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Kreislaufwirtschaft - Das "Ökosystem" im Betrieb

Wie machen Betriebe Profit und schauen dabei zugleich auf die Umwelt? In dieser Frage lassen sich angehende Spezialisten für Kreislaufwirtschaft ausbilden.

Weitgehend wiederverwertet, kann Plastik umweltfreundlicher sein als andere Materialien.
Weitgehend wiederverwertet, kann Plastik umweltfreundlicher sein als andere Materialien.

Christopher Prax-Huber traf vor einem Jahr eine prompte Bauchentscheidung, als er eine Annonce für die Ausbildung zum "Circular Economy SpezialistIn" las. "Da musste ich einfach hingehen", so der 29-jährige Flachauer. Er hat den berufsbegleitenden Kreislaufwirtschafts-Kurs an der Fachhochschule Salzburg aus eigener Tasche bezahlt. Vorigen Samstag endete die letzte der fünf Wochenendeinheiten. Prax-Hubers Weiterbildung wird von seinem Arbeitgeber ÖBB bereits wertgeschätzt. "Die ÖBB Railcargo stellt die Entsorgung auf neue Beine. Dort soll ich mein neu erworbenes Wissen einbringen." Prax-Huber ist verantwortlich für das Produkt "Mobiler", eine umweltbewusste Variante im Gütertransport. Vor allem geht es um die Entsorgung schwerer Abfälle von Betrieben ohne Bahnanschluss. Die Abfälle werden in spezielle Container verladen, per ÖBB-Lkw zum nächsten ÖBB-Gleis gebracht und nach der Bahnstrecke wieder auf den Lkw geladen, um zur Entsorgung zu gelangen. Das spart CO2-Emissionen, da der Müll so großteils per Zug zur Deponie gelangt.

Das ,dreckige' Geschäft neu gestaltet

"Der Entsorgungsbereich hat keinen guten Ruf. Mit meiner Arbeit zeige ich, dass man ein so ,dreckiges' Geschäft auch CO2-neutraler gestalten kann", sagt der junge
Abteilungsleiter. Prax-Huber will weiterhin erkunden, wie nachhaltig seine Abteilung arbeitet - und wie andere Unternehmen Ressourcen schonen. Im Kurs gab es dazu Gelegenheit: bei Exkursionen zu Betrieben, die nachhaltige Arbeitsweisen eingeführt haben, sowie bei Expertenvorträgen zum Thema Kreislaufwirtschaft. Prax-Huber: "Am spannendsten war aber der Austausch mit den Kurskolleginnen und -kollegen." Auf Netzwerken wird in der neuen Ausbildung viel Wert gelegt. Die Kursverantwortliche, FH-Professorin Christine Vallaster, weiß: "Alleine geht geht in puncto Kreislaufwirtschaft gar nichts. Wenn Ressourcen verantwortungsvoller genutzt werden sollen, sind immer Unterstützer nötig." Dafür sei ein Netzwerk, eine Art "Ökosystem" notwendig, in dem neue, nachhaltige Wege entstehen - sei es bei der Produktion, von der Materialbeschaffung über die Produktion bis hin zur Entsorgung. Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, Materialien nicht nach Gebrauch gleich wegzuwerfen, sondern sie länger als bisher im Kreislauf zu halten. Die Professorin kommt selbst aus der Betriebswirtschaft. Mit diesem Hintergrund erachtet sie den Profit als genauso wichtig wie die Nachhaltigkeit eines Unternehmens. Vallaster: "Die Art, wie wir bis jetzt gewirtschaftet haben, hat uns Wohlstand gebracht. Zugleich ist es aber nicht mehr zeitgemäß, die Ressourcen unseres Planeten als unendlich zu betrachten." Der Kurs und die Absolventen sollen zeigen, dass es sinnvoll ist, in diesen zwei Logiken zu denken. "Im Moment müssen wir noch darauf vertrauen, dass Leute, Unternehmen und Verbände die Idee der Kreislaufwirtschaft aufnehmen. Die Verbreitung läuft derzeit von unten nach oben." Noch ist es oft billiger, Sachen wegzuwerfen, statt sie wiederzuverwerten.

Materialien länger im Kreislauf halten statt zu entsorgen

Plastik wird zumeist sofort entsorgt, obwohl es bei entsprechender Wiederverwendung umweltfreundlicher als andere Materialien sein kann. Doch die 2021 geplante EU-Plastiksteuer zeigt, die Politik ändert sich. Christine Vallaster betont: "Langfristig kommt es Betriebe günstiger, ihre Materialien im Kreislauf zu halten." Kreislaufwirtschafts-Spezialisten sollen nicht nur Change-Ideen für ihre Betriebe entwickeln, sondern auch aufkommende Konflikte entschärfen. In ihrer Ausbildung lernen sie auch, wie sich nachhaltige Strategien finanzieren lassen, wie sich die Endlichkeit der Ressourcen auf derzeitige Geschäftspraktiken auswirken kann, welche ressourcenschonenden Werkstoffe es gibt und wie ihr Betrieb ein neues "Ökosystem" aufbauen kann. "Interessierte Betriebe kooperieren ja dann mit Institutionen, die nach sozialen und ökologischen Standards arbeiten", beschreibt Professorin Christine Vallaster. Den sich abzeichnenden Wandel erleben die Teilnehmer der Kreislaufwirtschaftskurse bei Exkursionen in Betriebe, die bereits versuchen, ihre Ressourcen nachhaltiger zu nutzen. Ein Beispiel ist ein großer Verpackungsmaschinenhersteller, der gerade seine Wertschöpfungskette nach ökologischeren Vorgehensweisen abklopft. In den Kursen treffen Vertreter verschiedenster Branchen aufeinander. Im jüngsten Kurs saßen auch Mitarbeiter eines Kunststoffherstellers, der umdenken will. Der Betrieb hatte die Techniker geschickt, damit diese lernen, wie man Zulieferern, Kunden und Partnern den Schwenk in Richtung mehr Nachhaltigkeit beibringt und welche neuen Kooperationspartner notwendig sind. Eine Mitarbeiterin eines Hotelrestaurants fand in dem Kurs nachhaltige Möglichkeiten für den Einkauf von Lebensmitteln und lässt die Zimmer in ihrem Betrieb schon bald mit Ökoputzmitteln aus Salzburg reinigen.

Für den nächsten FH-Kurs "Circular Economy Specialist" kann man sich bis 1. September 2020 anmelden.