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Bildung ist die Basis für Demokratie

Bildung wird vererbt. Chancengleichheit gibt es nur durch gleichen Zugang zur Bildung. Welchen Stellenwert nehmen Integration und politische Bildung ein? Ein Gespräch zum Thema.

Bildung ist die Basis für Demokratie
Bildung ist die Basis für Demokratie

"Bildung ist nicht das Lernen von Fakten. Es ist vielmehr die Schulung des Geistes", sagte einst Albert Einstein. Das Feld der Bildung ist ein vielschichtiges - wir sprechen hier nicht nur von Aus- und Weiterbildung, sondern von vielen Bereichen, die das Leben betreffen.

Andrea Klambauer ist Salzburger Landesrätin für Chancengleichheit, Jugend und Generationen, Wissenschaft und Integration. Sie stand den "Salzburger Nachrichten" im Gespräch rund um das Thema Bildung Rede und Antwort.

Frau Klambauer, Sie sind Landesrätin für Chancengleichheit: Diese gibt es ja nur, wenn alle Menschen gleichen Zugang zur Bildung haben. Wie sehen Sie die Lage diesbezüglich in Österreich? Andrea Klambauer: Chancengerechtigkeit beginnt bei den Kleinsten. Wir sehen, dass gerade die elementare Bildung der größte Hebel ist, um benachteiligten Kindern Bildungschancen zu ermöglichen. Die Verbesserungen in diesem Bereich haben für mich Priorität - nämlich Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, auf Kinder individuell einzugehen. So hat Salzburg den besten Fachkraft-Kind-Schlüssel in der Kleinkindbetreuung und im Kindergarten in Österreich, nämlich sieben Kinder pro Fachkraft. Positiv bewerte ich die Sprachförderung, die Kindern einen besseren Schulstart ermöglicht. Bildung beginnt jedenfalls vor dem ersten Schultag und endet auch nicht am letzten.

Bild: SN/www.neumayr.cc
Es geht um Ermutigung, die vorgezeichneten Pfade zu verlassen.
Andrea Klambauer, Landesrätin, Land Salzburg

Der Bildungsgrad der Eltern wird weitergegeben, heißt es - was halten Sie von der sogenannten vererbbaren Bildung? Das österreichische Bildungssystem erfordert die Mitarbeit der Eltern. Es wird erwartet, dass ein Elternteil, sehr oft ist das die Mutter, das Kind mehrere Jahre unterstützt. Gerade mit einer höheren Frauenerwerbsquote braucht es auch ein Schulsystem, das für Kinder auch ohne elterliche Unterstützung funktioniert.

Dazu gehört der Ausbau von Ganztagsschulen und Ferienbetreuung in den Gemeinden. Es gibt noch immer Rahmenbedingungen, die es Kindern mit Migrationshintergrund oder aus armutsbetroffenen Familien deutlich schwerer machen, schulischen Erfolg zu haben.

Wie lässt sich dieses Muster durchbrechen? Positiv sehe ich die verbesserten Bedingungen, dass nach einer Lehre weitere Bildungsabschlüsse zugänglich sind. Ganz persönlich war ich auch die Erste in unserer Familie, die einen akademischen Abschluss erreicht hat. Die Statistik zeigt deutlich, dass dies für Kinder von Nichtakademikern noch immer selten ist. Hier geht es auch um Ermutigung, die vorgezeichneten Pfade zu verlassen. Gerade mit dem Girls' Day und dem Karriere-Check gehen wir in Salzburg auf die individuellen Interessen und Begabungen bei der Berufswahl ein.

Wie wichtig ist politische Bildung heutzutage? Für das demokratische Wertebewusstsein ist es in einer liberalen Gesellschaft nie zu früh. Bereits Kinder in der Volksschule erleben, dass es bei jedem Thema unterschiedliche Standpunkte gibt und dass es einen Grund gibt, warum diese Standpunkte vertreten werden. Sie lernen unterschiedliche Interessen abzuwägen, zu hinterfragen und sich eine Meinung zu bilden. Wird das im Unterricht vermittelt und geübt, so ist dies altersgerechte politische Bildung.

An welchen Schnittstellen sollte politische Bildung in jedem Fall ansetzen - und ab welchem Alter sollte diese bereits unterrichtet werden? Politische Bildung kann Jugendliche bei der Entwicklung von selbstständigen Urteilen und kritischem Denken sowie sozialem Verständnis unterstützen. Dies ist die Basis für Demokratie.

Es geht nicht darum, dass Jugendliche wissen, wie ein Landtag gebildet wird. Sondern darum, dass sie verstehen, dass für eine liberale Demokratie nicht nur die freie Wahl ausschlaggebend ist, sondern unabhängige Medien, Grundrechte und ein funktionierender Rechtsstaat maßgeblich sind.

Die Vermittlung dieser demokratischen Werte kann bereits bei Kindern beginnen und in der Schule sowie in der Jugendarbeit und in der Freizeit erfolgen. Politik ist der Platz, wo wir uns ausmachen, wie wir miteinander leben.

Welchen Stellenwert nimmt Bildung in Sachen Integration ein? Integration besteht aus unterschiedlichen Aspekten. Vielfach wird die Arbeitsmarktintegration als Gradmesser herangezogen. Man würde annehmen, dass gute Bildung zu einer schnellen Integration führt. Doch so einfach ist es nicht, denn Qualifikationen müssen anerkannt und Deutschkenntnisse erworben werden. Daher fällt es niedrigqualifizierten Menschen oft leichter, mit Hilfstätigkeiten Arbeit zu finden.

Deutschkurse sind jedenfalls ein wichtiges Element und wir haben in Salzburg viel dafür getan, damit die Sprache schneller erworben wird. Das wird sehr positiv wahrgenommen, auch von der Bevölkerung. Wir beginnen bereits bei Asylwerbenden mit Deutschkursen und kümmern uns um Kinderbetreuung, damit gerade auch Mütter die Sprache lernen können.

Integrieren sich Flüchtlinge, die bereits gut ausgebildet sind, leichter oder bringen Ausbildungen vor Ort in Österreich die Menschen eher voran? Mir ist wichtig, dass Menschen aus anderen Ländern bei uns ihren Schulabschluss nachholen können, denn das ist Voraussetzung für jede Ausbildung. Gerade die Lehre bietet hier großartige Möglichkeiten.

Ich sehe Integration ganzheitlich, denn es braucht auch eine soziale Integration, also ein Netzwerk an Freunden und Bekannten, sowie eine dauerhafte Wohnmöglichkeit, um sich angekommen zu fühlen.

Und man muss auch darüber reden, dass viele Geflüchtete über Jahre nicht arbeiten dürfen. Das sind für die Betroffenen oft verlorene Jahre und der Arbeitskräftebedarf in Salzburg wäre sehr hoch.