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Pensionssplitting wenig genutzt

Frauen sind von Altersarmut besonders betroffen. Ein Gegenmittel soll das Pensionssplitting sein, genutzt wird es noch wenig.

Tritt ein Mann in Österreich seinen Ruhestand an und erhält pro Monat zum Beispiel 2500 Euro Pension, dann bekommt eine Frau im Schnitt 40 bis 50 Prozent weniger, also zwischen 1250 und 1500 Euro, ausbezahlt. Die Gründe für diesen eklatanten Unterschied zwischen den Geschlechtern sind vielfältig. Meist beginnt es mit der Berufswahl. Viele Frauen üben Tätigkeiten aus, die weniger gut entlohnt sind. Bei gleicher Arbeit herrscht noch viel zu oft ungleiche Bezahlung. Die Lücke klafft weiter auseinander, wenn Frauen temporär aus dem Erwerbsleben aussteigen oder in Teilzeit arbeiten, um sich etwa den Kindern zu widmen.

Pensionssplitting - Antrag bis spätestens zum 10 Geburtstag des jüngsten Kindes

Um dem Gender-Pension-Gap entgegenzuwirken, wurde 2005 das freiwillige Pensionssplitting eingeführt: Der erwerbstätige Partner kann über einen gewissen Zeitraum bis zu 50 Prozent seiner Pensionsgutschrift demjenigen übertragen, der sich überwiegend um die Kindererziehung kümmert. Ein Antrag beim Pensionsversicherungsträger bis zum spätestens zehnten Geburtstag des jüngsten Kinds reicht.

Wenn sie könnte, dann würde Manuela (Name der Red. bekannt) aus Salzburg das Pensionssplitting gern nachträglich in Anspruch nehmen. Die 58-jährige Lehrerin und Mutter hat nur mehr wenige Jahre zur Pensionierung: "Mein Eindruck ist, dass unsere Generation durch die Finger schaut. Vor der Pensionsreform zählten die 15 besten Berufsjahre für die Berechnung. Jetzt wirken sich Kinderbetreuungszeiten und die anschließende Teilzeit negativ aus." Gerade weil Frauen heute nicht davon ausgehen können, dass sie in der Pension noch in der gleichen Partnerschaft leben, sei das Pensionssplitting für die Jahre der Kinderbetreuung sinnvoll. Für diese Zeit werde ein fairer Ausgleich geschaffen. Eine spätere Trennung verändert die Vereinbarung nicht. Zudem muss man auch nicht verheiratet sein.

Ursula Brandner und ihr Lebensgefährte vereinbarten mit der Geburt des ersten Kindes, dass sowohl Karenzzeiten als auch Pensionsgutschriften geteilt werden. Sie schätzt vor allem die Flexibilität des Systems: "Wir haben das Splitting nicht nur in eine Richtung vollzogen, sondern je nach Jahr einmal Teile seines Guthabens zu mir verschoben und auch umgekehrt." Ein weiterer Vorteil: Ist man in der Pension noch zusammen, könnte sich das Splitting steuerlich vorteilhaft aufs gesamte Familieneinkommen auswirken.

Wieder müssen Frauen ihr Anliegen durchsetzen

Dass nicht alle Männer beim Vorschlag zu splitten jubeln, erzählt Romana (Name der Red. bekannt) aus Salzburg. Der Vater ihrer Tochter war nicht dazu bereit, die 34-Jährige kann seinen Standpunkt verstehen. Ich finde, das Konzept ist nicht zu Ende gedacht. Die Verantwortung liegt bei den Paaren und die Diskussion darüber wird ins Private verlegt. Die Politik sollte für alle die gleichen Rahmenbedingungen schaffen."

Einen Schritt in Richtung Vereinfachung und gleiche Rahmenbedingungen soll das automatische Pensionssplitting bringen. Dann ist kein Antrag mehr nötig, um zwischen beiden Elternteilen für mehr Pensionsgerechtigkeit zu sorgen. Ein weiterer oft genannter Ktzenritikpunkt lautet, dass das Pensionssplitting nur symptomatisch wirke, statt echte Ursachen für die Ungleichheit zu beheben. Susanne Lipinski ist Kulturarbeiterin, Mutter zweier kleiner Kinder, in Teilzeit angestellt und gleichzeitig selbstständige Performance-Künstlerin im Kollektiv Kollinski: "In meinem übervollen Alltag hatte ich bisher noch keine Gelegenheit, mich gedanklich mit Pensionssplitting zu beschäftigen. Ich finde, das Thema sollte nicht noch zusätzlich den Frauen aufgebürdet werden. Wieder sind es wir Frauen, die dieses Anliegen bei den Männern vorbringen und durchsetzen müssen. Es müsste gesamtgesellschaftlich in Angriff genommen werden. Wie wäre es, wenn wir zum Beispiel für ausreichend hochwertige Kinderbetreuungsplätze sorgen, die es Frauen ermöglichen, wieder 30 Stunden oder mehr zu arbeiten, wenn sie das wollen?"

Viele Paare würden das aber nicht wollen. Sie treffen bewusst die Entscheidung, dass die Frau nach der Geburt der Kinder vorerst nicht mehr in Vollzeit zurückgeht. So war es bei Maria Ibetsberger und ihrem Mann. Seine Pensionsgutschrift wurde deshalb für sieben Jahre zur Hälfte auf ihr Konto übertragen: "Besonders meinem Mann war das ein Anliegen. Für mich ist das auch ein Zeichen seiner Wertschätzung für die Arbeit, die ich zu Hause in diesen Jahren geleistet habe." Das Splitting selbst verlief für das Paar aber nicht problemlos. Es wurden nicht wie beantragt sieben, sondern nur vier Jahre geteilt. Der Fehler wurde erst auf mehrmalige Nachfrage korrigiert.

Ähnliches erlebte jüngst eine andere Salzburger Familie, die um einen Übertrag ab 2012 ansuchte. Durch die Pensionsreform und die damit verbundene Kontoerstgutschrift ab dem 1. 1. 2014 hätte ein Splitting für die Jahre 2012 und 2013 das Familieneinkommen laut Berechnung negativ beeinflusst, das Teilen für diese Jahre wurde daher nicht empfohlen. Warum genau das so ist, bleibt für die Familie schwer nachvollziehbar.

Nur wenige Anträge eingereicht

Den Weg zum Pensionssplitting fanden bisher nicht viele, laut Pensionsversicherungsanstalt wurden 4056 Anträge seit 2007 eingereicht. Was junge Eltern davon abhält, darüber diskutiert Karin Sophie Pfliegler mit ihren eigenen Kindern. Die 64-Jährige ist bereits in Pension und überzeugt, dass das Splitting mehr Fairness bringt. Sie merke jedoch, dass das Thema für die Jungen einen negativen Beigeschmack hat. "Wir trennen uns nicht, wir brauchen das nicht", werde argumentiert. Für Pfliegler gehe es nicht darum, den Teufel einer Trennung an die Wand zu malen, sondern "um eine gute Absicherung im Alter für beide Partner".

"Das Thema Pensionen scheint sehr kompliziert zu sein und für viele junge Frauen noch zu weit weg", weiß Maria Ibetsberger. Manche Frauen scheinen beim Thema Pensionen bereits resigniert zu haben, sie sehen sich von vornherein als Verliererinnen. Kurz vor der Pension sei es aber zu spät, um noch große Veränderungen zu bewirken. "Ich ermutige jede Frau, sich damit auseinanderzusetzen und sich individuell zu informieren. Ich finde, es zahlt sich aus, und es wäre sehr ungeschickt, es nicht zu tun."

Hier geht's zum Pensionsratgeber für Frauen