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Umgangsformen im Berufsleben: Per Sie oder per Du?

Online ist man beim Kennenlernen schnell per Du, im Geschäftsleben weniger. Was ist in welchem Rahmen angebracht? Eine Stilexpertin gibt Tipps.

Wer mit „Sie“ startet, liegt am ehesten richtig.
Wer mit „Sie“ startet, liegt am ehesten richtig.

Ob Kunde oder Geschäftspartnerin - gesiezt oder geduzt wird heute nach sehr unterschiedlichen Regeln. Sogar in der gleichen Branche gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. In einem großen schwedischen Möbelhaus in Salzburg wird man als Kundin oder Kunde oft schon bei der Begrüßung geduzt. Ob das in Ordnung ist, fragt niemand. Der eine mag den legeren Umgangston, der andere nicht. Dass deshalb mancher Kunde ein anderes Möbelhaus vorzieht, fürchtet man wohl nicht und es würde bei der Unternehmensgröße des Möbelriesen kaum ins Gewicht fallen. Was aber ist bei kleineren Unternehmen oder online angebracht, das Sie oder das Du?

Online ist das Du gängige Praxis

Schnell per Du ist man in den sogenannten sozialen Medien. Auf Facebook oder Instagram ist dies die gängige Praxis und sie stört nur wenige Benutzerinnen und Benutzer. Trifft man sich dann im echten Leben, kann das schnell unangenehm werden.

Der potenziellen Kundin per Du ein Geschäft anzubieten ist doch nicht automatisch üblich. Misslingt der Versuch und sie wechselt bewusst zum Sie, endet die Sache peinlich. Ähnlich bei Geschäftskollegen, die man online kennengelernt und im virtuellen Raum geduzt hat, beim persönlichen Erstkontakt aber nicht vor den Kopf stoßen will. Sogar in Berufsnetzwerken ist die respektvolle und distanzierte Sie-Form nicht mehr unantastbar. Dieser Trend könne unerwünschte Auswirkungen für beide Gesprächspartner haben, warnt die Salzburger Stilberaterin Elisabeth Motsch, die in Workshops Tipps für Stil und Benehmen gibt.

„Wir sollten gemeinsam entscheiden, wie wir uns begegnen.“
Elisabeth Motsch, Stilberaterin

Sie nennt als Negativbeispiel eine Nachricht, die sie auf LinkedIn erhalten hat. Der ihr unbekannte Absender wollte ihr ein Geschäft anbieten und schrieb: "Hallo Elisabeth, wie geht es dir? Ich möchte dir hier kurz etwas vorstellen …" Motschs Antwort fiel klar aus: "Sehr geehrter Herr …, kennen wir uns, weil Sie mich duzen?" Das möge für manche etwas streng wirken, sagt die Stilberaterin. Doch sie dürfte nicht die Einzige sein, für die feststeht: "Wer mit mir Geschäfte machen will, sollte die Grundregeln guten Benehmens kennen. Ich möchte gemeinsam entscheiden, wie wir einander begegnen."

Von dieser Erwartungshaltung auszugehen ist auch bei der Jobsuche sinnvoll. Zwar sind sicher einige Headhunter oder Personalverantwortliche locker im Umgang, doch kann eine Direktnachricht per Du potenziell die Chancen auf die Stelle schmälern. Motsch warnt besonders im Bewerbungsprozess vor zu viel Lockerheit: "Sie kennen die Einstellung der Person, an die Sie sich wenden, nicht. Deshalb empfehle ich immer, mit dem Sie zu starten und abzuwarten, wie es sich entwickelt."

Regeln: Wer bietet das Du an?

Die Unsicherheit, was passend sei, sei bei vielen Berufstätigen groß. Das zeige sich in ihren Workshops, schildert die Stilberaterin. Umgangsformen gehören zum sozialen Spiel in der Gesellschaft. Wer sie kennt und befolgt, kann besser abschneiden - im Privaten genauso wie im Berufsleben. Ungeschriebene Gesetze regeln laut Motsch noch immer, wer wem das Du anbietet: Der Ältere bietet es dem Jüngeren an. Die Frau bietet es dem Mann an. Der Ranghöhere bietet es dem Rangniederen an. Der Kunde bietet es dem Mitarbeiter an. Im Geschäftlichen sei es immer der Kunde und nie der Dienstleister oder Lieferant.

Wer diese Regeln kennt, kann sie unter Umständen auch brechen. Wichtig ist dabei zu zeigen, dass man über die üblichen Umgangsformen Bescheid weiß. Im schriftlichen Austausch könnte ein Angebot folgendermaßen aussehen: "Ich weiß, es steht mir nicht zu, aber ich würde mich freuen, zum Du zu wechseln - aber es ist auch in Ordnung, wenn wir beim Sie bleiben."

Vom "You" zum "Sie"

Zu wechseln gilt es, wenn die Geschäftskommunikation Englisch beinhaltet. Die oft übliche Ansprache mit Vornamen sei nicht automatisch als Vertraulichkeit zu sehen, betont Elisabeth Motsch. Auch wenn man sich im Unternehmen siezt: Sobald man auf LinkedIn, Meetings oder Konferenzen ins Englische wechselt, werden "You" und der Vorname verwendet, wenn man sich kennt. Geht das Gespräch auf Deutsch weiter, gilt wieder "Sie" mit dem Nachnamen.