SN.AT / Leben / Karriere

In der Höhle der Löwen: "Der härteste Tag meines Lebens"

Die TV-Show "Die Höhle der Löwen" kehrt im Herbst mit Staffel 10 zurück. Der Zillertaler Unternehmer Christoph Egger weiß, ob es sich lohnt, dabei zu sein.

Bestand mit seinen bruchfesten Brillen in der „Höhle der Löwen“: der Zillertaler Unternehmer Christoph Egger.
Bestand mit seinen bruchfesten Brillen in der „Höhle der Löwen“: der Zillertaler Unternehmer Christoph Egger.

Auch die mittlerweile neunte Staffel der eben zu Ende gegangenen Vox-Show "Die Höhle der Löwen" hat Christoph Egger (53) nicht kaltgelassen. Erinnerungen an seine eigene Teilnahme kommen immer wieder hoch und veranlassen ihn auch fünf Jahre danach noch dazu, sich bei dem Gedanken daran nervös durch seine Locken zu fahren: "Ich habe schon viel gemacht in meinem Leben, aber das war wirklich der härteste Tag von allen." Fakt ist, dass die Show zum damaligen Zeitpunkt mit 3,5 Millionen Zusehern ihre absolute Hochzeit hatte, bei der Finalshow von Staffel neun Anfang Juni waren es immerhin noch 2,5 Millionen. Das Konzept: Passionierte Gründer müssen erfolgreichen Unternehmern ihre Geschäftsidee so schmackhaft machen, dass diese ihnen mit einer Finanzspritze unter die Arme greifen. Obendrauf gibt es Zugang zur Expertise der Investoren - und Österreich sowie Deutschland sehen dabei zu.

Start-up mit bruchfesten Brillen

Ein scheinbar perfektes Werbetool für Jungunternehmer wie Egger, der damals sein Start-up-Unternehmen Gloryfy weiter nach vorn bringen wollte. Die Sonnenbrillen, die er bis heute erzeugt, waren wie fürs Fernsehen gemacht: innovativ, trendig, einzigartig. Ab dem Jahr 2004 hatte Egger gemeinsam mit Wissenschaftern an einem Material getüftelt, das nicht bricht und auch nach starker Verformung wieder in die Ausgangssituation zurückkehrt. Die Idee war ihm gekommen, als ein Freund sich beim Sport wegen einer zerbrochenen Brille am Auge verletzt hatte und Egger kurz darauf Zeuge wurde, wie sich jemand auf seine anschließend kaputte Brille setzte. "Da habe ich mir gedacht, man müsste eine unzerbrechliche Brille designen." Ein Wissenschafter der ersten Stunde teilte Egger allerdings nach einiger Zeit des Versuchs und Irrtums mit: "So ein Material lässt sich nicht herstellen." Doch Egger glaubte daran und irgendwann hatte er die Formel für das unzerbrechliche Material gefunden. Klar, dass sich der Mann mit Tiroler Sturkopf auch nicht vor einer "Höhle der Löwen" fürchtet.

Im Tiroler Raum kannte man die unzerbrechlichen Brillen aus den Tiroler Bergen zwar längst, der Unternehmer hatte mit dem deutschen Markt aber Größeres im Sinn. Da kam die Einladung zur TV-Sendung gerade recht. Egger hatte sich einige Wochen zuvor mit einem deutschen Geschäftspartner getroffen, der ihm zur Teilnahme an dem Format geraten hatte. "Deine Brillen sind prädestiniert dafür." Nach einer kurzen, schlaflosen Nacht beschloss Egger entgegen den Ratschlägen seiner engsten Vertrauten: "Das zieh ich jetzt durch!" und bewarb sich online als Kandidat. Schon wenige Wochen später erreichte ihn das Okay der Sendungsmacher: "Sie sind dabei!"

Freude und Sorge nach der Zusage

Das war auch der Moment, an dem sich Freude und Sorge gleichermaßen einstellten, weil Egger bewusst war, worauf er sich eingelassen hatte: "Wenn du vor Ort bist, wird dir klar gesagt, dass im Studio acht Kameras stehen, die vom ersten Moment an alles aufzeichnen. "Die Höhle der Löwen" ist eine Show und wenn dir da ein Fehler passiert, gibt es keine zweite Chance." Denn ein Fauxpas ist den Sendungsmachern, Stichwort Einschaltquoten, immer lieber als ein reibungsloser Ablauf. Im Falle von Egger wäre eine Brille, die dem Extremtest im Fernsehstudio nicht standhalten kann, ein Punkt aufseiten der Fernsehmacher gewesen. Sie wurde nämlich vor laufender Kamera in eine hydraulische Presse gespannt und von einem Zylinder, der ein Gewicht von eineinhalb Tonnen erzeugen kann, quasi erdrückt. Doch die Brille überlebte das filmreife Spektakel ohne einen Kratzer - "unbreakable" eben, wie es auch Eggers Slogan behauptet. "Wenn etwas passiert wäre, hätte sich das fatal für uns ausgewirkt", erinnert sich der Tiroler an den größten Adrenalinschub seiner Karriere. "Ein Produkt muss halten, was es verspricht, aber auch die eigene Performance muss stimmen." Immerhin werden die Gründer rund 25 Minuten von den Löwen in die Mangel genommen. Das bedeutet, dass bei der "Pitch" genannten Präsentation jedes Wort sitzen muss. Gar nicht so leicht, wenn einem prominente Unternehmer wie Carsten Maschmeyer oder Ex-Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg prüfend in die Augen sehen. Da kam Egger seine Lehrzeit in einem Sportgeschäft im Zillertal zugute. "Ich habe dort als Verkäufer nichts anderes getan, als mich jeden Tag zu präsentieren." Obwohl er vom Fach war, bereitete sich der akribische Arbeiter ebenso genau auf seinen Auftritt vor und spielte die Sendung mit der Hilfe von Freunden durch. Kurzerhand wurde im Wohnzimmer ein "Löwen"-Studio simuliert, in dem sich der künftige TV-Held - wie später in der Show - präsentieren konnte. "Wir haben drei Stühle für die ,Löwen' aufgestellt, ich bin zur Tür reingekommen und habe mein Produkt vorgestellt." Auch wenn in der Sendung dann einiges anders kam, rät Egger jedem Gründer dazu, sich schwierige Situationen zu visualisieren und sich gut vorzubereiten.

Nach der Show ging's rund, aber der Deal kam nicht zustande

Die Zeit nach dem Auftritt fühlte sich für den Gloryfy-Gründer an, wie in einer anderen Welt. "Ich war wie in einem Tunnel. Wir waren rund um die Uhr beschäftigt und wurden von Anrufen überschwemmt. In der Sendung hatten sich nämlich mit Unternehmer Frank Thelen und Ex-AWD-Gründer Maschmeyer zwei Löwen gefunden, die unbedingt in Eggers Brillen investieren wollten. Gloryfy, das mittlerweile auch unzerbrechliche Lesebrillen und Skibrillen herstellt, bekam die Zusage über eine Investitionssumme von 700.000 Euro - die höchste, die es in der Geschichte der Vox-Show bis zu diesem Zeitpunkt gegeben hatte. Thelen änderte zwar nach der Show seine Einstiegspläne, mit Maschmeyer trat Egger aber in "harte Verhandlungen", die mehrere Monate andauerten. "Du kannst einfach in der Sendezeit nicht alles besprechen, was wichtig ist." Im Endeffekt war der Einfluss, den Löwe Carsten im Zuge seines Einstiegsangebots gefordert hatte, für Egger dann aber zu groß und der Deal fand nicht statt. "Wir sind trotzdem im Guten auseinandergegangen. Das heißt, die Türen stehen bis heute offen." Egger kam auch entgegen, dass er vom Einstieg Maschmeyers finanziell nicht abhängig war. "Ich hatte damals schon eine sehr auf Understatement bedachte Tiroler Unternehmerfamilie, die mit einer 20-Prozent-Beteiligung als Investor an Bord gekommen ist. Sie mischt sich operativ auch nicht ein."

Auch ohne Deal: Teilnahme bei "Die Höhle der Löwen" war ein Erfolg

Trotz des geplatzten Deals bezeichnet Gloryfy-Gründer Egger die Teilnahme an der TV-Show bis heute als Erfolg, der sich nicht nur in den Onlineverkaufszahlen zeigte, die unmittelbar nach der Sendung in die Höhe schossen. Noch höher stuft Egger den langfristigen Effekt seiner Medienpräsenz ein. "Für unsere Vertreter öffnet das Türen, denn die meisten haben zumindest schon einmal von unserem Produkt gehört." Das erste Quartal 2021 wurde mit einem neuerlichen Umsatzzuwachs von mehr als 50 Prozent abgeschlossen. Die Zillertaler wollen bei der Brillenproduktion die 100.000er-Marke knacken. Jungen Menschen rät Egger, es in "Die Höhle der Löwen" zu wagen. "Bei jungen Leuten ist die Toleranz des Publikums größer, sollte in der Show wirklich etwas schiefgehen." Sein Resümee: "Je jünger, desto besser. Dann ist das eine Riesenchance."