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Ursachen, Folgen und Prävention von Mobbing am Arbeitsplatz

Wo fängt Mobbing am Arbeitsplatz an? Wie sieht die rechtliche Lage aus? Und was kann man dagegen tun? Antworten auf all diese Fragen finden Sie hier.

Die Gefahr von Mobbing am Arbeitsplatz wird oftmals unterschätzt.
Die Gefahr von Mobbing am Arbeitsplatz wird oftmals unterschätzt.

Unterlassen von Information, Verleumdung und ständige Kritik zählen ebenso zu Mobbing wie Belästigungen, Beschimpfungen oder das gezielte Zuteilen unangenehmer Arbeiten. Natürlich fällt nicht jeder schiefe Blick eines Kollegen oder jede anlassbezogene Kritik des Chefs in die Kategorie "Mobbing". Hier muss differenziert werden. Von Gesetzes wegen gibt es in Österreich keine offizielle Definition des Sachverhalts. Ob es sich um Mobbing am Arbeitsplatz handelt, kann und wird stets nur anhand des Einzelfalls beurteilt. Eine konkrete Abgrenzung ist schwierig.

Was versteht man unter Mobbing am Arbeitsplatz?

"Es fängt immer mit einem Konflikt an, der längere Zeit nicht gelöst werden kann. Wobei nie eine einzige Tat als Mobbing gilt, sondern diverse Faktoren zutreffen müssen: Die Übergriffe gehen von einer Person oder Gruppe aus und finden über einen bestimmten Zeitraum statt. Zum Beispiel ein bis zwei Mal pro Woche über eine Dauer von drei bis sechs Monaten", erklärt Andrea Geister, Klinische- und Gesundheitspsychologin: "Ein wichtiger Punkt ist die Absicht dahinter, jemanden vorsätzlich zu schikanieren. Mit dem Ziel, denjenigen aus der Arbeitsgemeinschaft auszustoßen."

Gründe und Folgen von Mobbing am Arbeitsplatz

Laut Umfrage (durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut OnePoll und Viking) gaben zwei von drei der rund 500 befragten Österreicher an, dass sie über Mobbing-Fälle am eigenen Arbeitsplatz Bescheid wüssten bzw. solche bereits erlebt hätten. 43 Prozent sind der Meinung, Mobbing habe in ihrer Firma System, und ein Viertel der Interviewten sagte, dass mehrere Mobbing-Fälle im Jahr stattfänden. Mit 65 Prozent liegt "Gerüchte verbreiten" an oberster Stelle der Denunzierungen, gefolgt von falsch bewerteter Arbeitsleistung, Sticheleien und Informationsverweigerung (52 Prozent)Warum kommt es unter Erwachsenen zu Mobbing? "Nährboden ist beispielsweise, wenn es keine klare Arbeitsaufteilung gibt, wenn die Funktionen des Einzelnen nicht definiert sind. Vermehrte Positionswechsel und Umstrukturierungen im Betrieb, starke Über- oder Unterforderung der Mitarbeiter sind ebenfalls Gründe dafür, dass Mobbing-Situationen entstehen", sagt Geister. Immer wieder im Mittelpunkt unangenehmer Vorkommnisse am Arbeitsplatz zu stehen kann für die Betroffenen zu schwerwiegenden psychischen und körperlichen Folgen führen. Von Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Erkrankungen, Tinnitus bis hin zu Burn-out, Depression und sogar Suizid ist der Reigen der Auswirkungen groß.

Wie kann man sich gegen Mobbing am Arbeitsplatz wehren?

Empfohlen wird, ein "Mobbing-Tagebuch" zu führen und konkrete Vorfälle genau niederzuschreiben, um die Häufigkeit zu prüfen. Emotional aufgeladene Ereignisse nimmt man oft schwerwiegender wahr, als sie es sind. Im Mobbing-Tagebuch wird dokumentiert, wer wen, wann, wie und wo angegriffen hat. Unmittelbar folgende psychische und physische Auswirkungen sollten ebenfalls notiert werden. Die Psychologin rät: "Wenn negative Handlungen von Kollegen erfolgen, nicht lange warten und das Problem direkt ansprechen. Im Betrieb Hilfe und Verbündete suchen. Und vor allem: Grenzen setzen. Keine Abwertung der eigenen Person zulassen. Hilft das nicht, den Chef oder Betriebsrat als Schlichtungsstelle kontaktieren." Rund 60 Prozent der Mobbing-Opfer wehren sich laut Umfrage nicht gegen Diffamierungen am Arbeitsplatz.
Frauen werden übrigens häufiger gemobbt als Männer: Etwa drei Viertel der Damen verteidigen sich nicht, aus Angst, die Situation am Arbeitsplatz zusätzlich zu verschlimmern. Betroffene Männer hingegen sind um die Karriere besorgt.
Wie reagieren oder verhalten sich die Österreicher, wenn ein Kollege am Arbeitsplatz gemobbt wird? Helfend einzuschreiten ist nicht selbstverständlich. Fast die Hälfte der Befragten gibt an, nicht zu helfen, um negative Auswirkungen auf die eigene Karriere zu vermeiden. An zweiter Stelle steht die Befürchtung, selbst das nächste Opfer zu sein.

Wie sollte der Chef bei Mobbing am Arbeitsplatz vorgehen?

Bemerkt man Veränderungen im Verhalten eines Mitarbeiter, sinkt zum Beispiel das Leistungsniveau, sollte man hellhörig werden. Im Rahmen der Fürsorgepflicht sind Vorgesetzte dazu verpflichtet, bei Mobbing einzuschreiten. Grundsätzlich sollten Gespräche mit den Beteiligten geführt und Vorwürfe geprüft werden. Versuche zu vermitteln und den Konflikt zu lösen bis hin zu Abmahnung oder Kündigung des Täters stehen, je nach Ausprägung des Mobbings, als Folgen auf dem Plan. Hat der betroffene Mitarbeiter den Chef in Kenntnis gesetzt, dieser aber nichts gegen die Schikanen unternommen, kann der Arbeitnehmer aus rechtlicher Sicht vorzeitig aus dem Unternehmen austreten. Diverse Ansprüche, wie Urlaubsersatzleistung oder Abfertigung alt, bleiben in dem Fall erhalten. Theoretisch hat das Opfer auch Anspruch auf Schadenersatz. Dabei handelt es sich um eine schwammige Sache, die sich als schwierig gestalten kann: "Geht es um Schadenersatz, herrscht doppelte Beweislast für den Betroffenen. Es gilt zu klären, ob dem Arbeitnehmer nachweislich ein Schaden entstanden ist. Entschädigung aus gesundheitlichen Gründen bekommt man nur, wenn ein Arzt bestätigt, dass die körperliche oder psychische Beeinträchtigung, oder die Verstärkung einer vorhandenen Krankheit, auf die Situation am Arbeitsplatz zurückzuführen ist. Zudem müssen auch die Mobbing-Handlungen bewiesen werden", erklärt Gabriele Wonnebauer, Mobbing-Beraterin der AK Salzburg.
Ob Mobbing am Arbeitsplatz überhaupt Fuß fassen kann, hängt sehr oft von den Führungskräften ab. Vielen Chefs ist nicht bewusst, dass sie Diffamierungen durch ihr eigenes Verhalten fördern. Zu starke wie auch zu flache Hierarchien gelten oft als Ursache. Nach einer Studie mit 4000 Teilnehmern der Freien Uni Berlin ist in 50 Prozent der Fälle der Vorgesetzte der Aggressor. Bei weiteren 20 Prozent ist dieser zumindest am Mobbing beteiligt. Wie schaut die Lage aus, wenn der Chef der Täter ist? "Schwelt ein ungeklärter Konflikt mit dem Vorgesetzten, sollte immer die nächste Führungsebene aufgesucht werden", betont Geister.
Kommunikation ist auch in diesem Fall das A und O - die Maßnahmen gegen Mobbing fruchten jedoch nicht immer so, wie von den Betroffenen gewünscht: Lediglich 83 der 500 von OnePoll Interviewten bestätigten, dass streng gegen Mobbing am Arbeitsplatz vorgegangen wurde. Bei etwa 24 Prozent steht Mobbing-Prävention zumindest im Verhaltenskodex des Unternehmens.

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