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Bewerbungsgespräche führen - Zeit für zeitgemäße Interviews

Die Zeiten der Bewerber als Bittsteller sind vorbei. Heute suchen sich die Bewerber eher die Firma aus. Zeit also, auch die Bewerbungsgespräche zu ändern.

<strong>Beim Treffen</strong> mit Kollegen, Vorgesetzten oder Personalisten zählen richtiges Auftreten und sprachliche Kompetenz. 
<strong>Beim Treffen</strong> mit Kollegen, Vorgesetzten oder Personalisten zählen richtiges Auftreten und sprachliche Kompetenz. 

Die Bewerbungsabläufe ändern sich. Das ist der Zeit und dem Arbeitsmarkt geschuldet. Denn in Zeiten des allgemeinen Fachkräftemangels ist es oft nicht mehr so, dass sich die Firmen vor lauter Bewerbern nicht mehr retten können, sondern eher umgekehrt. Es wird für die Unternehmen immer wichtiger, sich als interessanter Arbeitgeber zu profilieren. "Employer Branding" nennt sich diese Entwicklung, also die Etablierung als attraktive Arbeitgebermarke.

Jobsucher wählen sich also mittlerweile ihre Arbeitgeber aus. Deshalb müssen sich aber auch die Vorstellungsgespräche ändern. "An der Auswahl durch das Unternehmen zieht die ,Überzeugung' der Bewerber als Gesprächsziel vorbei", sagt Manfred Böcker von der deutschen Plattform Softgarden. Er hat deshalb auf Basis einer Umfrage fünf Hinweise entwickelt, wie solche Gespräche in Zukunft ablaufen sollten.

1. Gespräch auf Augenhöhe führen

Eine große Mehrheit der Bewerber wünscht sich "Augenhöhe" in Vorstellungsgesprächen. Das setzt die Wertschätzung der Bewerber voraus - in Worten und im Verhalten. Dazu gehört etwa, frische Getränke anzubieten oder Bewerber nicht lange warten zu lassen. Nach Bewerberberichten wird diese selbstverständliche Gastfreundschaft derzeit nicht in allen Unternehmen gelebt. Zu einem Gespräch auf Augenhöhe gehört zudem die Art der Gesprächsführung: Führen Sie als Recruiter das Bewerbungsgespräch eher als Dialog mit dem Bewerber statt als Inquisitionstribunal? Dann sind Sie auf dem richtigen Weg. Es geht eben nicht mehr nur darum, Bewerber "auszuwählen", sondern sie zu überzeugen.

2. Freundliche, ungezwungene Atmosphäre schaffen

Eine angenehme Gesprächsatmosphäre genießt deshalb aus der Perspektive der Bewerber eine besonders hohe Priorität. Echtes Interesse an den Kandidaten und Freundlichkeit sowie die richtige Dosis Humor können hier Gutes bewirken und die Situation entkrampfen. Es bietet keinerlei Vorteil, den Bewerbern Angst zu machen oder sie unter Druck zu setzen. Wollen Sie die Kandidaten besser kennenlernen, das heißt so erleben, wie sie tatsächlich sind? Dann sorgen Sie für ein angenehmes Vorstellungsgespräch. Die Bewerber behalten Sie und Ihr Unternehmen selbst dann in guter Erinnerung, wenn das Bewerbungsgespräch nicht in ein Arbeitsangebot mündet.

3. Die Kandidaten kennenlernen - schon vor dem Bewerbungsgespräch

Echtes Interesse setzt den Willen voraus, sich ernsthaft mit Jobbewerbern zu beschäftigen. Bei der Suchkombination "Bewerber Vorbereitung Vorstellungsgespräch" spuckt die Suchmaschine Google aktuell mehr als 400.000 Treffer im deutschsprachigen Internet aus. Von den Altmeistern "Hesse/Schrader" bis zur "Karrierebibel" predigen alle den Bewerbern, sich unbedingt gewissenhaft auf die Gesprächspartner vorzubereiten. Auf der anderen Seite verfahren Recruiter jedoch häufig nach dem altrömischen Prinzip "Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen noch lange nicht erlaubt". "Bewerber berichten darüber, dass Recruiter wie Hiring Manager ihre Unterlagen gar nicht oder nicht gründlich lesen", erzählt Böcker: "Das ist zutiefst unhöflich und widerspricht den Prinzipien von Augenhöhe, Wertschätzung und Interesse."

4. Unternehmen und Arbeitswelt transparent machen

Nichts ist so überzeugend wie die Wirklichkeit: Reale Kontaktpunkte bieten die beste Gelegenheit, interessante Bewerber für das Unternehmen zu gewinnen. Erweitern Sie deshalb nach Möglichkeit den Kontaktradius: Geben Sie Jobkandidaten die Gelegenheit zu einem Rundgang durch den Betrieb, zum Kennenlernen des künftigen Arbeitsplatzes oder zum Gespräch mit den künftigen Kollegen.

5. Jobs besser verkaufen

Bewerber interessiert im Vorstellungsgespräch vor allem, welche Aufgabe im Unternehmen auf sie wartet. In den meisten Bewerbungsgesprächen wird dieser Informationswunsch aktuell enttäuscht, die Frage nach den mit dem Job verbundenen Perspektiven nur selten hinreichend beantwortet. Insbesondere für professionelle Recruiter aus der Personalabteilung sind mit den Jobs verbundene Arbeitsinhalte, -abläufe und -methoden häufig ein unsicheres Terrain. "Machen Sie sich vor dem Vorstellungsgespräch damit vertraut, worin die Aufgabe besteht", rät der Experte: "Holen Sie sich im Zweifel Unterstützung aus der Fachabteilung." Bewerber werden in erster Linie nicht mithilfe von Produkten aus der Personalabteilung überzeugt, sondern durch die Attraktivität des angebotenen Jobs.