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Eltern in der Pandemie: Wie halte ich die Balance?

Am 8. März ist Weltfrauentag. Die Pandemie belastet besonders berufstätige Mütter. Umsichtige Chefleute und bewusstes In-sich-Gehen helfen Frauen zu mehr Balance.

Im Gleichgewicht zu bleiben ist in der Pandemie nicht leicht.
Im Gleichgewicht zu bleiben ist in der Pandemie nicht leicht.

Es klingelt in den Ohren. In Pandemiezeiten haben Tinnitusbeschwerden zugenommen, berichten Hörakustikerinnen und Hörakustiker. "Etliche melden, dass sie verstärkt Anfragen von Menschen bekommen, die plötzlich mit Rauschen, Pfeifen oder anderen Symptomen zu kämpfen haben", berichtet der Salzburger Innungsmeister Jürgen Pöpsel.

Ein Jahr Coronapandemie hat gesundheitliche Spuren hinterlassen

Laut einer aktuellen Deloitte-Umfrage unter mehr als 600 Führungskräften und Mitarbeitenden ist für 76 Prozent der betreuungspflichtigen Befragten der gestiegene Aufwand in der Kinderbetreuung die größte Belastung. In den meisten Familien schauen auf die ins Homeschooling geschickten Schulkinder vorwiegend die Mütter. Sie tragen noch mehr Verantwortung als schon bisher. Aufmerksame Chefinnen nehmen gesundheitliche Folgen dieser Mehrbelastung von Mitarbeiterinnen wahr und steuern bestenfalls gegen. In der Befragung berichten doppelt so viele weibliche wie männliche Führungskräfte von Einsamkeit, Ängsten oder depressiven Verstimmungen im Team. Zur Stärkung ihrer mentalen Gesundheit wünschten sich 41 Prozent aller Mitarbeitenden zusätzliche Unterstützungsangebote.

Eltern-Balance-Workshopreihe im April

Eltern kleiner Kinder finden im April in der Elternschule der Salzburger Landeskliniken ein Angebot. In einer Eltern-Balance-Workshopreihe (Anmeldung unter elternschule@salk.at) erfahren die Teilnehmenden, wie Stress zu körperlichen Beschwerden bis hin zum "Mama-Burnout" führen kann. Übungen zur Stressbewältigung und der Austausch mit Gleichgesinnten sollen ihnen den Rücken stärken. Kursleiterin Eva Klugsberger arbeitet seit Jahren mit Familien. Sie geht besonders auf die Rolle der Frauen ein. Ihrer Überzeugung nach geht es in vielen Lebensbereichen um Beziehungen. "Wir führen ganz viele Beziehungen, neben jener mit dem Partner auch mit den Kindern, mit den Arbeitgebenden, mit den Kollegen und, nicht zu vergessen, mit uns selbst", sagt die Familylab-Trainerin und Sozialpädagogin. Habe man Kontakt zu sich selbst, weite sich das gewinnbringend auf alle Arten von Beziehungen aus, auch am Arbeitsplatz. Das verbessere sowohl das Betriebsklima als auch die Arbeitsleistung.

Bild: SN/privat
Wir sollten den Blick auf uns selbst bewahren.
Eva Klugsberger, Familylab-Trainerin

Corona macht der guten Beziehung zu sich selbst schnell einen Strich durch die Rechnung. Man funktioniert. Eigene Bedürfnisse werden zurückgesteckt, die notwendige Erholung bleibt auf der Strecke. Alles zusammen führt zu einem steigenden Stresslevel. "Ich bekomme mit, dass viele Menschen am Ende ihrer Kräfte und ihrer Möglichkeiten des Funktionierens sind. Es ist ja schön, wenn wir funktionieren, wir wollen ja keine Egoisten sein. Aber wir dürfen uns selbst nicht aus dem Blick verlieren."

Zu viel Stress lässt den Körper reagieren

Klugsberger hört in ihren Workshops viele Frauen von somatischen Beschwerden berichten. Tinnitus und Gehörsturz kommen häufig vor. Bei etlichen Frauen stört zu viel Stress den weiblichen Zyklus. Dann bleibt beispielsweise die Regel aus, weil der Hormonhaushalt durcheinanderkommt. Zu den häufigsten körperlichen Stressfolgen zählen darüber hinaus Schlafstörungen und Rückenschmerzen. Typische Aussagen rund um Stress verdeutlichen die Zusammenhänge zwischen äußerer Einwirkung und körperlichen Reaktionen. Klugsberger spricht von Sätzen wie "Mir sitzt die Angst im Nacken" oder "Das schlägt mir auf den Magen".

Kleine achtsame Momente in den Alltag einbauen

Wer nicht mehr durch den Tag hetzen wolle und wieder ein Stück weit zu sich kommen möchte, müsse nicht gleich jeden Tag eine Stunde meditieren. Um einen Gang herunterzuschalten, reiche es, kleine achtsame Momente im Alltag einzubauen - und diese zu kultivieren. Das kann die Kaffeepause nach dem Familienfrühstück oder zwischen zwei Meetings in der Arbeit sein, in der man nichts anderes tut, als einfach zu sitzen und zu trinken. Klugsberger: "Da spüre ich in mich hinein und frage mich einmal, wie es mir geht. Egal ob ich dann merke, ich bin gestresst oder ich fühle mich wohl, ist die Anerkennung meiner Gefühle schon heilsam." Genauso hilfreich ist der kleine Spaziergang in der Mittagspause oder kurz draußen zu sitzen und sich die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen. Oder einfach immer wieder einmal ausgiebig durchzuatmen. Ruhiges Atmen signalisiert dem Gehirn: "Ich bin nicht in Gefahr."

Achtsamkeit sei als Thema populär, jeder wolle im Moment sein und im Hier und Jetzt ankommen, merkt die Familientrainerin. Der eigene Anspruch sei aber oft so hoch, dass man das Ganze bald wieder sein lasse.

Klugsberger meint: "Es geht nur in kleinen Schritten. Die soll man dafür regelmäßig machen." Wovon sie abrät, ist der Illusion anzuhängen, dass der Mensch dauernd mehrere Dinge gleichzeitig machen kann. Dann verzettle man sich auch nicht mehr so. Wer nicht mehr hastig drauflosarbeitet, sondern eines nach dem anderen macht, ist oft schneller fertig - und ausgeglichener.