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Junge Chefs und ältere Mitarbeiter - Wie löst man das Problem?

Generationenwechsel in der Chefetage. Über Probleme beim Führungswechsel, die Digitalisierung und erfolgreiche Betriebsübergaben.

Wer neu im Chefsessel sitzt, hat es nicht immer leicht.
Wer neu im Chefsessel sitzt, hat es nicht immer leicht.

Kommen junge Chefs ins Unternehmen, sind Konflikte oft programmiert: "Analoge" Teamleiter, um die 60, die noch ein paar Arbeitsjahre vor sich und mit der Digitalisierung nicht viel am Hut haben, sehen sich plötzlich mit einem neuen Vorgesetzten um die 40 konfrontiert. Junge Chefs, die mit der Digitalisierung aufgewachsen sind, stehen unter diesen Voraussetzungen im neuen Team oft an. Wie handhabt man die neue Situation, sodass sie für Jung und Alt annehmbar ist?

Hans Rosenkranz ist Inhaber des Instituts "Team Dr. Rosenkranz" (Schwerpunkte: Managementtraining und Organisationsentwicklung) mit Sitz bei München und regelmäßig mit dem Thema "Chef- und Generationenwechsel" in Unternehmen konfrontiert. Im Gespräch mit den SN stand er Rede und Antwort.

Neue, junge Chefs im Team, ältere Mitarbeiter - wie schauen die "klassischen" Konflikte aus? Hans Rosenkranz: Junge Chefs kommen hochmotiviert ins Unternehmen mit vielen neuen Ideen, die sie schon im Kopf haben und unbedingt umsetzen wollen. Je eher, desto besser. Jeder will seine Spuren hinterlassen, das ist ganz normal und menschlich. Dabei habe ich oft gehört: "Ich kenne mich mit den neuen Medien und Techniken besser aus. Das müssen wir machen."

Gerne übersehen die "Neuen" dabei, dass die aktuellen Mitarbeiter nicht unbedingt auf den neuen Chef gewartet haben oder selbst Ambitionen auf den Chefsessel hatten. Dass ein Neuer kommt, sorgt für Verunsicherung und Angst: Was will der von mir? Wie ist meine (neue) Rolle? Kann ich die Erwartungen erfüllen?

Konflikte sind da praktisch programmiert. Die älteren Mitarbeiter können mauern, die Zusammenarbeit verweigern, sich gegen den neuen Chef verbünden. Und der Neue kann versuchen, seine Vorstellungen seiner Funktion durchzudrücken, ohne die "alten Hasen" mitzunehmen. Eine solche Situation hemmt das Team komplett und sorgt für Ärger, höheren Krankenstand, innere Kündigung.

Welches Problem tritt beim Generationenwechsel in der Chefetage im Speziellen auf? Das Thema Digitalisierung. Die jüngere Generation ist digital aufgewachsen oder hat sich gründlich mit der Digitalisierung befassen können. Für viele Ältere ist sie zum Teil ein Buch mit sieben Siegeln. Es geht nicht nur um neue Kommunikationstechniken oder clevere Smartphones.
Mit der Digitalisierung ändern sich Unternehmensstrukturen, Arbeitsmodelle, ganze Märkte. Und auch die Ausrichtung auf die Wünsche des Kunden in einem Umfang und einer Geschwindigkeit, die vorher noch nicht da gewesen ist. Prozessabläufe werden digitalisiert. Arbeitsplätze fallen damit weg und werden an einer anderen Stelle neu geschaffen. Die betroffenen Menschen müssen sich umstellen, um mit der Veränderung gehen zu können.
Im Grunde sind wir in einem klassischen Change-Management, bei dem leider häufig der Mensch und seine Bedürfnisse vergessen werden.
Nur den Prozess zu verändern bzw. zu digitalisieren wird dazu führen, dass die Umstellung verlangsamt wird und Ängste entstehen. Daher ist die erste Devise eben oftmals "mauern". Ein Neuer, der mit Digitalisierung vertraut ist, hat es da schwer, diese Mauer zu durchdringen.

Wie können junge Manager den älteren die Angst vor der Digitalisierung nehmen? Diese brauchen viel Empathie, Einfühlungsvermögen und müssen auch in sich persönlich gefestigt sein, um den Knoten zum Platzen zu bringen. Die erste Frage muss sein: "Was brauchen wir, um die Veränderung mitgehen zu können?" Denn: Sie wird kommen und wir können das gemeinsam erreichen.

Wie soll dieses "Knoten-zum-Platzen-Bringen" konkret ausschauen? Zuallererst sollten die jungen Manager zuhören, offen auf die Älteren zugehen und sie abholen von da, wo sie stehen. Hier hilft die Methode "aktives Zuhören". Wer hat welche Rolle im Team? Welche Vorbehalte sind vorhanden? Welche Strukturen müssen erhalten bleiben und was kann sich verändern? Was benötigt jeder Einzelne, um Veränderung zulassen zu können und die Erlaubnis zu geben, Ängste offen auszudrücken? So kann eine Atmosphäre entstehen, in der sich jeder gehört und gesehen fühlt und an gemeinsamen Lösungen gearbeitet wird. Trotz bestehender Ängste werden so die notwendigen Schritte gegangen.
Wenn die bestehenden Mitarbeiter verstehen, dass die neue Person ihnen nichts nimmt, sondern mit ihnen erfolgreich sein möchte, ist schon viel gewonnen. Dazu muss der Junior in Vorleistung gehen: Ein offenes Ohr für die Ängste und Nöte haben. Nachfragen: Was treibt dich um, wovor hast du Angst, warum? Gerade hier braucht es aber Fingerspitzengefühl, Einfühlungsvermögen und auch manchmal ein langsameres Tempo, damit es am Schluss doch schneller geht. Was immer hilft: aktives Erleben im Team. Damit meine ich: Ein Gefühl für die Rollen in der Gruppe zu bekommen, Feedback aus der Gruppe zu seinem eigenen Verhalten bekommen. Mögliche schwelende Konflikte aufdecken und bearbeiten. Miteinander.

Wie handhaben Sie persönlich die Situation Generationenwechsel und Betriebsübergabe? Das Institut Dr. Rosenkranz gibt es mittlerweile seit über 40 Jahren. Ich habe es aufgebaut und zu einem der anerkanntesten Anbieter in Europa für Seminare basierend auf der Methodik des aktiven Erlebens gemacht. Um mein Lebenswerk in meinem Sinne zu übergeben, hat das ganze Institut ein Trainer-Team mit Junior- und Seniortrainern gegründet. Die Trainer begleiten die Jungen. Die Jungen hinterfragen, bringen neue Methoden und auch neue Techniken mit ins Spiel. Das Beste von allen wird vereint und in gemeinsamen Methoden-Workshops besprochen und überprüft. Ich bin aktiv involviert und begleite den Generationswechsel mit. Was sehr schön ist, denn so weiß ich, dass mein Lebenswerk in meinem Sinne fortgeführt wird, und das Zukunftsteam weiß, dass ich als Gründer den Wandel positiv begleiten kann.