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Akademische Weiterbildung: Einheitlich, durchlässig, einladend?

Seit Oktober steht die akademische Weiterbildung in Österreich auf neuen Beinen. Obwohl mit der Gesetzesnovelle auch Verbesserungen kommen, gibt es Kritikpunkte. Stichworte: längere Dauer, größere Hürden, weniger unterschiedliche Abschlüsse. Was der neue Weg für Studierende, Unis und Hochschulen bedeutet.

Rund 4200 Studierende aus 58 Ländern in 30 verschiedenen Lehrgängen: Mit ihrem Programm ist die FH Burgenland nach der Donau-Universität Krems (DUK) als Uni für Weiterbildung die österreichweit zweitgrößte Anbieterin für akademische Weiterbildungen. Welche weniger gängigen Lehrgänge dazuzählen? "Wir bieten den Physiotherapie-Bachelor an, der sich an Therapeutinnen und Therapeuten richtet, die im Berufsleben stehen", nennt Bettina Schauer-Frank, die Vizerektorin für Studienangelegenheiten, ein Beispiel.

Weitere "Exoten" im Angebot sind etwa der Lehrgang "Intelligente Energiesysteme" am Standort Pinkafeld. Und an Spitzensportlerinnen und Spitzensportler richtet sich der "MBA Business Administration and Sport"; wer durch die aktive Karriere nicht die Möglichkeit hat, ein reguläres Studium zu absolvieren, kann rein online und besonders flexibel nebenher den Abschluss machen. Preislich liegen die meisten Lehrgänge derzeit bei rund 8500 Euro. Der Schlüssel lautet in etwa "140 Euro pro ECTS".

Was für Weiterbildungswillige nach großer Freiheit auf dem Weg zum Titel klingt, bringt für die Organisatoren nun viel Arbeit. Immerhin müssen Inhalte so angepasst werden, dass der Umfang der ECTS (ein solcher Punkt steht für 25 Echtstunden zu je 60 Minuten) zu den neuen Vorgaben des Bildungsministeriums passt. Und das hat Auswirkungen auf die Studierenden, erklärt Georg Pehm, Geschäftsführer der FH Burgenland: "Mehr geforderte ECTS bedeuten mehr Lerninhalte sowie mehr Prüfungen - und das wiederum kann zu einer längeren Dauer führen. Braucht ein Lehrgang mehr Zeit, wird er damit teurer."

Bild: SN/fh bgld
„Wir und unsere Mitbewerber werden es schwerer haben, internationale Studierende für unsere Lehrgänge zu gewinnen.“ Georg Pehm, FH Burgenland

Die Idee des Ministeriums: einheitliche Rahmenbedingungen für die hochschulische Weiterbildung schaffen - egal ob sie von Universitäten, Pädagogischen Hochschulen, Fachhochschulen oder Privatuniversitäten angeboten wird. Quereinsteigern soll das Lernen so schmackhaft gemacht werden.

Aus hochschulpolitischer Sicht ist dieses Ansinnen für Pehm nicht ganz verständlich. Beinahe täglich höre und lese er davon, wie wichtig Bildung und Qualifikation seien. Er befürchtet nun, dass Österreichs Universitäten und Fachhochschulen durch die Gesetzesnovelle samt gesteigertem Umfang der Inhalte ins Hintertreffen geraten könnten. "Wir und unsere Mitbewerber werden es schwerer haben, internationale Studierende von Argentinien bis Usbekistan für unsere Lehrgänge zu gewinnen", befürchtet Pehm.

Auch um die heimische Interessengruppe macht man sich im Burgenland Sorgen. "Wenn man Personen ansprechen und zum lebenslangen Lernen bewegen will, dann stehen viele von ihnen mitten im Berufsleben. Für sie sind Bachelor und Master in zumindest fünf intensiven Jahren neben Job und Familie nicht vorstellbar. Wer sich für eine Weiterbildung entscheidet, muss spüren, dass diese auch schaffbar ist", sagt Bettina Schauer-Frank.

Internationale Ansätze in Studien

Schauplatzwechsel nach Krems. Die Universität für Weiterbildung begrüßt das Reformpaket und startet mit dem Wintersemester 2023/24 mit neuem Plan. Neu ist dabei, dass zukünftig auch Bachelorstudien der Weiterbildung durchgeführt werden. Rektor Friedrich Faulhammer: "Universitätsintern findet derzeit ein Austausch hinsichtlich der Festlegung der neuen Zulassungskriterien und der Anrechnung von erworbenen Lernergebnissen statt, um weiterhin hohe qualitative Maßstäbe zu gewährleisten. Darüber hinaus werden transdisziplinäre sowie internationale Ansätze in den Studien noch stärker verankert sowie die neuen Bachelorcurricula mit den bestehenden Masterstudien bestmöglich verknüpft." Bisherige digitale und hybride Lernformate werden weiterentwickelt, innovative Elemente eingebettet.

Bild: SN/skokanitsch
„Hervorragende Möglichkeit, wissenschaftliche Weiterbildung noch stärker in der Gesellschaft zu verankern.“ Friedrich Faulhammer, Donau-Uni

Insgesamt sieht die Universität für Weiterbildung Krems die Gesetzesnovelle "als hervorragende Möglichkeit, wissenschaftliche Weiterbildung noch stärker in der Gesellschaft zu verankern". Schon vor der Reform habe man die wissenschaftliche Weiterbildung vorangetrieben.

Freilich kann auch FH-Burgenland-Geschäftsführer Georg Pehm der Novelle viel Positives abgewinnen. Er nennt die Einführung des außerordentlichen Bachelorstudiums und die gesetzliche Klarstellung, welche Bestimmungen für ordentliche und welche für außerordentliche Studien gelten. Dazu lobt er die langen Übergangsfristen. Diese seien hilfreich, um das Programm umzubauen und auch auf gesellschaftlich wichtige Themen wie Gesundheit, Klimawandel oder Digitalisierung zu reagieren. Dennoch bleibt für ihn ein schaler Nachgeschmack: "Die FH Burgenland gibt es seit 28 Jahren. Wir und andere haben umfassend bewiesen, dass wir Ausbildung auf akademischem Niveau können, und verstehen nicht ganz, warum man uns nun die Rute ins Fenster stellt."

Mit dem Reformpaket wird jedenfalls nicht zuletzt dem Wildwuchs an Titeln Einhalt geboten: Aktuell gibt es in der hochschulischen Weiterbildung mehr als 60 verschiedene akademische Titel. Sie reichen von Klassikern wie dem "Master of Science" bis hin zum "Master of Toxicology". Durch die Vielzahl an Titeln ist oft nicht klar, welche Qualifikationen damit verbunden sind. Das soll sich durch die Reform ändern.