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Mentoring: Wenn Männer Frauen fördern

Am Weg auf der Karriereleiter können die Geschlechter viel voneinander lernen. Zwei Beispiele aus dem Raum Salzburg zeigen, was es bringt, Frauen den Rücken zu stärken.

Gegenseitig profitieren in einem Mentoring-Team.
Gegenseitig profitieren in einem Mentoring-Team.

"Ich wollte als Frau mit einem Plan eine männliche Meinung, weil der Pflegebereich eher frauenlastig ist." Als Karoline Radauer ihre Idee von einer Pflegeberatung in Thalgau ins Leben rufen möchte, ist sie selbst Betroffene - als pflegende Angehörige. Sie weiß, wie schwer man sich im "Pflegelabyrinth" mit diversen Anträgen und Behördendeutsch zurechtfindet. "Ich wollte schon lange einen besseren Zugang zu den notwendigen Informationen", sagt sie. Um ihr Projekt umzusetzen, hat sie sich professionelle Unterstützung gesucht. Bei "Frauen bewegen", einem Mentoring-Programm der Frauen-Fachakademie Schloss Mondsee für die Leader-Region Fuschlsee-Mondsee, konnte sie ihren Mentor wählen: "Christian Braunstein war für mich der ideale Begleiter", erzählt Radauer.

Als Mentor für die Pflegeberatung einen Profi aus der Wirtschaft

Der Vizebürgermeister von Fuschl führt mit "DasSee" ein Café mit Bar und Deli. Die Thalgauerin brauchte, das spürte sie, einen Profi aus der Wirtschaft. Zu Braunstein hatte sie Vertrauen, die beiden kannten sich, bevor sie als Mentoring-Team unter der Leitung von Brigitte Maria Gruber starteten. Ob Karoline Radauer je darüber nachgedacht hat, dass sie mit der Expertise einer Frau besser hätte beraten sein können? Sie winkt ab: "Die Frage, ob ich mit einem Mann zusammenarbeite oder nicht, hat sich weder mir noch meinem Umfeld gestellt. Vielleicht hatte ich aber manchmal das leise Gefühl, dass sich mehr Frauen in diesem Programm einen Mann als Mentor gewünscht hätten." An Christian Braunstein habe sie vor allem seine Klarheit, die Geradlinigkeit und den Blick auf die Zahlen geschätzt - allesamt Eigenschaften, die sie als eher männlich beschreibt.

"Männer erlauben sich größer zu denken als Frauen"

"Er hat mir klar gesagt: Wenn der Bedarf in deiner Gemeinde da ist, dann stellst du den Verantwortlichen dein Projekt vor und verkaufst es ihnen. Diese Ermutigung, mich zu trauen, hat extrem gutgetan", erinnert sich Radauer. Er habe auch keinen Zweifel daran gelassen, dass er ein großer Freund von Ideen sei - solange sie fertig gedacht werden und nicht in der Schublade landen. Den Mut habe sie sich in den Monaten des gemeinsamen Werkens angeeignet. Einen Unterschied zwischen den Geschlechtern sieht sie jedenfalls darin, dass Männer sich offensichtlich erlauben, "größer zu denken als wir Frauen" - vielleicht weil Frauen nach wie vor ein Hauptaugenmerk auf Kinder und Beziehung legten. Frauen könnten dafür besser organisieren und seien flexibler. Ein weiterer zentraler Punkt, den sie sich mitgenommen hat: "Es geht ums Netzwerken, Netzwerken, Netzwerken." Das sei viel mehr, als Small Talk auf Veranstaltungen und mit manchen Leuten in losem Kontakt zu bleiben. "Hier sind Männer wahrscheinlich etwas raffinierter; sie netzwerken beruflich und privat sehr stark." Braunstein habe ihr vermittelt, dass es nicht notwendig sei, um jeden Preis bei jeder Gruppe dabei zu sein. Radauer habe sich also entschieden, Netzwerke aufzugeben, welche sie mehr Energie kosten, als sie ihr zurückgeben. "Die Kunst liegt für mich nun darin, die Fühler auszustrecken und offen zu sein für Neues. Es lohnt sich, auch in ein Umfeld einzutauchen, in dem man sich anfangs nicht gesehen hat", beschreibt sie mutige Schritte, die sie seither geht. Die Pflegeberatung hat sie umgesetzt. Seit Jänner 2020 gibt es die "Servicestelle Senioren" in Thalgau. Als sie ihre Idee der Gemeinde vorgestellt hatte, waren die Entscheiderinnen und Entscheider schnell überzeugt.

Bild: SN/michaela hesseneberger
Frauen bringen lebhafte und differenzierte Inputs ein.
Peter Gaubinger, Consultant

Einer, der als Mentor immer wieder Frauen unter seine Fittiche nimmt, ist Peter Gaubinger. Der Consultant im internationalen Vertrieb ist als Marketingexperte sowie als Coach in und um Mondsee tätig. Der Grund, warum er sich immer wieder unter Anleitung der Frauen-Fachakademie für diese intensive Aufgabe entscheidet, ist, "dass ich in meinem Berufsleben mit Frauen an den unterschiedlichsten Positionen beinahe ausschließlich positive Erfahrungen gemacht habe". Er schätze, dass Frauen "einen anderen Blickwinkel in Diskussionen und Projekte einbringen, der bei einer deutlichen Männerlastigkeit nicht aufkommt". Gaubinger nennt ein Beispiel. In einer seiner Verkaufsgruppen befanden sich zwölf Herren und eine Dame. In den Meetings hat sie menschliche Inputs in die Gruppe eingebracht. Diese machten die Diskussion lebhafter und den menschlichen Aspekt wichtiger.

Förderung von Selbstbewusstsein ist ein Schlüsselpunkt beim Mentoring

Als Mentor setzt Gaubinger großen Einsatz der Mentees und ihren Willen zur Weiterentwicklung voraus. "Ohne einen offenen und optimistischen Zugang ist das meiner Meinung nach nicht möglich", sagt er. Die gute Grundstimmung brauche er, wenn es etwa um sensible Themen wie das notwendige Selbstwertgefühl gehe. "Das Selbstbewusstsein zu fördern ist einer der Schlüsselpunkte für mich in dieser Zusammenarbeit." Er erinnert sich an eine junge Künstlerin, die hervorragende Arbeiten geschaffen hat. Beim Verkauf jedoch war die Frau ruhig und schüchtern. Gaubinger nahm sie zu Veranstaltungen mit und zeigte ihr, wie man netzwerkt und schließlich auch Exponate verkauft. "Heute macht sie das ausgezeichnet", sagt er mit Freude und etwas Stolz in der Stimme. Seine Erfahrung zeige ihm, dass Frauen dann im Business schwach wirken, wenn sie sich kaum etwas zutrauen und meinen, Aufgaben nicht zu schaffen. "Dann versuche ich, negative Vorurteile auszuräumen, um den Weg für Erfolge zu bereiten."

Für seine Aufgabe als Mentor, der Frauen zum Erfolg verhilft, braucht es Fingerspitzengefühl.

Wenn eine Mentee die rationale Schiene brauche, um vorwärtszukommen, dann gebe er diese gerne mit. Allerdings: "Ich habe immer versucht, die emotionale Schiene auszubauen und die Menschlichkeit, denn es menschelt in jeder Sparte. Wer Zahlen, Daten und Fakten möchte, bekommt sie. Aber mit Menschlichkeit bin ich bisher in allen Kulturen am besten gefahren." Wichtig ist ihm zu betonen, dass beim Mentoring beide Seiten voneinander lernen. Wollen Frauen "bessere Männer sein", sei das nicht authentisch - und sich selbst treu zu bleiben sei das Um und Auf, um das Gegenüber im Geschäftsleben zu überzeugen, sagt Gaubinger.