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"Internationale Erfahrungen an Fachhochschulen ermöglichen"

An vielen Fachhochschulen in Österreich wird Internationalität großgeschrieben. Zwei Vertreter besonders internationaler Fachhoch- schulen, Oberösterreich und Kufstein Tirol, erklären, warum - und welche Herausforderungen die Pandemie und der Ukraine-Krieg mit sich gebracht haben.

Wir wollen eine vielfältige, partizi- pative und internationale Fachhochschule sein.¦Noureddine Rafili,  FH Kufstein Tirol
Wir wollen eine vielfältige, partizi- pative und internationale Fachhochschule sein.¦Noureddine Rafili, FH Kufstein Tirol

Sowohl die FH Oberösterreich als auch die FH Kufstein Tirol sind von Beginn an sehr internationale Hochschulen gewesen, mit heute mehr als 260 bzw. 210 Partnerhochschulen. Wie kam es dazu?

Bild: SN/fhoö
Es war erforderlich, rasch ein Netzwerk von Hochschulpartnern aufzubauen.
Andreas Zehetner, FH Oberöster


Andreas Zehetner, Vizepräsident Internationales, FH Oberösterreich: Oberösterreich ist das Exportbundesland Nummer eins in Österreich. Deshalb war es naheliegend, dass sich die FH Oberösterreich als eine Landeseinrichtung schnell der Internationalisierung verschrieben hat. Um ihren Studierenden die Möglichkeit zu geben, internationale Erfahrung zu sammeln, und internationalen Studierenden einen Blick in unser Bundesland zu ermöglichen, war es erforderlich, rasch ein Netzwerk von Hochschulpartnerschaften aufzubauen. Vor rund 15 Jahren waren viele internationale Hochschulen ebenso aktiv auf der Suche nach Partnern, deshalb war es recht einfach möglich, passende Hochschulen zu finden. Ich erinnere mich noch gut an meine ersten Reisen nach Finnland, Tschechien oder Polen. Die dortigen Partner sind heute wertvolle Doppeldiplom-Partner mit intensivem Lehrenden- und Studierendenaustausch.

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Es war erforderlich, rasch ein Netzwerk von Hochschulpartnern aufzubauen.
Andreas Zehetner, FH Oberöster


Noureddine Rafili, Leiter International Relations Office, FH Kufstein Tirol: Die FH versteht sich seit ihrer Geburtsstunde 1997 als internationale Hochschule. Beginnend mit einem Studiengang wurde ein verpflichtendes Auslandssemester fix in das Curriculum eingebaut. Heute sind alle Bachelor-Vollzeitprogramme mit diesem wichtigen Element ausgestattet, zudem ist ein Auslandsaufenthalt auch in alle berufsbegleitenden Studien eingebunden. Für Studierende der Partnerhochschulen bietet die FH ein eigens entwickeltes International Programm (IP), das in englischer Sprache ausgeführt und durch englische Fachvorlesungen der Studiengänge bereichert wird. Diese Entwicklungen waren nur durch jahrelangen kontinuierlichen Ausbau des Partnernetzwerks auf über 210 Hochschulen weltweit möglich.

Wie wird Internationalität an Ihrer FH gelebt, welchen Stellenwert hatsie? Rafili: Die FH Kufstein Tirol lebt und verfolgt die strategischen Ziele der Internationalität, Mobilität und Multikulturalität, basierend auf dem Bologna-Prozess und den Grundsätzen der europäischen Erasmus+-Hochschulcharta. Durch internationale Auszeichnungen wie das U-Multirank, das die FH Kufstein Tirol 2021 zum wiederholten Mal unter die Top-25-Hochschulen in puncto internationale Mobilität reihte, werden die verfolgten Ziele auch nach außen sichtbar und gewürdigt. Auch die Mobilität des eigenen Hochschulpersonals wird aktiv im Rahmen der "Erasmus+ Staff Mobility" unterstützt. Heute umfasst der internationale Transfer pro Jahr über 200 "Incomings" und 300 "Outgoings". Ein Umstand, der nicht nur die FH, sondern auch Kufstein und seine Bevölkerung positiv beeinflusst hat.
Zehetner: Internationalität wird von Menschen getragen. Wir haben das Glück, dass wir auf allen Ebenen und allen Fakultäten begeisterte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die bereit sind, die Extrameile zu gehen und internationale Kontakte aufzubauen und zu pflegen. Die Pflege ist nämlich Arbeit, die Zeit und Mühe kostet. Dafür wird man mit schönen Begegnungen und langjährigen Beziehungen belohnt, die sich für die Organisation rechnen und beim Einzelnen zur Weiterentwicklung beitragen.

Wie haben sich Covid-19-Pandemie und Ukraine-Krieg auf den Bereich ausgewirkt und welche Herausforderungen warten in Zukunft? Zehetner: Dramatisch. Vor allem dadurch, dass Planung und Prognosen schlicht nicht mehr möglich waren bzw. sind. Die Ströme unserer internationalen Bewerbungen verändern sich extrem rasch, ebenso wie auch die Zeiträume, in denen wir Bewerbungen erhalten. Viele warten bis zum Schluss der Bewerbungsfristen ab, während andere sich extrem früh bewerben, weil sie in Sorge sind, dass zum Beispiel Visaprozesse viel länger dauern. Was sicherlich für die nächsten Jahre bleibt, ist ein hohes Maß an Planungsunsicherheit, mit dem unsere Administrationsabteilungen umgehen müssen. Die Ukraine-Krise schüttelt dazu auch bisher recht stabile universitäre Weltordnungen durcheinan- der. Ausgehend von einer "flachen", uneingeschränkt bereisbaren Welt scheint sich jetzt wieder ein Blockdenken aufzubauen, mit dramatischen Folgen für langjährige Beziehungen. Hier muss einfach abgewartet werden, wie sich die Situation weiter entfaltet. Die FH Oberösterreich hat mit großer Resonanz ein Hilfsprojekt gestartet, in dem ukrainische Flüchtlinge als Gaststudierende aufgenommen werden und kostenfrei studieren und wohnen können.
Rafili: Mit der Covid-19-Pandemie wurde die FH Kufstein Tirol vor große Herausforderungen gestellt. Mit März 2020 wurde der gesamte Studienbetrieb sehr kurzfristig auf Distance Learning umgestellt und wird seit dem situativ an die aktuelle Lage angepasst. Da auch die internationalen Aufenthalte integraler Bestandteil der Ausbildung sind, konnten Auslandssemester, Berufspraktika im Ausland sowie die Betreuung von Incoming-Studierenden lückenlos fortgesetzt werden. Das gelang dank der guten Beziehungen innerhalb des Partnernetzwerks in Europa und des großen Engagements des Teams im International Relations Office.