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Fachhochschulen: "Wir sind offenbar immer noch zu leise"

Die österreichischen Fachhochschulen haben eine neue Präsidentin an der Spitze ihrer Konferenz, der FHK: Ulrike Prommer. Die Geschäftsführerin der Fachhochschule IMC Krems geht alte Probleme mit neuem Schwung an - von der Indexanpassung der Studienplatzfinanzierung bis zur Grundfinanzierung der FH-Forschung.

Ulrike Prommer begleitet den Fachhochschulsektor in Österreich seit seiner Entstehung im Jahr 1994: "Der Sektor hat mich sehr geprägt. Nach wichtigen Entwicklungsschritten geht es nun um den nächsten - und da ich jemand bin, dem darüber reden zu wenig ist, habe ich mich um die FHK-Präsidentschaft beworben."

Bild: SN/imc krems
Es fehlt die nach- haltige Grund- finanzierung der Forschung.
Ulrike Prommer, FHK-Präsidentin

Im Herbst vergangenen Jahres wurde sie schließlich gemeinsam mit ihrem Präsidiumsvorschlag einstimmig zur zentralen Stimme des zweitgrößten Hochschulsektors in Österreich mit rund 60.000 aktiven Studierenden gewählt: "Eine ehrenvolle und spannende Aufgabe."

Sie haben die FHK-Präsidentschaft in einer bewegten Zeit übernommen. Mit welchen Herausforderungen sind Sie gestartet? Ulrike Prommer: Der neue Fachhochschulentwicklungs- und -finanzierungsplan steht derzeit im Mittelpunkt. Mein Vorgänger Raimund Ribitsch hat hier sehr gute Vorarbeit geleistet: Ich durfte darauf aufbauen und ein Positionspapier vorlegen, das alle wichtigen Anliegen enthält, untermauert mit Daten und Fakten.

Werden die Fachhochschulen in Österreich auf politischer Ebene noch zu wenig gehört? Wir sind offenbar immer noch zu leise und zeigen noch zu wenig auf, wie groß der Sektor ist und wie gut er sich zum Wohle aller entwickelt hat. Mir geht es darum, Stärken zu stärken und das auch zu kommunizieren. Gerade in einer Zeit, wo viele Betriebe gut ausgebildete Fachkräfte suchen, spielen die Fachhochschulen einmal mehr eine wesentliche Rolle, in den Bereichen akademische Berufsausbildung und angewandte Forschung gemeinsam mit der österreichischen Wirtschaft.

Sie haben zu Beginn von einem nächsten Entwicklungsschritt in der FH-Geschichte gesprochen. Was meinen Sie damit? Jede Zeit hat ihre notwendigen Strukturen und Regelungen. Was es nun braucht, ist Weiterentwicklung in der Autonomie bei der Programmakkreditierung und -verwaltung. Derzeit wird für Hunderte Studiengänge aufwendig, ressourcenintensiv und kleinteilig Verwaltung betrieben. Das bedeutet auch, dass schnelles Reagieren auf Bildungsbedürfnisse der Wirtschaft oftmals nicht möglich ist. Ein Beispiel: Wenn eine neue Fabrik an einem Standort eröffnet und in der Region neue Arbeitskräfte gebraucht werden, sollte es möglich sein, die Studienplätze an einer regionalen FH in diesem Bereich vorübergehend anzuheben oder eine zweite Gruppe zu machen. Das wäre heute so nicht einfach möglich. Es geht also darum, Verfahren zu verkürzen und zu verschlanken, bei aller gebotenen Sorgfalt im Umgang mit öffentlichen Geldern. Es geht nicht um große Änderungen, das System ist gut aufgesetzt, sondern um mehr Flexibilität und Dynamik.

Was sind abgesehen davon zentrale Anliegen der Fachhochschulen in Österreich? Natürlich geht es ums Geld: Die Inflation trifft auch uns stark, unter anderem im Energiebereich, die Indexanpassung der Studienplatzfinanzierung wäre entsprechend ganz wichtig für uns. Dazu erhalten die Fachhochschulen auch laufend neue Aufgaben, die budgetär berücksichtigt werden müssen. Weiters zeigen wir seit vielen Jahren, wie erfolgreich angewandte Forschung sein kann. Es fehlt aber weiter die nachhaltige Grundfinanzierung. Diese braucht es aber, um ähnlich wie an den Universitäten die Wellen in der Projektfinanzierung ausgleichen zu können. Und es braucht auch finanzierte Zeitspannen für die Dissemination der Erkenntnisse, die es derzeit nicht gibt. Es geht hier nicht um das Prinzip Gießkanne, wir sind den Wettbewerb gewöhnt und schätzen ihn, sondern um eine leistungsbezogene, den jeweiligen Bedürfnissen und Möglichkeiten angepasste Grundfinanzierung, die selbstverständlich immer wieder evaluiert werden soll.

In der Vergangenheit wurde von den Fachhochschulen immer wieder das Promotionsrecht eingefordert. Wie wichtig ist dieser Aspekt heute? Es ging uns nie um ein generelles Promotionsrecht. Unser Ziel sind weiterhin extern akkreditierte Doktoratsprogramme, vor allem zur Personalentwicklung im eigenen Haus, aber auch um Nischenbereiche abzudecken, in denen es an Universitäten keine oder kaum Promotionsmöglichkeiten gibt. Die Fachhochschulen haben beispielsweise teils Forschungsfelder, die es so anderswo nicht gibt, und hier auch die entsprechende wissenschaftliche Kapazität. Derzeit wird die Entwicklung der Fachhochschulen in diesem Bereich gebremst. Die kooperativen Doktoratsprogramme mit Universitäten sind hier ein erster Schritt: Die vielen und gleichzeitig auch hochwertigen Einreichungen in den ersten beiden Ausschreibungsrunden haben gezeigt, dass der Bedarf stark gegeben ist. Wobei es hier nie um Masse, sondern um Qualität und Entwicklungsmöglichkeit geht.

Die Fachhochschulen bekommen im Regelfall jährlich einige Hundert neue Studienplätze finanziert, seitens des Bundes. Dort und da ist seit einiger Zeit Kritik zu hören, dass es einen zu starken Fokus auf den MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik, Anm.) gibt. Einerseits blieben andere Fächer zu stark zurück, andererseits gebe es teils nicht genug qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber in diesem Bereich. Wie stehen Sie dazu? Ich bin für ein Wachstum der Studienplätze - und diese sind auch gefüllt, möchte ich betonen. Wir kommen hier unserem Auftrag sehr gut nach. MINT-Fächer sind einfach wichtig und es gibt den Bedarf aus der Wirtschaft, aber auch in anderen Bereichen sollte nun wieder etwas mehr getan werden. Beispielsweise im Bereich der Sozialen Arbeit sollten innovative, neue Studiengänge zugelassen werden. Ähnliches gilt für neue Masterstudiengänge im gesundheitswissenschaftlichen Bereich.