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"Women on Stage" - Entfalten statt entsprechen

Frauen werden in der Pandemie zunehmend unsichtbar. Mit Women on Stage begleitet Claudia Novak Frauen auf ihre Bühnen.

Mit der Gründung von Woman on Stage möchte Claudia Novak einen Beitrag dazu leisten, dass mehr Frauen auf „den Bühnen dieser Welt“ ihr volles Potenzial zum Ausdruck bringen.
Mit der Gründung von Woman on Stage möchte Claudia Novak einen Beitrag dazu leisten, dass mehr Frauen auf „den Bühnen dieser Welt“ ihr volles Potenzial zum Ausdruck bringen.

Eigentlich wollte sie Rockstar oder Fotografin werden. Claudia Novak studierte dann doch "brav" Jus, um vermeintlichen Erwartungen zu entsprechen. Die ehemalige Rechtsanwältin und Kuratorin der TEDx coacht heute Frauen, damit sie ihr individuelles Potenzial entfalten und auf den Bühnen ihres Lebens zum Ausdruck bringen können. Ein Gespräch über die Unsichtbarkeit von Frauen, den falschen Druck von Female Empowerment und über eine gewisse Angstlust, die wir brauchen, um das Rampenlicht zu genießen.

Frau Novak, warum motivieren Sie Frauen, die Bühne zu erobern? Claudia Novak: Viele Frauen machen sich klein, trauen sich selbst zu wenig zu, sie denken, sie seien nicht gut genug. Wenn sie dann vor Menschen sprechen sollen, winken sie oft ab. Stellen Sie sich vor, wie viele Blickwinkel und Ideen es deshalb nicht in den öffentlichen Diskurs geschafft haben und wie wertvoll diese gewesen wären.

Sie sagen, es gehe nicht nur darum, Frauen auf die äußere Bühne zu bekommen. Zuerst sei es die innere Bühne, die Aufmerksamkeit brauche. Was meinen Sie damit? Unsere innere Bühne ist der eigentliche Schlüssel. Wenn ich hier Klarheit spüre, dann ist der Schritt auf eine physische, äußere Bühne nicht mehr so furchteinflößend. Deshalb arbeite ich gerne zuerst auf der inneren Bühne, zum Beispiel an Selbstzweifeln und der inneren Kritikerin, die viele in sich tragen. Wenn ich mir klar werde, wofür ich stehe und was ich wirklich sagen möchte, dann fühlt es sich plötzlich ganz leicht an und geht wie von selbst.

Von Frauen hört man: "Ich kann das nicht, da gibt es andere, die wissen mehr dazu." Das basiert oft auf dem Trugschluss, große Weisheiten predigen zu müssen, damit es Wert genug hat, um verkündet zu werden. Dadurch entsteht Druck, der einschüchtert. Ich animiere dazu, sich den Druck zu nehmen, einfach den eigenen Blickwinkel zu teilen. Es geht nicht darum, zu beeindrucken, sondern darum, mit dem Publikum in Verbindung zu treten und in Resonanz zu sein.

Ob als Expertinnen, Medizinerinnen oder Unternehmerinnen - Frauen sind in der Öffentlichkeit unterdurchschnittlich sichtbar. Hat die Pandemie uns hier weiter zurückgeworfen? Ja, die Pandemie hat hier sicherlich ein bestehendes Grundmuster weiter befeuert. Frauen bleiben brav im Hintergrund und halten Männern den Rücken frei. Sie kümmern sich vermehrt ums Homeschooling, ums Mittagessen und pflegen Angehörige. Für viele Frauen wäre aber gerade jetzt die Zeit, in der sie das Fundament für ihre berufliche Laufbahn legen könnten - oder eben auch nicht.

Sie sagen ja, dass zu viel Female Empowerment manchmal sogar destruktiv sein könne. Was meinen Sie damit? Ist mehr Chancengleichheit denn nicht wünschenswert? Chancengleichheit ist nicht wünschenswert, sie ist überfällig! Ich meine damit, dass der Schuss auch nach hinten losgehen kann, wenn Female Empowerment mit Druck verbunden ist. Viele Unternehmen wollen in Sachen Diversität und Geschlechtergerechtigkeit aufholen. Dieser Druck kommt bei den Frauen an. Das ist der Druck, erfolgreiche Businessfrau und gleichzeitig perfekte Mutter zu sein und dabei blendend aussehen zu müssen. Das ist doch Irrsinn! Ich will den Druck hier rausnehmen und uns vom Idealbild der perfekten Powerfrau befreien.

Dr. Claudia Novak wuchs im Innviertel auf, ging in Melbourne zur Schule und studierte in Wien und Paris. Als Juristin war sie unter anderem für die Europäische Kommission in Brüssel tätig.