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Was sich Führungskräfte von Jürgen Klopp abschauen können

Er erkennt Talent, vertraut auf sein Team und folgt einer klaren Strategie. Die ehemalige Rekordspielerin des ÖFB-Frauen-Nationalteams Nina Burger hat sich Jürgen Klopps Führungsstil genauer angeschaut.

Jürgen Klopp (l.) holte mit dem FC Liverpool kürzlich die englische Meisterschaft.
Jürgen Klopp (l.) holte mit dem FC Liverpool kürzlich die englische Meisterschaft.

Es ist die Sensation im englischen Fußball. Nach 30 Jahren holte der FC Liverpool Ende Juni die englische Meisterschaft. Maßgeblich für diesen Erfolg verantwortlich ist der deutsche Trainer Jürgen Klopp. Der 53-Jährige gilt international als Ausnahmeerscheinung unter erfolgreichen Fußballtrainern.

"Jürgen Klopp ist mehr als ein Coach. Er ist eine Führungskraft in Reinkultur", sagt Profifußballerin Nina Burger (siehe Interview unten). Die ehemalige Rekordspielerin des ÖFB-Frauen-Nationalteams und neuerdings Leiterin des Damenteams des First Vienna FC hat sich Jürgen Klopps Führungsstil genauer angeschaut. Gemeinsam mit WU-Executive-Academy-Professor Jonas Puck, der erforscht, welche Parallelen es zwischen Profifußball und Arbeitswelt gibt, erklärt die Rekordtorschützin, welche von Klopps Führungsstärken auch für Chefinnen und Chefs in Betrieben große Bedeutung haben.

Klopps Selbstvertrauen überträgt sich auf die Spieler

Im Fußball geht es in erster Linie um Talent, um Können und um harte Arbeit, weiß Nina Burger. Jürgen Klopps Erfolg basiere zusätzlich stark auf großem Selbstvertrauen. "Klopp selbst bringt das Selbstvertrauen und die Überzeugung mit, die es braucht, um ein Spitzentrainer von Weltformat zu sein", so Burger. Diese Aura übertrage sich auf die Mannschaft. "Sobald die an sich glaubt, besteht die Möglichkeit, über sich selbst hinauszuwachsen", so Burger. Innere Stärke übertrage sich auf Spieler wie auch auf Mitarbeitende. Jürgen Klopp entfacht für Burger außerdem wie kaum ein anderer Trainer die Leidenschaft seiner Spieler. "Um im Fußball ganz nach oben zu kommen, musst du die Gefühle und Emotionen der Spielerinnen oder der Spieler erreichen. Dann brennen sie für jedes Spiel", erklärt die Profispielerin. In die Arbeitswelt übertragen heiße das: Führungskräfte, die mit Selbstvertrauen und Leidenschaft ans Werk gingen, steigerten auch bei ihren Mitarbeitenden die Motivation und seien selbst zufriedener. Wichtig im Fußball wie im Business seien zwischendurch genügend Pausen.

Er erkennt Talente und lässt sie reifen - sie gehen dafür für ihn durchs Feuer

Wie der deutsche Star-Trainer aus guten Spielern ausgezeichnete macht, skizziert Jonas Puck. Jürgen Klopp sei auf Augenhöhe mit seinen Spielern. Er gestehe ihnen Fehler zu und gebe ihnen Zeit, sich zu entwickeln. "Er hat ein außergewöhnliches Gespür für Talent und lässt Talente reifen. Die gehen dafür für ihn durchs Feuer. Noch in Dortmund hat er aus eher unauffälligen Fußballern wie Robert Lewandowski echte Top-Stars gemacht", so Puck. Klopp fördere aber nicht nur, er fordere auch ganzen Einsatz. Wer dazu nicht bereit sei, habe im Team keinen Platz. Führungskräfte könnten sich von Klopp abschauen, den Fokus auf den Einsatz der Mitarbeitenden zu richten. Aus Sicht des WU-Professors sind für eine transparente Leistungsbeurteilung Ziele wichtig, die messbar, klar kommuniziert und realistisch erreichbar sind.

Der Star-Trainer folgt einer klaren Strategie, adaptiert diese aber auch

Um im internationalen Fußball sein Team an die Spitze zu bringen, braucht ein Trainer eine klare Strategie. Dies bezeichnet Nina Burger als weitere Führungsstärke. Jürgen Klopp habe seine klare Idee, wie erfolgreicher Fußball funktionieren könne, sei aber offen für Änderungen. "Er setzt zwar konsequent auf seine bewährten Methoden, passt diese aber stets vorsichtig an neue Gegebenheiten an. Viele Elemente des Liverpooler Spielsystems kennt man bereits aus Dortmund oder Mainz, andere wurden erst in Liverpool entwickelt. Die Elemente entwickeln die Spielidee weiter, ohne sie zu revolutionieren", so Burger. Aufgrund dieser Stabilität wisse jeder Spieler genau, was er in welchem Moment zu tun habe. Klopp denke von einem Spiel zum nächsten, verliere aber dabei die langfristige Spielidee nicht aus den Augen. Nina Burger überträgt die Herangehensweise auf das Management: "Wenn das Team weiß, wie es zusammenarbeiten soll, erhöht das die Teameffizienz. Bei besonderen Kompetenzen oder in außergewöhnlichen Situationen wie der Covid-19-Pandemie ist es aber sinnvoll, Strukturen oder Prozesse anzupassen." In Zeiten hoher Mitarbeiterfluktuation empfehlen Burger und Puck noch eine Führungsstärke Jürgen Klopps. Der Trainer setze auf Beständigkeit im Team. Der innere Kern der Mannschaft bestehe seit Langem beinahe unverändert. Das bringe Kontinuität. Bevor Klopp einen neuen Spieler aufnehme, spreche er persönlich mit ihm. Jonas Puck zieht die Parallele ins Personalmanagement von Unternehmen: Das Bauchgefühl ist auch bei potenziellen neuen Mitarbeitenden relevant. Die Chemie muss passen.