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Muss ich alle Anforderungen in einer Stellenanzeige erfüllen?

Eine Anzeige für eine offene Stelle gleicht häufig einer langen Einkaufsliste. Vor allem die Voraussetzungen bzw. Anforderungen an die Bewerber und Bewerberinnen scheinen kein Ende zu nehmen und schrecken einige davon ab, die Bewerbungsunterlagen abzusenden. Grundlos?

Stellenanzeigen führen oft eine lange Liste von Anforderungen an. Doch nicht alle müssen unbedingt erfüllt werden.
Stellenanzeigen führen oft eine lange Liste von Anforderungen an. Doch nicht alle müssen unbedingt erfüllt werden.

Geht es nach den Stellenanzeigen, sind Arbeitgeber auf der Suche nach einem wahren Wunderkind. Einem Mitarbeiter, der von A bis Z alles mitbringt, was zur Erfüllung der Position notwendig ist und noch ein paar Extras darüber hinaus. Für viele Jobsuchende können Anforderungsprofile abschreckend wirken. Wer nicht 100% erfüllt, braucht es gar nicht erst zu versuchen. Vor allem für junge Menschen, die nach der abgeschlossenen Ausbildung erstmalig am Arbeitsmarkt Fuß fassen möchten, scheint es keine passenden Stellenanzeige zu geben. Denn jahrelange Berufserfahrung mit einer Reihe an einschlägigen Kenntnissen ist oft Voraussetzung.

Doch es wäre falsch sich von den Stellenanzeigen sofort einschüchtern zu lassen, denn Unternehmen setzen mit dieser Strategie auf eine gute Selbsteinschätzung der Bewerber und Bewerberinnen.

Stellenanzeigen richtig verstehen

Geht es nach den den Stellenausschreibungen in Jobbörsen, dann braucht man sich ohne Harvard-Abschluss oder Nobelpreis gar nicht die Mühe machen, eine Bewerbung zu verfassen. Eines sei aber vorweg gesagt: Unternehmen geht es in erster Linie darum, durch das Anführen von Voraussetzungen, ungeeignete Kandidaten rechtzeitig zu informieren. So vermeidet man gleich vorweg eine Flut an Bewerbungen. Und genau hier kommt die Selbsteinschätzung ins Spiel. Interessenten müssen selbst entscheiden, ob sie durch ihre bisherige Ausbildung, ihre Arbeitserfahrung und ihre eigene Motivation geeignet für diesen Job sind und sich die Erfüllung der Aufgaben zutrauen.

Beim Durchsehen einer Stellenanzeige fallen häufig folgende Formulierungen an:

  • "Sie bringen unbedingt mit..."
  • "Es wird vorausgesetzt…"
  • "Sie sollen Kenntnisse in…mitbringen"
  • "Sie beherrschen uneingeschränkt…"


Fallen Ihnen diese Formulieren ins Auge, dann sind diese Kriterien für das suchende Unternehmen besonders wichtig. In diesem Fall handelt es sich um Spezialisierungen, Kenntnisse und Erfahrungen, die für die Erfüllung des Jobs nötig sind. Neben fachlichen Kompetenzen können hier auch sogenannte 'soft skills' wie Teamfähigkeit, Führungskompetenz und Empathie gefragt sein. Können nicht alle Anforderungen erfüllt werden, heißt das aber nicht automatisch, dass es keine Chance gibt, Wer andere interessanten Fähigkeiten mitbringt und motiviert und wissensbegierig ist, kann mit anderen Stärken punkten.

Etwas lockerer sieht es bei diesen Phrasen aus:

  • "wünschenswert",
  • "vorzugsweise",
  • "von Vorteil",
  • "Hilfreiche wären Kenntnisse in…"


Sollten Sie eine oder mehrere dieser Anforderungen nicht erfüllen, dann haben Sie keine Hemmung und senden Sie Ihr Bewerbungsschreiben ab. Diese Voraussetzungen könnten Ihnen im direkten Vergleich mit den restlichen Bewerbern zwar einen Vorteil verschaffen, sind aber nicht unbedingt notwendig um die Stelle anzutreten. Hier handelt es sich meist um Fähigkeiten, die auch nach dem Jobantritt erlernt werden können, wie zum Beispiel der Umgang mit einem speziellen Computerprogramm.

Die Verantwortlichen im Unternehmen wissen, dass es geeignete Bewerber und Bewerberinnen gibt, die womöglich nicht alle Anforderungen erfüllen. Das ist sogar wünschenswert, denn neue Erfahrungen und Ideen und ein neuer Blick auf Dinge, kann für die Abteilung bzw. das gesamte Team gewinnbringend sein.

Fachliche Kompetenzen & Soft Skills

Neben dem Fachlichen spielen auch die bereits erwähnten 'soft skills" eine wichtige Rolle. Je nach Job wird nach Team-, oder Kommunikationsfähigkeit, Hands-on Mentalität und/oder Lernbereitschaft gefragt. Diese Fähigkeiten können Arbeitgeber aus einem Lebenslauf schwer entnehmen, daher wird darauf vor allem beim Bewerbungsgespräch oder Assessment Center geachtet.

Wenn es um die soft skills geht, sollten Sie auch ehrlich zu sich selbst sein. Wenn Sie den Kontakt zu Menschen schon immer gemieden haben, ist eine Verkaufsstelle wohl vermutlich nicht die richtige Wahl. In diesem Fall werden Sie den Job nicht zur Zufriedenheit der Arbeitgeber erfüllen können und auch Ihnen wird es schwer fallen, sich gut einzuleben.

Welche Anforderungen werden in Zukunft gefragt sein?

Eine LinkedIn Studie aus dem Jahr 2017 zeigt auf, welche hard,- und soft skills aktuell und in 10 Jahren gefragt sind. Für die Studie zog das weltweit größte online Karrierenetzwerk deutsche Vorstände und Personalverantwortliche heran. Bei den hard skills sind keine signifikanten Veränderungen zu erkennen. Hier die Top 5:

Rang Aktuell In 10 Jahren
1 Datenanalyse und Interpretationsfähigkeit Wissensmanagement
2 Wissensmanagement Datenanalyse und - Interpretationsfähigkeit
3 Projektmanagement Projektmanagement
4 Change-Management Change-Management
5 Social Media Kenntnisse Unternehmensführung


Bei den Soft Skills hingegen sind klare Unterschiede zu erkennen:

Rang Aktuell In 10 Jahren
1 Kritikfähigkeit Funktionsübergreifende Kompetenzen
2 Entscheidungsfähigkeit Gesprächs-und Verhandlungsfähigkeit
3 Gesprächs- und Verhandlungsfähigkeit Mitarbeiterführung
4 Mitarbeiterführung Kritikfähigkeit
5 Unternehmergeist Interkulturelle Kompetenzen

Auch der deutsche Hochschul-Bildungsreport des Stiftverbandes für die Deutsche Wissenschafte e.V. hat sich mit dem Thema 'Future-Skills' auseinandergesetzt. Im Bericht von 2020 werden folgende digitale siwue nicht-digitale Fähigkeiten erwähnt:

  • Kreativität
  • Problemlösungsfähigkeit
  • Fokus
  • Digital Literacy
  • Agilität
  • Kollaboration
  • Datenanalyse
  • Tech-Translation
  • Webentwicklung

Spricht Sie eine Stellenausschreibung an, dann bewerben Sie sich, auch wenn Sie nicht alle Anforderungen erfüllen können. Hören Sie auch auf Ihr Gefühl, denn wenn Sie schon im Vorhinein wissen, dass Sie sich bei der Tätigkeit unwohl fühlen, dann können Sie keine für sich und für Ihren Arbeitgeber zufriedenstellende Leistung erbringen.