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Vorstellungsgespräch: Daran erkennen Personaler Lügen

Im Bewerbungsgespräch kommt es oft darauf an, sich nicht durch eine ungewollte Reaktion selbst zu verraten. Erfahrene Personaler decken Lügen sofort auf.

Trotz Pokerface erkennen Personaler Lügen bei einem Vorstellungsgespräch.
Trotz Pokerface erkennen Personaler Lügen bei einem Vorstellungsgespräch.

Aus der Mimik lässt sich sehr viel herauslesen. Ein Großteil der menschlichen Kommunikation findet auf einer nonverbalen Ebene statt. "Nicht das, was wir inhaltlich sagen, sondern das, was wir mit Mimik und Körpersprache ausdrücken, beeinflusst hauptsächlich, wie unser Gegenüber uns wahrnimmt. Die richtige Deutung von Mimik ist daher ein fester Bestandteil unserer sozialen Interaktion", erklärt Christoph Trauttenberg, Director von Michael Page in Österreich.
Möchte man ein Pokerface entschlüsseln, muss man hinter die Maske der bewussten, steuerbaren Mimik, auch Makroexpression genannt, blicken. Entscheidend ist die Mikroexpression. Dabei handelt es sich um flüchtige, unbewusste Gesichtsausdrücke (zwischen 40 und 500 Millisekunden), die man nicht beeinflussen kann und die daher einen sehr ehrlichen Hinweis darauf geben, was eine Person gerade fühlt.

Stresssituation Bewerbungsgespräch

Besonders in stressigen Situationen rutscht schnell einmal eine kleine Lüge heraus. Etwa im Bewerbungsgespräch, wenn der Kandidat bemüht ist, sich von seiner besten Seite zu zeigen. Für jeden Personaler spielt daher die Interpretation der Körpersprache, die Mimik und Rhetorik eine besondere Rolle. "Mikroexpressionen fungieren als ,Untertitel' zum gesprochenen Wort und sind viel präziser als nur unsere Mimik. Wenn man einem Kandidaten im Vorstellungsgespräch richtig auf den Zahn fühlen will, sollte man in der Lage sein, Mikroexpressionen zu erkennen und zu interpretieren", erklärt Michael Meudt, ausgebildeter Mimikresonanztrainer und Kommunikationsberater. Ein klassisches Beispiel ist die Gehaltsverhandlung. "Wenn Sie einem Kandidaten eine konkrete Summe nennen, können Sie anhand seiner Mimik sehr schnell deuten, ob er mit der Summe zufrieden ist oder nicht", erklärt der Experte.

Verräterische Reaktionen beim Vorstellungsgespräch

Doch wie lässt sich eine Lüge im Vorstellungsgespräch von einer wahrheitsgemäßen Aussage unterscheiden? Lange Nasen gibt es zwar nur im Märchen, dennoch gibt es das eine oder andere Anzeichen dafür, dass gerade geschwindelt wurde. Hier 10 Beispiele, wie Personaler Lügen bei einem Bewerbungsgespräch erkennen:

1. Wiederholung der Frage
Wenn das Gegenüber die Frage fast exakt wiedergibt,
dann ist Vorsicht geboten.

2. Hinauszögern der Antwort
Wer sich unsicher ist, oder die Wahrheit verbergen möchte zögert die ANTWORT hinaus. Fragen wie "Wie haben Sie das gemeint?" oder "Können Sie diese Frage bitte wiederholen?" sind typisch um Zeit zu schinden.

3. Einstudierte Antwort
Wenn der Bewerber eine Antwort wie mechanisch wiedergibt, kann es darauf hinweisen, dass er diese im Vorfeld auswendig gelernt hat.

4. Plötzliche Veränderung der Körpersprache
Jeder Mensch hat eine individuelle Körpersprache, Mimik und Gestik. Beim Lügen verändert sich dieses Normalverhalten für gewöhnlich. Beißt sich der Gesprächspartner auf die Lippen, zupft er sich am Ohr oder reibt er sich die Hände, dann sollte man aufmerksam sein.

5. Das gefakte Lächeln
Ein ehrliches Lächeln zu imitieren ist gar nicht so einfach, da die Augen mitlachen (Lachfältchen).

6. Vermeidung von Blickkontakt
Während einer Lüge vermeiden viele Menschen den Blickkontakt. Am liebsten würden sie sich abschirmen und können deshalb dem Gegenüber nicht in die Augen schauen.

7. Erweiterte Pupillen
Das ist unmöglich zu beeinflussen: Ist jemand konzentriert oder angespannt, erweitern sich die Pupillen.

8. Schwitzen
Schwitzen allein ist an sich nichts Ungewöhnliches.Wischt sich das Gegenüber hingegen den Schweiß mit einem Taschentuch oder mit der Hand von der Stirn, ist das ein Alarmsignal.

9. Räuspern und Schlucken
Wenn jemand vor seiner Antwort schluckt oder sich räuspert, ist Vorsicht geboten. Räuspern oder Schlucken nach der Antwort ist unverdächtig.

10. Beschäftigung mit Gegenständen
Jemand, der gerade eine Lüge erzählt, räumt plötzlich gern sein Umfeld auf. Das Telefon muss zurechtgerückt werden, der Bleistift liegt nicht an seinem Platz und auch der Kalender steht nicht dort, wo er stehen sollte.

Authentische Reaktionen - Achtung vor Fehlinterpretationen!

Da Mikroexpressionen unbewusst stattfinden und nicht beeinflusst werden können, sind sie sehr authentisch. Dennoch sollte man aufgrund eines einzelnen Indizes wie eines Zuckens oder Errötens nicht automatisch davon ausgehen, dass das Gegenüber lügt. Jeder Mensch hat individuelle Sprechmuster und Angewohnheiten. Ein erhöhter Stresspegel, wie in einer Bewerbungssituation ganz natürlich, wirkt sich auf die gesamte Körpersprache aus, führt zu vermehrtem Blinzeln oder dazu, sich öfter ins Gesicht zu fassen. Eindeutige Hinweise auf eine Lüge sind das nicht. In der Psychologie geht man davon aus, dass Lügen lebensnotwendig sind. Sie erleichtern den Tagesablauf und fördern ein gutes Auskommen mit den Mitmenschen. Glaubt man diversen Studien, lügt der Mensch etwa 200 Mal am Tag.