze wird verzichtet, auf Biozertifizierungen gesetzt.

Besonders ist auch das Verpackungsdesign

"Es war naheliegend, dass wir Figuren nutzen, die bei Kindern sehr beliebt sind", erklärt Hinterplattner die Entscheidung, sich um Lizenzen für internationale TV-Serien zu bewerben. Das Sortiment rund um das Schweinemädchen Peppa Pig, die Hundefiguren der Paw Patrol und die gelben Minions umfasst mittlerweile schon 18 Produkte und wird laufend erweitert. Groß gedacht haben die beiden Jungunternehmer von Anfang an: Eibl und Hinterplattner bemühten sich sofort um Listungen im Lebensmitteleinzelhandel - mit Erfolg. Nach zwei Jahren am Markt ist Pure&Fun in den Märkten der großen österreichischen Handelsketten vertreten. Anfang 2022 gelang der Schritt nach Deutschland. Und die Pläne, die das Jungunternehmer-Duo schmiedet, sind weiterhin groß: 2023 steht die Expansion nach Ungarn, Tschechien und in die Schweiz an. Den Jahresumsatz von 2022 wollen Hinterplattner und Eibl heuer verdoppeln. Auf mehr als fünf Millionen Euro.