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Speed-Jobbing: Match me, if you can

Die Privatbrauerei Stiegl schlägt im Bereich Personalrecruiting neue Wege ein. Beim "Speed-Jobbing" verzichtet das Unternehmen auf konventionelle Bewerbungshürden.

 „Der Arbeitsmarkt ist ein Arbeitnehmermarkt geworden“, sagt Kerstin Vockner.
„Der Arbeitsmarkt ist ein Arbeitnehmermarkt geworden“, sagt Kerstin Vockner.

Stiegl-Personalchefin Kerstin Vockner im Gespräch über eine ungewöhnliche Strategie in Sachen Mitarbeitergewinnung.

Am 16. und 17. November findet in der Stiegl-Brauwelt zwischen 17 und 20 Uhr zum ersten Mal ein Speed-Jobbing statt. Was genau ist darunter zu verstehen? Wie der Name schon vermuten lässt, haben wir uns dabei an der Methode des Speed-Datings orientiert. Die Idee dahinter geht allerdings über ein schnelles Job-Matching hinaus: Einerseits rückt diese Recruiting-Methode die Bewerber ins Zentrum des Prozesses, andererseits wird dabei auch auf das übliche Bewerbungsprozedere verzichtet. Hürden wie Bewerbungsunterlagen, Erst- oder Zweitgespräche fallen weg. Alles soll so schnell und unkompliziert wie möglich ablaufen. Damit möchten wir auch einem Trend Rechnung tragen, der auf dem Arbeitsmarkt derzeit klar wahrnehmbar ist: Spontaneität. Viele Berufstätige entscheiden heute sehr viel schneller und kurzfristiger darüber, welchen Karriereweg sie einschlagen möchten. Dazu kommt: Mit dem Speed-Jobbing wollen wir als Unternehmen natürlich auch überraschen, uns bewusst abheben und zeigen, was wir zu bieten haben.

Welche konkrete Situation hat Sie zu diesem besonderen Schritt veranlasst? Wie viele andere Unternehmen haben auch wir gemerkt, dass sich der Arbeitsmarkt nach der Corona- und der Lockdown-Phase stark verändert hat. Es ist ein Arbeitnehmermarkt geworden. Bewerberinnen und Bewerber schauen heute noch genauer hin, wo und zu welchen Bedingungen sie arbeiten möchten. Damit wird es im Gegenzug auch für die Unternehmen immer wichtiger, authentisch und ehrlich zu sein. Ein oberflächlich betriebenes Employer Branding ist da einfach nicht genug. Was unser Angebot betrifft, haben wir bei Stiegl aktuell etwa 30 offene Stellen - eine Zahl, die im letzten Jahr ein gleichbleibend hohes Niveau hatte. Und auch die Konkurrenz ist stark: Es gibt viele tolle Arbeitgeber in Salzburg. Mit dem Speed-Jobbing-Angebot wollen wir auch ein Stück weit zeigen, wie vielseitig wir sind.

Wer darf sich von dem Event angesprochen fühlen, welche Zielgruppen wollen Sie erreichen? Wir haben das Speed-Jobbing bewusst offen gestaltet, weil wir möglichst viele Menschen ansprechen wollen - von Lehrstellensuchenden, Studienabsolventen über Fachkräfte bis hin zu Quereinsteigern aller Altersgruppen. Zentral ist, dass wir bei unserer Suche nach potenziellen Mitarbeitern den Bewerber in den Mittelpunkt stellen. Wir suchen Mitarbeiter, deren Werte und Einstellungen gut zu unseren passen.

Wie läuft das Speed-Jobbing dann tatsächlich ab? Alle Interessierten, die am 16. und 17. November in die Stiegl-Brauwelt kommen (keine Anmeldung nötig), werden nach der Kontrolle der geltenden Coronaregeln im zweiten Stock von einem Recruiting-Team empfangen. Dort bekommt jeder Teilnehmer eine Nummer - die Anonymität bleibt also vollständig gewahrt. Es werden insgesamt sechs verschiedene Bereiche - Logistik, Marketing, Stiegl-Brauwelt, Handel, Verkauf sowie die Personalabteilung - vertreten sein. Einen Gesamtüberblick über alle freien Stellen findet man auf einer Job-Wall. Danach ist es möglich, entweder alle Stationen zu absolvieren oder nur einzelne, das bleibt ganz den Teilnehmern überlassen. In getrennten Kojen werden die Interessenten dann von den Führungskräften empfangen, die kurz ihre Bereiche vorstellen und relativ zügig auf das gesuchte Stellenprofil eingehen. Nach zirka fünf Minuten wird die Koje bzw. die Abteilung wieder gewechselt und der nächste Teilnehmer kommt an die Reihe. Ist das Gespräch positiv verlaufen, kann die Führungskraft vermerken, dass man die Person noch einmal einladen würde. Bevor der Bewerber die Veranstaltung verlässt, entscheidet er darüber, ob er seine Kontaktdaten hinterlassen möchte oder nicht.

Einmal vorausgesetzt, die Kontaktdaten werden abgegeben und das Matching stimmt für beide Seiten, was folgt als nächster Schritt? In der darauffolgenden Woche werden die Personen kontaktiert und zu einem nächsten Termin eingeladen. Dabei kann der Kontakt dann intensiviert werden, damit der Bewerber die Arbeitsbereiche und das Team besser kennenlernen kann.

Wo sehen Sie den Gewinn dieser Recruiting-Methode für Ihr Unternehmen? Natürlich spielt der Zeitfaktor eine wesentliche Rolle. Die konventionelle Anbahnung eines Kontakts - schon allein das Sichten und Prüfen der Bewerbungsunterlagen - stellt einen enormen zeitlichen Aufwand dar. Das Speed-Jobbing beschleunigt den Entscheidungsfindungsprozess, weil es wesentlich niederschwelliger ist. Gleichzeitig hoffen wir auch, neue, andere Menschen anzusprechen und kennenzulernen. Solche, auf die man per Lebenslauf vielleicht gar nicht gekommen wäre. Und last, but not least sehe ich es als Chance, einen Perspektivenwechsel einzuleiten: Recruiting und Employer Branding sollten nicht als alleinige Aufgabe einer Personalabteilung angesehen werden. Tatsächlich ist das eine Unternehmensaufgabe, die auch jeder Mitarbeiter als Botschafter genauso mittragen sollte.

Welche Ergebnisse erhoffen Sie sich nach dem 16. und 17. November? Es wäre schön, wenn viele der offenen Stellen mit Interessenten besetzt werden könnten. Darüber hinaus wünschen wir uns natürlich auch, dass wir - noch mehr als bisher - als moderner und attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden.

www.stiegl.at/speed-jobbing



Zur Person:

Mag. (FH) Kerstin Vockner, MSc ist seit 2020 Personalchefin der Stieglbrauerei. Die 36-jährige Salzburgerin ist seit Jänner 2018 im Unternehmen und verantwortete vorher die Bereiche Personalentwicklung und Recruiting.