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Der Master wird immer noch falsch verstanden

Masterstudien sind gefragt. Aber aus welchem Grund sollte eigentlich ein Master gemacht werden?

"Der Magister heißt jetzt einfach Master, oder?" Fragen wie diese werden noch immer gestellt, auch viele Jahre nach der Einführung des Abschlusses im Rahmen des sogenannten Bologna-Prozesses. Nein, lautet übrigens die Antwort, ist er nicht. Aber was ist er nun genau, der Master?

Der Bologna-Prozess überführte unter anderem bisherige Diplomstudien in Bachelor- und Masterstudien. Die Idee: Nach dem ersten vollwertigen Hochschulabschluss sollte Praxis folgen, danach die Rückkehr an die Hochschule und Vertiefung oder Ergänzung des Wissens, der Kompetenzen. Masterstudien sind entsprechend eigenständige Studien, die entweder das Wissen aus Bachelorstudiengängen vertiefen oder neue Wissensgebiete erschließen.

In der Praxis kam es zu vielen Fehlern bei der Umsetzung, basierend auf einem missverstandenen Anspruch an die neuen Studien. In der ersten Generation wurden die Bachelorstudien von den Hochschulen oftmals überladen: Magisterstudienpläne wurden vielfach in die Bachelorstudien gezwängt. Das Resultat: Zum einen waren die Bachelorstudien übervoll und schwer absolvierbar. Zum anderen blieben in so manchem Bereich wenige exklusive, aufbauende Inhalte für Masterstudien. In der zweiten Generation wurden viele dieser Fehler behoben, die Bachelorstudien verschlankt und auf ihre Funktion als Grundlagenstudien fokussiert. Die Masterstudien bekamen Eigenleben: in Richtung Vertiefung für einschlägig im Bachelorstudium Vorgebildete oder in Richtung kompakte Grundlage für Fachfremde.

Auch aufseite der Studierenden kam es von Beginn an zu Missverständnissen: Die Mär, nur eine Kombination aus Bachelor- und Masterstudium ergäbe ein vollwertiges Studium, das im Bereich eines früheren Magisters liegt, hält sich vielerorts immer noch - sie ist dennoch weiterhin eine solche: Tatsächlich ist die Kombination im Umfang klar über dem Magister liegend - die Abschlüsse sind schlichtweg nicht direkt vergleichbar. Ein Muss ist der Master entsprechend nicht.

Leider hat die Wirtschaft vor allem in den Anfangsjahren der neuen Abschlüsse dazu beigetragen, die beschriebene Mär am Leben zu halten: Wie immer in der Geschichte neuer Abschlüsse (die flächendeckende Einführung des Magisters in den 60er- und 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts war nicht einfacher) wurde der Bachelorabschluss allein vorsichtshalber als unzureichend oder bessere Matura betrachtet. Heute ist der Abschluss deutlich breiter akzeptiert. Der Großteil der Studierenden schließt dennoch weiterhin direkt an das Bachelorstudium ein Masterstudium an - Tendenz allerdings seit Jahren sinkend, aus Bologna-Sicht eine gute Nachricht.

Warum - und vor allem: wann - sollte jemand also ein Masterstudium machen? Grundsätzlich ist ein solches wertvoll - es qualifiziert in einer immer herausfordernden beruflichen Umfeld weiter, je nach Hochschultyp mehr praktisch oder wissenschaftlich. Mustergültig führt der Weg dabei über ein Bachelorstudium und einige Jahre Berufserfahrung zur erneuten Entscheidung, in welcher Richtung ein Master die sinnvollste Ergänzung und Weiterqualifikation darstellt. Dies kann zum einen die Vertiefung im eigenen Fach sein - so waren die Masterstudien ursprünglich angelegt - aber auch der Einstieg in einen neuen Bereich, der Zusatzqualifikation bringt und das Tätigkeitsportfolio erweitert. Ein Beispiel hierfür sind Management- und Führungskompetenzen, die im Mittelpunkt von MBA-Studien (Master of Business Administration) stehen.

Wer eine Fach- bzw. Expertenkarriere anstrebt, sollte in der Regel die Vertiefung wählen, wer eine Managementkarriere im Auge hat, eher die Erweiterung.