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Bildungs- und Berufsberatung: Neutrale und persönliche Hilfe

Welche Aspekte im Leben bringen Menschen dazu, eine Bildungsberatung in Anspruch zu nehmen? Kommt der Höherqualifizierung eine größere Bedeutung zu als Umschulungen?

Aktuell sind bei der Bildungsberatung in Salzburg unter anderem soziale und medizinische Ausbildungen gefragt.
Aktuell sind bei der Bildungsberatung in Salzburg unter anderem soziale und medizinische Ausbildungen gefragt.

Nach über zwei Jahren im Banne des Coronavirus hat sich, neben der Arbeitswelt, auch die Bildungswelt gewandelt. An welchem Punkt in ihrem Leben gehen Menschen zur Bildungsberatung? Wie relevant ist diese Anlaufstelle in arbeitsmarktpolitischer Hinsicht?

Christine Bauer-Grechenig, Geschäftsführerin der BiBer Bildungsberatung, stand den "Salzburger Nachrichten" Rede und Antwort. BiBer ist die größte Partnerorganisation des Netzwerks Bildungsberatung Salzburg.

Welche Auswirkungen spüren Sie aufseiten der Bildungsberatung nach mehr als zwei Jahren Corona? Christine Bauer-Grechenig: Die Krise brachte schwierige wirtschaftliche Zeiten, unsichere Arbeitsverhältnisse und sich stark verändernde Berufsanforderungen - Stichwort: digitale Kompetenzen. Viele Ratsuchende brauchen nun vermehrt Unterstützung bei der Planung und Realisierung ihrer beruflichen und bildungsbezogenen Ziele. Sie schätzen die Möglichkeit, ihre ganz persönliche Situation neutral mit einer Expertin oder einem Experten der Bildungs- und Berufsberatung zu besprechen. Hier stehen nur die Interessen und Wünsche der Menschen im Mittelpunkt.

Als Folge von Corona kommen nun vermehrt Personen mit psychischen und körperlichen Belastungen und Einschränkungen zu uns. Wir beobachten auch, dass die Gruppe jener größer wird, die sich nach sehr langer Betriebszugehörigkeit aus diversen Gründen verändern möchten und daher viel Unterstützungsbedarf haben. Ein Teil der Ratsuchenden nahm und nimmt die erzwungene berufliche Auszeit als Anlass für einen Neubeginn und begibt sich auf die Suche nach einer Tätigkeit, die für sie Sinn macht und ihren Interessen entspricht.

Es gibt also aktuell einen stärkeren Wunsch nach Umschulungen? In die Bildungsberatung kommen seit der Krise mehr Personen mit dem Anliegen einer beruflichen Neuorientierung. Häufig sind es auch Menschen, welche ihren Arbeitsplatz verloren haben oder für sich keine Zukunft mehr in dem bisherigen Beruf sehen. Diese Personengruppe möchte neue persönliche und berufliche Wege gehen und sucht daher Hilfe bei uns.

Welchen Stellenwert nimmt das Bedürfnis nach Höherqualifizierung ein? Einige verfolgen mit der gewünschten Höherqualifizierung das Ziel, einen beruflichen Aufstieg zu erreichen. Andere möchten mehr berufliche Sicherheit erlangen. Oft ist es auch das Streben nach Selbstverwirklichung und persönlicher Weiterentwicklung, das zur Aufnahme eines Studiums oder einer Weiterbildung führt.

Möglichkeiten dabei sind die Lehre für Erwachsene sowie Berufsabschlüsse über Fachschulen oder Lehrgänge, ebenso wie das Nachholen der Matura auf den unterschiedlichen Abendschulen. Die Ablegung der Berufsreifeprüfung oder Studienberechtigungsprüfung für den Hochschulzugang und das Absolvieren eines Studiums sind ebenfalls gefragt. Oft werden diese Aus- und Weiterbildungen auch berufsbegleitend oder im Fernstudium gemacht.

An welchem Zeitpunkt in ihrem Leben wenden sich Menschen an Sie? Personen, die sich gerade in einer Übergangs- oder Umbruchsituation befinden, wenden sich am meisten an uns. Sie suchen Orientierung und Entscheidungshilfe - beispielsweise beim Übergang von der Schule in den Beruf oder in eine nächsthöhere Ausbildung wie einem Studium. Oder sie stehen im Arbeitsleben und möchten wieder die Schulbank drücken und eine zusätzliche Aus- oder Weiterbildung beginnen.

Auch Umbrüche wie Arbeitslosigkeit sowie Wiedereintritt in das Bildungssystem oder den Arbeitsmarkt nach längerer nicht erwerbstätiger Zeit sind Anlässe, in die Bildungsberatung zu kommen.

Wie würden Sie die arbeitsmarktpolitische Relevanz der Bildungsberatung einstufen? Die Bildungsberatung bildet eine Brücke zwischen den Angeboten der Bildungseinrichtungen und den Bildungswünschen der Interessierten, dadurch wird der Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt erleichtert. Je höher das Bildungsniveau ist, desto niedriger ist das Risiko, arbeitslos zu werden. Das bedeutet, dass eine Höherqualifizierung zu besseren Jobmöglichkeiten beiträgt.

Eine österreichweite Studie zu den Effekten und dem Nutzen der Wirkung in der Bildungsberatung belegt, dass nach der Inanspruchnahme einer Bildungsberatung die Bereitschaft zur Höherqualifizierung steigt und es zu beruflichen Veränderungen wie einer positiveren Perspektive auf die berufliche Zukunft, beruflichen Aufstiegschancen oder größerer Verantwortung am Arbeitsplatz kommt. Arbeitssuchende Personen generieren Ideen für die Stellensuche oder intensiveren ihre Bewerbungsbemühungen.

Wie genau läuft eine klassische Bildungsberatung ab? Im Mittelpunkt der Beratungstätigkeit stehen die umfassende bildungs- und berufsbezogene Orientierung und die Förderung der Selbstkompetenz unserer Ratsuchenden, damit diese die für sie richtigen und nachhaltigen Entscheidungen in Bezug auf ihre Aus- und Weiterbildungsanliegen treffen können. Jede Beratung ist ein Einzelgespräch, das etwa 50 Minuten dauert, kostenlos und vertraulich ist und in dem die Interessen und Bedürfnisse der Ratsuchenden Vorrang haben. Dafür braucht es eine Terminvereinbarung per Telefon, E-Mail oder online über eine Terminbuchungsseite.

Für die BiBer Bildungsberatung ist es eine gelungene Beratung, wenn Menschen nach dem Besuch bei uns orientierter, informierter und motivierter sind, ihre eigene Entscheidungsfähigkeit gestiegen ist und sie die nächsten Schritte auf ihrem Bildungs- und Berufsweg kennen.

Wem würden Sie empfehlen, bei Ihnen vorbeizuschauen? Alle Interessierten, die kleine oder große Fragen rund um ihre beruflichen oder bildungsbezogenen Entscheidungen haben, sind in der Bildungsberatung richtig. Ebenso, wenn man Orientierungshilfe bei der Vielzahl an Aus- und Weiterbildungen, Berufen und finanziellen Fördermöglichkeiten braucht und einen Überblick über die persönlichen Möglichkeiten bekommen will.

Eine Bildungsberatung kann hilfreich für alle Menschen sein, die vor einer Aus- oder Weiterbildungswahl stehen, die in einen Beruf einsteigen oder diesen wechseln möchten. Ebenso wie für jene, die einen Abschluss nachmachen wollen, um sich höher zu qualifizieren. Wir bieten auch Hilfe an, wenn jemand einen neuen Job sucht, Kurse und Lehrgänge besuchen oder Betätigungsfelder für die nachberufliche Phase entdecken möchte.

Offen ist die Bildungsberatung für alle zwischen 15 und 65 Jahren, unabhängig von Geschlecht oder Bildungsstand, mit inländischen wie auch ausländischen Qualifikationen und Berufserfahrungen, in Ausbildung, auf Arbeitssuche oder auch nach längerer Nichterwerbstätigkeit.