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Glückliche schaffen mehr

Sie heißen Feel-Good- oder Happiness-Manager und sorgen für mehr Wohlbefinden bei der Arbeit. Doch: Muss Arbeit immer glücklich machen? Was hinter dem Trendberuf steckt.

Sophie Gerlitz, Happiness-Managerin, Romy Sigl, Gründerin des Coworking Salzburg
Sophie Gerlitz, Happiness-Managerin, Romy Sigl, Gründerin des Coworking Salzburg


Sie befüllen Obstkörbe, organisieren Firmenfeiern oder das nächste Teambuilding-Event: Immer öfter hört und liest man von Gute-Laune-Beauftragten, die dafür sorgen sollen, dass Menschen beim Arbeiten glücklich sind. Worum sich früher die Personalabteilung oder die Assistenz der Geschäftsführung gekümmert hat, ist mittlerweile vielerorts zur eigenen Rolle avanciert. Dass es hierbei nicht nur um gute Laune gehen soll, weiß Ralf Tometschek, Experte für Unternehmenskultur und Employer Branding: "Der Obstkorb und der Kickertisch sind zwar nett, hinter dem Modebegriff sollte aber mehr stecken. Menschen fühlen sich in der Arbeit dann wohl, wenn sie den Sinn der eigenen Tätigkeit
klar erkennen. Oder wenn es jemanden gibt, der dafür sorgt, dass Hürden im Arbeitsprozess aufgelöst werden. So bleiben Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auf Dauer motiviert."

Weil Doris Steinscherer davon genauso überzeugt ist, bildet sie seit einem Jahr in der von ihr gegründeten Feelgood Management Akademie Experten fürs betriebliche Wohlbefinden aus. Etwa 25 Personen besuchen derzeit den Lehrgang. "Arbeitszeit ist Lebenszeit. Wer will seine Lebenszeit an einem Ort verbringen, an dem er oder sie sich nicht wertgeschätzt fühlt?", sagt Steinscherer. "Der Fachkräftemangel zwingt Betriebe dazu, sich zu überlegen, wie sie mit ihren Mitarbeitern umgehen wollen. Viele kündigen nicht, weil die Arbeit nicht passt, sondern weil sie nicht ausreichend Wertschätzung erfahren."

Kündigungen wegen fehlender Wertschätzung

Fachkräfte fehlen vielerorts, insbesondere Software-Entwickler sind schwer zu finden. Davon kann Martin Herdina ein Lied singen. Bis vor Kurzem war er noch Geschäftsführer des Salzburger Augmented-Reality-Start-ups Wikitude. Seit wenigen Wochen gehört Wikitude zum US-Chipkonzern Qualcomm. In einer Phase, in der das damalige Start-up stark wuchs, holte Wikitude einen Feel-Good-Manager an Bord. "Uns war wichtig, dass wir unser Team stärken", so Herdina. "Durch Mitarbeiterumfragen haben wir gesehen, wo der Schuh drückt, und dann gemeinsam entsprechende Programme erarbeitet, die beispielsweise die Kommunikation zwischen den Teams verbessern." Doch nicht nur das Wachstum war ausschlaggebend für diesen Schritt. "Bei uns arbeiten Menschen aus zwölf verschiedenen Nationen, hinzu kommt, dass unsere Teams nicht nur in Salzburg sind, sondern von überall aus arbeiten. Damit diese Zusammenarbeit gut gelingt, beschäftigen wir uns immer wieder aktiv mit unserer eigenen Unternehmenskultur."

Gute Atmosphäre im Büro zieht Arbeitskräfte an

Dass eine gute Atmosphäre automatisch anziehend wirkt, bestätigt Romy Sigl. Vor genau zehn Jahren gründete sie Coworking Salzburg, ein Großraumbüro, in dem sich vor allem Selbstständige einen Schreibtisch mieten. "Die Leute kommen zunächst aus eher rationalen Gründen, sie brauchen einen Arbeitsplatz. Sie bleiben aber meist deshalb so lange, weil sie viel mehr bekommen als das. Bei uns arbeiten sie in einer Umgebung, in der Ideen offen ausgetauscht werden und der Zusammenhalt stark ist. Ich höre andere oft sagen, wir seien wie eine Insel, in der alle gut gelaunt und nett sind. Ich denke, das wirkt anziehend."

Mit der Pandemie sei aber alles sehr ernst geworden, so Sigl, also steuerte sie gezielt dagegen. Die 48-jährige Sophie Gerlitz übernahm deshalb kürzlich offiziell die Rolle der Happiness-Managerin. Gerlitz ist Gründerin der Werbeagentur Brainzzz und wie viele andere im Coworking Salzburg eingemietet.

Das Besondere: Sigl müsste das eigentlich nicht tun. Anders als in Firmen arbeiten die meisten ihrer Mieter weder für sie noch miteinander, sie betreiben ihr eigenes Business. Trotzdem ist es für die 39-Jährige sehr wichtig, dass ihre Coworker immer wieder reflektieren, ob sie das, was sie tun, auch gerne tun: "Vor ein paar Jahren habe ich begonnen, jeden hier monatlich zu fragen, wie glücklich sie oder er auf einer Skala von eins bis zehn ist. Vielen ist erst bewusst geworden, dass sie viel glücklicher sind, als sie dachten." Doch: Müssen wir alle immer ununterbrochen glücklich sein? Macht uns dieser Anspruch nicht eigentlich schon wieder unglücklich? "Ja, wir leben in einer Glückssteigerungsgesellschaft", weiß Professor Anton Bucher, Glücksforscher an der Uni Salzburg. Immerzu seien wir angehalten, möglichst viel Glück zu produzieren. Bucher betont, dass es aber auch die Traurigkeit und schlechte Tage geben dürfe und es diese sogar brauche, um echtes Glück zu empfinden: "Glück ist eine Kontrasterfahrung. Es braucht auch den dunklen Himmel, damit wir das schöne Wetter schätzen können."

Auch Happiness-Managerin Sophie Gerlitz sieht es nicht als ihre Aufgabe, die Coworker zwanghaft zu bespaßen: "Natürlich organisiere ich gerne ein Wichteln im Advent oder eine Halloweenparty. Aber noch mehr geht es mir darum, Strukturen zu schaffen, damit andere das Glück, das sie haben, wahrnehmen und empfinden können." Dass ausgerechnet Arbeit Glücksgefühle schaffen soll, ist für Happiness-Managerin Gerlitz logisch: "Wir verbringen am Arbeitsplatz mehr Zeit als mit Freunden und Familie. Es ist deshalb wichtig, dass wir uns dort wohlfühlen."

"Glück ist für mich eine Frage der Haltung, jeder trägt es in sich. Durch die Rolle des Happiness-Managers werden wir bewusst daran erinnert", so Romy Sigl. "Und zum Glück ist Glück ja auch ansteckend."

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