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Nicht lernen, sondern erleben - Auslandserfahrungen im Studium

Bei vielen MBA-Programmen reisen Studenten ins Ausland, um Vorlesungen sowie internationale Firmen zu besuchen. Aber ist der Aufwand wirklich nötig?

Studenten profitieren von Auslandsaufenthalten.
Studenten profitieren von Auslandsaufenthalten.

Globalisierung ist ein Schlüsselthema in vielen Master of Business Administration (MBA). Bei der Executive Academy der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) ist man der Überzeugung, dass man "hinaus" muss, um Globalisierung zu lernen. Im Global-Executive-Programm verbringen Studierende deshalb ein Drittel ihres Studiums im Ausland. Die WU organisiert in den Wochen Unterrichtseinheiten an den Partneruniversitäten - aber auch Besuche bei internationalen und lokalen Unternehmen. "Sie lernen so die Besonderheiten der Unternehmen und der Märkte, in denen sie agieren, aus erster Hand kennen", sagt Dekanin Barbara Stöttinger.

Eine Woche an der Carlson School of Management in Minnesota, USA. Sieben Tage in Hyderabad, Indien, an der Indian School of Business oder in Hongkong an der City University. Das klingt spannend, aufregend - aber auch ziemlich anstrengend und finanziell belastend. Ist es das wert?

Auslandsaufenthalte sind eine tolle Chance für Studenten

"Wir sind der festen Überzeugung, dass man Globalisierung nicht lernen kann, ohne vor die Tür zu gehen. Es gibt Wissen, das kann man sich nicht anlesen, das muss man erleben", sagt Stöttinger. Schwellenländer wie Brasilien, Argentinien oder Indien seien besonders spannend, weil sie viele unternehmerische Möglichkeiten böten - und völlig unterschiedliche institutionelle Rahmenbedingungen.

An der WU Executive Academy sind die Auslandsaufenthalte verpflichtend. Bei der Donau-Uni kommt es darauf an, welches Programm man belegt. Beim Executive MBA fliegen die Studierenden für sechs Tage etwa nach Schanghai, China oder ins Silicon Valley. Zusätzlich können manche Module entweder am Campus oder im Ausland belegt werden. Die Anreise und die Übernachtungen organisieren sich die Studierenden selbst.

Das Reisen bildet Menschen

Reisen bilde, sagt die Lehrgangsleiterin der Donau-Uni, Doris Burger. "Auslandsprogramme erhöhen das Verständnis von Studierenden für die Komplexität wirtschaftlicher Zusammenhänge." In den sechs Tagen gehe es um Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch im internationalen Umfeld. "Die Studierenden haben so die Möglichkeit, über den eigenen Tellerrand zu blicken." Nicolas Rodriguez war etwa mit der WU in China: "Bei einem Unternehmensbesuch konnten wir sehen, wie durch die erfolgreiche Zusammenarbeit zweier Firmen mit unterschiedlicher Kultur und Mentalität ein wirklich gut funktionierender Hochleistungsbetrieb entstanden ist." Für MBA-Teilnehmerin Xuewei Zheng war der Auslandsaufenthalt ein Highlight des Programms: "Als gebürtige Chinesin fühle ich mich privilegiert, Vorlesungen an einer der führenden Universitäten des Landes besucht zu haben."
Die Studierenden würden erfahren, wie leicht es sei, als ausländischer Investor im Markt Fuß zu fassen, sagt die Dekanin der WU, Barbara Stöttinger. Sie lernten, wie es um den Arbeitsmarkt steht, aber auch, welche Rolle Gewerkschaften spielen. "Unsere Teilnehmer erfahren nicht nur über das besondere Zusammenspiel von Wirtschaft und Politik in einer bestimmten Region und lernen multinationale Unternehmen und ihre Internationalisierungsstrategie kennen. Sie trainieren dabei auch anhand konkreter Fallbeispiele."

Studenten können nun auch Afrika entdecken

Neu im Programm der Auslandsaufenthalte sei die Africa Residency, die die WU erstmals im Herbst 2019 für Studierende und Alumni angeboten habe. "Wir haben ein falsches Bild vom zweitgrößten Kontinent der Welt. Und auch ein falsches Bild zu den Business-Chancen, die dort möglich sind", sagt Stöttinger. Afrikanische Unternehmen seien offen und würden gern mit Europäern zusammenarbeiten. Misstrauen wegen der Kolonialgeschichte gebe es kaum. "Für beide Seiten können Wirtschaftsbeziehungen auf Augenhöhe große Vorteile haben."