Arbeitswelt

Von Beruf Snowboarder: Freestyle-Sportler auf Höhenflug

Athlet Leon Vockensperger darüber, wie er sich auf dem Brett nach oben gekämpft hat.

Kämpft mit viel Ehrgeiz für seine Träume: Freestyle-Snowboarder Leon Vockensperger. SN/www.redbullmediahouse.com
Kämpft mit viel Ehrgeiz für seine Träume: Freestyle-Snowboarder Leon Vockensperger.

Als er das erste Mal auf einem Snowboard steht, ist er drei Jahre alt. Sein Vater, selbst passionierter Wintersportler, befestigt ein Gummiband zwischen sich und seinem Sohn und kann ihn so mit sich führen. Gemeinsam bauen die beiden kleine Hügel im Schnee, um anschließend drüberzufahren und Abenteuer zu erleben. Der Vater entfacht in dem Kleinkind eine große Liebe zum Schnee und zum Brettsport. Heute ist Leon Vockensperger 22 Jahre alt - und Olympiasportler in der Disziplin Freestyle-Snowboarden. Mit 13 kam der Athlet auf das Sportinternat der Christophorusschule in Berchtesgaden, die Ausbildungsstätte für den deutschen Nachwuchs im Winterprofisport.

Knapp in den Kader geschafft

Es sei eine knappe Entscheidung gewesen, dass er in den Kader hineinkam, erzählt Vockensperger. "Es gab eine Woche am Hochkönig, da haben sich die Trainer vom Verband potenziellen Nachwuchs beim Snowboarden angeschaut, um zu entscheiden, wen sie ins Team aufnehmen." Die Mädchen und Buben präsentieren die Tricks, die sie bereits gelernt haben. Denn beim Freestyle-Snowboarden geht es nicht um Geschwindigkeit, sondern um Akrobatik, Ästhetik und individuellen Stil, mit dem Sprünge absolviert und Hindernisse auf einem Parcours überwunden werden. Vockensperger beweist, dass er Talent hat, sei jedoch, so sagen ihm die Trainer, eigentlich zu alt, um noch als Nachwuchssportler einzusteigen. Der gebürtige Rosenheimer versichert glaubhaft, dass es ihm ernst ist mit dem Sport - und zeigt das die darauffolgenden Jahre. "Für mich wurde der Traum plötzlich greifbar nahe, Freestyle-Profi zu werden. Gerade die Zweifel der Trainer haben meinen Ehrgeiz geweckt: Ich wollte es ihnen, mir selbst und der ganzen Welt beweisen, dass ich es schaffen kann. Und deswegen bin ich von Anfang an am Ball geblieben."

Internat in den Berchtesgadener Bergen

In der Christophorusschule hoch oben in den Bergen von Berchtesgaden ist es Vockensperger und seinen Sportlerkolleginnen und -kollegen möglich, neben der Schule intensiv zu trainieren. Neben dem Training im Schnee stehen Einheiten in der Trampolinhalle, im Skatepark sowie Ausdauer- und Kraftsport auf dem Plan. Der Internatsalltag und das Leben als Nachwuchsathlet hätten ihn vieles gelehrt, sagt Vockensperger. "Es war am Anfang gewöhnungsbedürftig, man lässt sein Zuhause zurück und muss plötzlich viel selbstständiger sein. Aber genau das hat mir geholfen. Die vielen Reisen für Wettkämpfe und Training und das Snowboardleben haben mich viel gelehrt, vor allem auch, ein Grundvertrauen ins Leben zu entwickeln und an meinen Zielen dranzubleiben." Trotz allem Sportlerehrgeiz sei das Abitur für den Athleten an erster Stelle gestanden. "Auch während der Schulzeit hätte ich für Wettkämpfe und Co. nicht befreit werden können, wenn die Noten nicht gepasst hätten." Es läuft gut für den jungen Mann, schulisch wie auch sportlich. Er fährt zahlreiche Siege bei Europacups ein - und damit 2018 und nach seinem Abitur auch die Zulassung, bei Worldcups anzutreten.

Ausbildung zum Sportsoldaten und Sponsoring von Red Bull

Vockensperger bekommt einen Sportförderplatz bei der Bundeswehr und beginnt mit der Ausbildung zum Sportsoldaten. "Ich mache dort eine Grundausbildung und arbeite vier Wochen in der Kaserne, den Rest der Zeit bin ich für Training und Wettkämpfe freigestellt", erzählt der Sportler. Bei einem der wichtigsten Freestyle-Wettkämpfe in Europa, in Laax, holt Vockensperger 2021 den zweiten Platz - und lässt spätestens damit weltweit aufhorchen. Kurz darauf erhält er das in Sportlerkreisen hart umkämpfte Sponsoring von Red Bull, ebenso wie von Burton, Powster und Absolut Park. Ende der Wintersaison 2020/21 ist Vockensperger laut Ranking der Fédération Internationale de Ski (FIS) der drittbeste Freestyle-Snowboarder der Welt. "Ich habe mir oft gedacht: Wahnsinn, das läuft gerade fast schon zu gut, um wahr zu sein."

Bei allen Erfolgserlebnissen kennt Vockensperger auch das Gefühl von Frustration, Trauer und Scheitern. Immer wieder zog sich der Freestyle-Athlet Verletzungen zu, die ihn daran hinderten, seine, wie er es gern formuliert, "110 Prozent zu geben". Er verletzte sich nacheinander am Syndesmoseband, das Wadenbein und Schienbein zusammenhält, am Knöchel, am Schlüsselbein. "Ich musste immer wieder nach langen Pausen gefühlt von null anfangen und mich wieder hocharbeiten." Auch vor dem großen Erfolg in Laax habe erst einmal gar nichts mehr klappen wollen. "Im Training habe ich die Tricks immer absolvieren, im Wettkampf dann aber einfach nicht zeigen können." Die Zusammenarbeit mit Sportpsychologen habe ihm damals sehr geholfen.

Mittlerweile lebt Vockensperger an drei Orten: Innsbruck, Berchtesgaden und Flinsbach, seiner Heimat. Er ist seinen Eltern für die frühe Förderung von Herzen dankbar - "sie haben mir das ermöglicht, was mir Spaß macht" -, ebenso seinen Trainern und Coaches, die ihn nun bereits seit fast einem Jahrzehnt begleiten. "Als Jugendliche haben wir noch nicht verstanden, was uns das ganze Krafttraining und Co. rund um die eigentliche Disziplin bringen soll", sagt Vockensperger. "Heute bin ich sehr dankbar für das professionelle Coaching, das uns und mich dahin gebracht hat, wo wir jetzt sind." 2022 nahm Vockensperger zum ersten Mal bei den Olympischen Spielen teil. Er fuhr keine Medaille ein. "Aber ich werde auch beim nächsten Mal wieder dabei sein." Direkt nach Olympia erreichte der Sportler den ersten Platz beim Worldcup in Georgien. Wegen Verletzungen versäumte er die darauffolgenden zwei letzten Worldcups der Saison 2021/22 - und landet trotzdem auf dem zweiten Platz in der Worldcup-Gesamtwertung. "Ich bleibe dran. Und gebe weiterhin 110 Prozent."

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