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Expats: Die Neuen in Salzburg

Wer aus dem Ausland herzieht, hat es nicht immer leicht. Das Expat-Netzwerk InterNations hilft - und zieht auch Hiesige an.

Miguel Fernández Vega und Lucyna Halwax bringen Expats in Salzburg zusammen.
Miguel Fernández Vega und Lucyna Halwax bringen Expats in Salzburg zusammen.

Zuerst ist es die Liebe. Als sich Miguel Fernández Vega verliebt, beschließt der Spanier, mit seiner Freundin den Lebensmittelpunkt nach Salzburg zu verlegen. Was zunächst nach romantischem Abenteuer klingt, wird beruflich für den studierten Elektrotechniker und Online-Marketing-Experten zur Herausforderung. Die Jobsuche ist mühsam. Das AMS rät Fernández Vega, lieber wieder nach Spanien zu gehen. Vor allem die mangelnde Arbeitserfahrung in Österreich und die noch schlechten Deutschkenntnisse würden es schwer machen, ihn zu vermitteln. Doch dann stößt er auf das Expat-Netzwerk InterNations. Fernández Vega startet in die Selbstständigkeit und findet über das InterNations-Netzwerk erste Kunden für sein Online-Marketing-Business. Damals noch in den Kinderschuhen, ist InterNations heute ein globales Netzwerk, das in über 400 Städten existiert und mehr als 3,5 Millionen Mitglieder zählt.

Salzburg: 5600 Expats aus 140 Nationen

Mitbegründet wurde InterNations von Malte Zeeck, selbst ein Deutscher mit viel Auslandserfahrung. Zeeck kennt das Gefühl der Hilflosigkeit, wenn man in einem neuen Land, einer neuen Kultur von vorne beginnt. Bei einem Aufenthalt in Dubai kam ihm die Idee, ein Netzwerk für Expats, also höher qualifizierte Menschen, die im Ausland arbeiten, zu gründen. Denn in Wahrheit haben alle Expats ähnliche Themen, egal, wohin sie gehen.

"Die einen kommen wegen der Liebe, die anderen übersiedeln durch den Job ins Ausland. Wer für die Arbeit kommt, hat es etwas einfacher", erzählt Miguel Fernández Vega: "Diese Expats suchen meist Wohnungen oder wollen Anschluss finden. Wer wegen der Liebe kommt, so wie ich, hat noch zusätzlich die Aufgabe, Arbeit zu finden." Bei allen Themen bietet das Netzwerk von InterNations Hilfestellung. Die größten InterNations-Communitys mit den meisten Mitgliedern sind in Metropolen wie London, Dubai, Paris, New York, Singapur oder Mexico City zu finden. Doch auch in Österreich ist einiges los. Insgesamt zählt die Expat-Gemeinschaft in der Alpenrepublik mehr als 55.000 Mitglieder. In Salzburg sollen es an die 5600 Expats aus 140 Nationen sein, untereinander wird meist Englisch gesprochen.

Ambassadors organisieren InterNations-Treffen für die Community

Sogenannte Ambassadors, das sind Botschafter, die ehrenamtlich für die Community arbeiten, organisieren mindestens einmal pro Monat Treffen und Aktivitäten. Sie sorgen dafür, dass die lokale Gemeinschaft lebendig bleibt, für Neuankömmlinge sind sie erste Ansprechpartner. Auf lokaler Ebene gibt es in Wien, Graz, Linz und Salzburg InterNations-Gruppen.

Seit mittlerweile zehn Jahren ist Miguel Fernández Vega ein solcher Botschafter für die Region Salzburg. Gemeinsam mit seiner Kollegin Lucyna Halwax stellt er Business-Events auf die Beine oder organisiert gemeinsames Radeln, Wandern oder Restaurantbesuche. Für jedes Interesse gibt es ein Angebot. Bisher haben etwa 75 InterNations-Veranstaltungen in Salzburg stattgefunden. Dabei sucht das Botschafter-Duo gerne das Ungewöhnliche und Ausgefallene, besonders, wenn es um den Veranstaltungsort geht. InterNations-Events fanden bereits am Flughafen, im Marmorsaal des Schlosses Mirabell, in der Salzach-Insel-Bar oder im Schloss Leopoldskron statt. Letzteres wurde schon einmal zum InterNations-Veranstaltungsort für eine Buchpräsentation. Eine indischstämmige Autorin präsentierte ihren Salzburg-Krimi. "Um die Brücke zwischen den Kulturen zu schlagen, haben wir alles im indischen Stil gestaltet. Als Willkommensgetränk gab es Mango-Lassi, zum Essen wurden indische Häppchen serviert. Wer im landestypischen Sari gekleidet war, wurde mit einem Extra-Getränk belohnt."

Erst im vergangenen Jahr feierte InterNations sein 15-jähriges Bestehen. Obwohl sich die Community auch online über die Plattform vernetzt, ist und bleibt das echte Zusammenkommen der wichtigste Bestandteil, weiß Vega: "Nur so können sich Menschen aus verschiedenen Kulturen wirklich begegnen und einander kennenlernen." Die Pandemie ist aber auch an InterNations nicht spurlos vorübergegangen. In Salzburg nehmen im Vergleich zu den Vorpandemiejahren weniger Mitglieder an den Events teil. Trotzdem tummeln sich Menschen aus mehr als 20 Nationen bei den Veranstaltungen in Salzburg, meist sind sie zwischen 25 und 60 Jahre alt.

Internationalität der InterNations-Community zieht Hiesige an

Die mondäne Community bleibt aber längst nicht mehr unter sich, auch "Hiesige" fühlen sich vom Angebot angesprochen. Mittlerweile stammt etwa ein Fünftel der Salzburger InterNations-Community aus Österreich oder sogar aus Salzburg, schätzt Vega. Sie suchen über das Netzwerk bewusst den Kontakt zu Expats. Die einen, um ihren eigenen Kreis zu erweitern, die anderen, um das internationale und offene Flair zu genießen. Oftmals sind es Heimkehrende, die selbst auf viele Jahre im Ausland zurückschauen. Zu Hause in Salzburg vermissen sie die bunte, weite Welt.

Miguel Fernández Vega fühlt sich in Salzburg längst zu Hause, auch wenn die Beziehung, die ihn ursprünglich herbrachte, nicht mehr aufrecht ist. Über das InterNations-Netzwerk habe der heute 42-Jährige viele sehr gute und beständige Freundschaften knüpfen können: "Wenn ich von Madrid zurück nach Salzburg fliege und beim Landeanflug die Berge wiedersehe, dann spüre ich, dass ich hier genauso hergehöre."