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Ohne Kinderbetreuung kein Wiedereinstieg

Ein gelungener Wiedereinstieg in die Arbeitswelt steht und fällt mit der Kinderbetreuung. Doch auf Mütter warten auch noch andere Herausforderungen.

Schon in der Babypause lohnt es sich zu klären: Wer bringt das Kind in die Betreuung? Wer nimmt sich in den Ferien frei?
Schon in der Babypause lohnt es sich zu klären: Wer bringt das Kind in die Betreuung? Wer nimmt sich in den Ferien frei?

Früher oder später müssen sich Mütter nach einer Pause, in der sie sich ausschließlich um die Familie und den Haushalt gekümmert haben, mit der Rückkehr in die Arbeitswelt auseinandersetzen. Andrea Kirchtag, Coachin bei Frau & Arbeit Salzburg, empfiehlt ihnen: "Haltet Kontakt zum Dienstgeber, wenn ihr dort wieder anfangen wollt." Das kann informell geschehen, etwa bei einem Besuch der Kollegen oder der Teilnahme am Betriebsausflug. Es gibt aber auch Arbeitgeber, die eigene Maßnahmen für Rückkehrer anbieten. Mit dem Arbeitgeber muss jedenfalls rechtzeitig geklärt werden, wie viele Stunden man nach der Rückkehr arbeiten kann. Ab einer bestimmten Firmengröße gibt es zudem das Recht auf Elternteilzeit.

Rückkehr frühzeitig planen

Ein gelungener Wiedereinstieg steht und fällt mit der Kinderbetreuung. Kirchtag rät deshalb, sich frühzeitig um die Rückkehr zu kümmern. "Ideal ist ein Jahr vorher." Von Voll- oder Teilzeit hängt der Betreuungsbedarf ab. Nicht unterschätzt werden darf die Zeit, die Kinder für die Eingewöhnung in die Krabbelgruppe oder den Kindergarten brauchen. Innerhalb der Familie muss zudem geklärt werden, wer den Nachwuchs zur Betreuung bringt und ihn wieder abholt.
Gerade Eltern, deren Kinder zur Schule gehen, dürfen laut Melanie Kröll die Jahresplanung nicht außer Acht lassen. Kröll hat bei Weidinger & Partner in Salzburg die Standortleitung für die AMS-Maßnahme "Wiedereinstieg in die Zukunft" inne. Sie begleitet Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteiger mit Kinderbetreuungspflichten ins Berufsleben. "Eltern müssen sich Gedanken machen, wann Ferien, Feier- und Fenstertage sind." Wer da arbeiten muss, braucht eine Lösung, wo seine Kinder unterkommen. Viele würden Oma und Opa als selbstverständlich betrachten, ohne sie zu fragen oder ohne sich dessen bewusst zu sein, dass die Kinderbetreuung für Großeltern belastend sein kann. Kröll empfiehlt deshalb, unabhängig und selbstbestimmt zu bleiben, und stattdessen etwa einen Hort in Betracht zu ziehen.

Babypause wir häufig zur Neuorientierung genutzt

Ein Platz in der Krabbelgruppe oder im Kindergarten hat natürlich seinen Preis, wobei durch Teilzeit weniger Geld zur Verfügung steht. Außerdem könnten Folgekosten, etwa für Förderunterricht, anfallen, wenn man nicht beim Kind sei, gibt Kröll zu bedenken. Gerade in der Coronakrise und bei verlängerter Kurzarbeit kann es zu finanziellen Einschränkungen, Arbeitslosigkeit und Existenzsorgen kommen. Die Geburt eines Kindes ist für Frauen ein Einschnitt, den manche für eine Neuorientierung nutzen. In der Babypause können sie ihre Bewerbungsunterlagen aktualisieren, Bewerbungsstrategien entwickeln und ein Vorstellungsgespräch üben. "Bei Bewerbungen läuft durch Corona jetzt viel online", informiert Kirchtag. Unterlagen müssen online hochgeladen werden, Vorstellungsgespräche erfolgen per Videochat. "Frauen fehlen jedoch oft digitale Kompetenzen." Oftmals hätten sie auch nur ein Handy, aber keinen Computer. Die Coachin weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine Meldung beim AMS erst möglich ist, wenn die Kinderbetreuung mit mindestens 20 Wochenstunden geregelt ist.

Vor einem Wechsel tauchen viele Fragen auf. Wo soll die berufliche Reise hingehen? Welche Kompetenzen habe ich? Ist eine Aus- oder Weiterbildung nötig? Gibt es Fördermöglichkeiten? Welche Perspektiven habe ich im angestrebten Job? Sind die Arbeitszeiten samt An- und Heimfahrt mit der Kinderbetreuung vereinbar? Wie viel verdiene ich? Fallen Überstunden an oder kann ich mein Kind rechtzeitig von der Betreuung abholen? Welche Perspektiven habe ich? Ist eine Selbstständigkeit eine Option? Frauen sollten diese Dinge rechtzeitig für sich klären, sonst kann ein Jobwechsel scheitern. Bei einer Neuorientierung brauchen Frauen Durchhaltevermögen und Eigeninitiative. Beides hat Eva Wider bewiesen. Die Zeit vor und nach ihren Schwangerschaften war beruflich bedingt eine Achterbahn der Gefühle. Heute ist die 36-Jährige mit ihrer Tätigkeit glücklich. Wider arbeitete ursprünglich als Köchin im Hangar-7, bevor sie ins Bull's Corner in der Red-Bull-Arena wechselte. Anschließend ging sie in die Systemgastronomie, hatte als Schichtführerin 20 bis 30 Mitarbeiter unter sich. Als sie schwanger wurde, musste sie wegen gesundheitlicher Probleme in die Frühkarenz gehen.

Wenige Monate nach der Geburt ihrer ersten Tochter erfüllten sich Wider und ihr Mann, der ebenfalls aus der Gastronomie kommt, einen Traum. Sie pachteten die Schafbachalm in Faistenau. Drei Jahre konnten sie ihren Traum leben, dann wurde der Pachtvertrag gekündigt und die Familie - die zweite Tochter war gerade zwei Monate alt - stand ohne Wohnung, das Ehepaar ohne Job da. "Das war für uns ein Weltuntergang. Und es war eine Herausforderung, denn ich habe immer gearbeitet", erinnert sich Wider.

Die Suche nach einer neuen Stelle gestaltete sich mit zwei Kindern schwierig. "Ich habe lange keinen Job gefunden. Als Köchin hat man keine Chance, wenn man nur tagsüber und nicht am Wochenende arbeiten kann", sagt die 36-Jährige. Auf Großeltern kann sie nicht zurückgreifen. Selbst im Einzelhandel hatte sie kein Glück. Erst als ihre jüngere Tochter drei Jahre alt war, konnte Wider wieder arbeiten. Ihr ehemaliger Küchenchef hatte ihr eine Teilzeitstelle in der Red-Bull-Akademie vermittelt. Montags bis freitags arbeitete Wider vormittags vier Stunden, dazu kam noch zwei Stunden Autofahrt von Faistenau nach Salzburg und wieder zurück. Zwei Jahre ging das gut, aber auf Dauer war das keine Option für die zweifache Mutter.
Bereits während ihrer letzten Stelle beschäftigte sich Wider mit Network Marketing, einer Spezialform des Direktvertriebs. Heute ist sie darin tätig und glücklich. "Ich bin zeitlich total flexibel und kann arbeiten, wo und wann ich will, meistens vormittags oder am Abend."

Akzeptanz für Frauen mit Kindern oft nicht gegeben

Für Frauen mit einem Wechsel-Wunsch nach der Karenz hat die Coronakrise die Situation auf dem Arbeitsmarkt verschärft. Auf rund 500.000 Arbeitslose kämen 50.000 offene Stellen beim AMS, schildert Andrea Kirchtag. Außerdem sagt Melanie Kröll: "Die Akzeptanz für Frauen mit Kindern ist in der Wirtschaft in bestimmten Branchen wie etwa dem Einzelhandel oder der Gastronomie aus meiner Sicht nicht mehr gegeben." Umsteigerinnen, aber auch Mütter, die nach der Karenz in ihren Betrieb zurückkehren, droht die Gefahr einer Dequalifizierung, wenn sie ihren bisherigen Beruf oder die bisherige Stelle nicht mehr ausüben können.
Mit Blick auf die Pension appelliert Kröll an Mütter, wieder arbeiten zu gehen, wenn möglich Vollzeit. Wenn sich nur Teilzeit ausgeht, dann nicht als geringfügig angestellt, weil es dabei keine Pensionsvorsorge gibt. Auch an eine private Pensionsvorsorge sollte gedacht werden. Kirchtag hat die Erfahrung gemacht, dass vielen Frauen das Bewusstsein dafür fehlt, dass Teilzeit zu weniger Pension führt. "Das ist die vorprogrammierte Altersarmut."