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Karriere oder Kind? Konflikt zwischen Kinder- und Karriereplanung

Karriere und Kind. Wann ist der richtige Zeitpunkt, um ein Kind zu kriegen? Welche Probleme treten auf? Ein neues Buch soll Aufschluss geben.

Ein Kind - ja oder nein? Diese Entscheidung fällt vielen Arbeitnehmerinnen nicht leitcht.
Ein Kind - ja oder nein? Diese Entscheidung fällt vielen Arbeitnehmerinnen nicht leitcht.

"Ich wollte Sicherheit haben für ein Kind und eine gute Basis, und daher habe ich mir Zeit gelassen, gearbeitet und gespart", erzählt Daniela. Sie lebte in einer Wechselwirkung. Einerseits der fehlende Partner, mit dem das Mutterglück perfekt gewesen wäre: "Andererseits baute ich die finanzielle Basis auf mit einer Arbeit, die gleichzeitig vielen Veränderungen unterworfen war", sagt die Reisebetreuerin. Mittlerweile hat Daniela das passende Gegenüber gefunden: "Jetzt, endlich, habe ich den richtigen Partner gefunden und ich wünsche mir wie nichts auf der Welt ein
Baby. Jedoch bin ich in der Zwischenzeit ein bisschen alt geworden, ich bin 47 - und meine Eierstöcke auch."

Frühzeitig mit der Kinderplanung auseinandersetzen

Das ist nur eines der zahlreichen Fallbeispiele, die in der Neuerscheinung "Kinderwunsch und Lebensplan" erläutert werden. Die Autoren sind Reproduktionsmediziner Wilfried Feichtinger und Wissenschaftsjournalistin Eva Stanzl - beide sind sich einig, dass nichts eine rechtzeitige Familienplanung ersetzt. Auch wenn man heutzutage so lange fruchtbar sein kann wie noch nie zuvor. Feichtinger und Stanzl plädieren dafür, sich - trotz aller Karrierepläne - frühzeitig mit der Familienplanung auseinanderzusetzen, wenn ein Kinderwunsch besteht. Und sich darüber im Klaren zu sein, was es heißen kann, noch zuzuwarten.

Kind oder Karriere: Statistik

Im Rahmen einer Internetumfrage, bei der 465 Personen (93 Prozent Frauen und sieben Prozent Männer) befragt wurden, sind folgende Ergebnisse zutage befördert worden: Rund 77 Prozent der Befragten waren zum Zeitpunkt der Umfrage kinderlos, wünschten sich jedoch später mindestens ein Kind. Klar gezeigt hat sich hier, dass sich vor allem Frauen oftmals im Zwiespalt befinden, wenn es um Nachwuchs geht: So wollten 57 Prozent der interviewten Damen mindestens zwei bis fünf Jahre Berufserfahrung sammeln, bevor eine Babypause anstehen sollte, 47 Prozent der befragten Frauen gingen davon aus, dass sich eine Elternzeit negativ auf ihre Karriere auswirken wird.

Die Kinderplanung hat ein Ablaufdatum

Im Rahmen der Thematik darf wohl die Erwähnung der guten alten biologischen Uhr nicht fehlen: Bei Männern fängt diese ab Mitte 50 zu ticken an, bei Frauen ab 35 Jahren, besagt die Wissenschaft. In diesem Alter stehen viele jedoch auf dem Höhepunkt ihrer Karriere - und es beginnt leider oft die Problematik, dass dennoch nur mehr wenige Jahre bleiben, um den Kinderwunsch in die Realität umzusetzen. Der Reproduktionsdruck steigt bei vielen. "Sie verspüren dann den Druck, eine Entscheidung treffen zu müssen: Möchte ich noch ein Kind oder möchte ich keines? Passt die Situation überhaupt?", sagen die Autoren. Es gilt schließlich abzuwägen: Karriere oder Kinder? "Soll ich meine Laufbahn wirklich jetzt unterbrechen - oder doch noch ein bisschen warten? Viele geraten in einen Konflikt zwischen persönlichen Wünschen und Karriereplanung."
Fest steht, dass die Fruchtbarkeit bei Frauen im Alter zwischen 30 und 40 Jahren abnimmt. Laut Wissenschaft besteht allerdings wenig Bewusstsein über dieses "Ablaufdatum". Es wird der Vergleich gezogen, dass die fehlende Klarheit darüber ähnlich überraschend ist, wie wenn die Menschheit auch an den kinderbringenden Storch glauben würde.

Studie: Gründe für die Karriere und gegen die Kinderplanung

Arbeitsplatzsicherheit
Heutzutage müssen Arbeitssuchende in ihrer Lebensplanung immer flexibler werden - insbesondere gut ausgebildete Menschen neigen dazu, unter diesen Umständen den Kinderwunsch zu vertagen oder gar nicht umzusetzen. Das meint Doris Hanappi von der Universität Wien. Die Demografin analysierte den Zusammenhang zwischen Arbeitsplatzsicherheit und Familienplanung - die Basis bildeten 1634 Personen in Paarbeziehungen. Altersmäßig lagen die befragten Frauen zwischen 22 und 45 Jahren, die Männer waren bis zu 55 Jahre alt.

Existenzängste:
Das Ergebnis ihrer Studie: Die Angst, die Existenzgrundlage zu verlieren, ist stärker als das Bedürfnis, ein Kind zu bekommen. Der Balanceakt zwischen Ausbildung, Karriere und Familienplanung bringt demnach viele Paare dazu, das Kinderkriegen auf später zu verschieben.

Fehlende Kinderbetreuung:
Ein nicht zu verleugnendes Problem in Hinblick auf die Frage "Kind oder Karriere?" ist zweifelsohne die nicht oder nicht ausreichend vorhandene, beziehungsweise oft schwer zu finanzierende Situation der Kinderbetreuung. Studien belegen, dass sich die Fertilitätsrate durch staatliche Transferleistungen und eine flächendeckende Versorgung mit Kinderbetreuungseinrichtungen erhöhen lässt. Ein Beispiel ist Dänemark: Die Geburtenrate ging dort in den 90ern steil nach unten, die Regierung erhöhte daraufhin die Familienförderung. Heute zählen die Dänen in Sachen Nachwuchs zu den Spitzenreitern Europas. Im Vergleich zu Österreich gibt es dort bereits ab der Kinderkrippe drei Mal so viele Pädagogen. Und in Schweden beispielsweise, sind Männer zur Babykarenz verpflichtet. All diese Maßnahmen haben im Norden Europas dazu geführt, dass Kinderkriegen attraktiver wurde.

Tipps von den Experten

"In jedem Fall möchten wir Paaren mit Kinderwunsch, bei denen es nicht klappt, empfehlen, rechtzeitig zu Untersuchungen zu gehen, denn Vorbeugen ist besser als Heilen." Weiters: "Wir möchten jene, denen unerwartet eine Schwangerschaft ,passiert', dazu animieren, sich für das Kind zu entscheiden - statt dagegen, weil es in diesem Moment nicht in die Lebensplanung zu passen scheint", sagen Feichtinger und Stanzl. Fazit: Der Schlusstenor der Autoren geht jedenfalls in die Richtung, den "Anschluss" nicht zu verpassen - denn irgendwann ist es auch für die Reproduktionsmedizin zu spät.

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