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Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwinden

Ein Arbeitstag ohne Handy ist heutzutage kaum mehr vorstellbar. Die ständige Erreichbarkeit ist selbstverständlich. Doch wo befindet sich die Grenze?

Das Handy ist ein täglicher Begleiter.
Das Handy ist ein täglicher Begleiter.

Ein Tag ohne Handy? Das ist für viele Menschen nur noch schwer vorstellbar. Während einige wenige jedes Jahr einmal in Klöstern eine Handy-Auszeit suchen, ist es für die meisten selbstverständlich, 365 Tage im Jahr erreichbar zu sein.

Ständige Erreichbarkeit durch das Handy

Oft liegt die Ursache dafür im Job. Fast zwei Drittel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich prüfen ihre E-Mails jeden Tag. Zu diesem Ergebnis kam die Studie "Working Life" der Personalberatung Michael Page. Neben E-Mails hat auch die telefonische Erreichbarkeit hohen Stellenwert erlangt. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, in ihrer Freizeit telefonisch Anfragen zu beantworten, die mit der Arbeit zusammenhängen. Es ist üblich geworden, dass der Ausschaltknopf des Handys das Letzte ist, das man Abend sieht. Kritisch sehen das laut der Studie 52 Prozent der Beschäftigten. Sie fürchten negative Auswirkungen auf ihre Work-Life-Balance.

Handybildschirm beeinflusst die Hormone

Seitens der Wissenschaft werden solche Befürchtungen untermauert. Studien ergaben, dass das helle Licht des Bildschirms dazu führt, dass der Körper um 22 Prozent weniger Melatonin produziert. Melatonin ist das Hormon, das müde macht und somit den Menschen für einen guten Schlaf vorbereitet. Es ist also ratsam, seine Einschlafgewohnheiten zu ändern und im Bett statt des Handys ein gutes Buch zur Hand zu nehmen. Einfach ist das nicht. "Für die Mehrzahl der Beschäftigten sind die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit sehr unscharf", schildert Melissa Haymerle von der Geschäftsführung von Michael Page in Österreich. Dieser Trend dürfte sich verstärken, da bald die erste Generation der Digital Natives auf den Arbeitsmarkt kommt.

Ausschalten fördert Produktivität

"Britische Arbeitnehmer arbeiten schon jetzt bis zu zwei Stunden am Tag länger, weil sie über das Handy immer erreichbar sind. Auch in Deutschland arbeiten weit mehr als die Hälfte aller Angestellten auch am Wochenende", so Haymerle.

Dabei ist es ein Irrglaube, dass mehr leistet, wer mehr online ist. Haymerle verweist auf ein Experiment an der Harvard Business School. Dort verzichteten Mitglieder der Boston Consulting Group auf Anregung der Professorin Leslie Perlow an mindestens einem Abend pro Woche auf ihr Handy. Während der Arbeitszeit sollten sie sich dafür mehr austauschen. Es kam heraus, dass sowohl die Arbeitsqualität als auch die Produktivität des Teams zunahm. Zwar hat das Internet seine Berechtigung, aber nicht in allen Bereichen. Haymerle: "Laut Untersuchungen der Harvard University liegen die Stärken des Netzes im Sammeln und Verbreiten von Informationen. Sucht man hingegen einen kreativen Lösungsansatz, ist man anderen Orten besser aufgehoben." Ein Waldspaziergang bietet sich an. Oder ein ausgiebiges Bad. Hauptsache, man geht einfach einmal offline.

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