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Geschlechterspezifische Unterschiede bei der Jobwahl

Frauen gehen bei der Wahl ihres Arbeitsplatzes systematischer vor als Männer. Das legt eine neue Studie nahe. Viele junge Menschen haben Lust auf einen Jobwechsel.

Bei der Auswahl des Arbeitsplatzes spielen für Frauen und Männer ganz unterschiedliche Punkte eine Rolle.
Bei der Auswahl des Arbeitsplatzes spielen für Frauen und Männer ganz unterschiedliche Punkte eine Rolle.

Einige Klischees halten sich offenbar über Jahrzehnte - etwa die Behauptung "Frauen orientieren sich bei ihrer Berufswahl primär an Soft Facts, Männer entscheiden sich rational". Doch dieses Vorurteil über unterschiedliche Zugänge von weiblichen und männlichen Arbeitskräften zu ihren Karriereentscheidungen hält einem Faktencheck nicht stand, wie die Studie "Zukunft der Arbeit 2.0" von Leitbetriebe Austria und zukunft.lehre.österreich. zeigt. Im Rahmen der Studie wurden 1000 Online-Interviews mit in Österreich lebenden jungen Menschen zwischen 14 und 29 Jahren durchgeführt. Zwar gibt es durchaus erhebliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern, doch entgegen der landläufigen Ansicht sind es die Frauen, die bei der Wahl ihres Arbeitsplatzes systematischer und faktenorientierter vorgehen als Männer.

Aufstiegschancen für Männer wichtiger

"Dieses Ergebnis war auch für uns eine Überraschung, aber genau dazu wurde die Studie ,Zukunft der Arbeit 2.0' gemacht: vermeintliche Wahrheiten zu überprüfen, neue Erkenntnisse zu gewinnen und damit den Entscheidungsträgerinnen und -trägern in Leitbetrieben und anderen Unternehmen Grundlagen für richtige Weichenstellungen für die Zukunft zu liefern", so Leitbetriebe-Austria-Geschäftsführerin Monica Rintersbacher. "Die Studie entlarvt das Bild der emotional agierenden weiblichen und der rational entscheidenden männlichen Arbeitskräfte zumindest für die jüngere Generation als bloßes Klischee. Tatsächlich gehen Frauen im Durchschnitt aber systematischer vor. Sie setzen sich mit den Vor- und Nachteilen eines Jobangebots gründlicher auseinander, sie achten deutlich mehr auf das Gehalt sowie geldwerte Sozialleistungen und sie gewichten Flexibilitätsthemen - Arbeitszeiteinteilung, Möglichkeit für Homeoffice, Viertagewoche - stärker. Männer hingegen achten mehr als Frauen auf weniger konkrete Kriterien wie das Unternehmensimage oder ob sie von einem Unternehmen aktiv angesprochen wurden. Offenbar ist ihnen diese Form von Wertschätzung, die aber keinen realen Vorteil bringt, wichtiger, als das bei Frauen der Fall ist."

Andreas Gnesda, Beiratsvorsitzender von Leitbetriebe Austria und Initiator der Studie, weist aber auf einen Aspekt hin, bei dem Frauen noch Aufholpotenzial haben: "Das einzige objektiv wichtige Entscheidungskriterium, bei dem die Männer höhere Werte erzielen, ist die Frage nach Aufstiegschancen. Diesem Aspekt sollten Frauen tatsächlich größeres Augenmerk schenken."

"Ich arbeite, also bin ich" gilt für Jugendliche und junge Erwachsene nicht mehr

Eine große Herausforderung für Unternehmen ist insbesondere die generell gesunkene Bedeutung der Erwerbsarbeit im Wertesystem junger Menschen. Diese rangiert unter den wichtigen Lebensbereichen gerade noch auf Platz vier, nur knapp 77 Prozent der Befragten messen ihrem Beruf einen hohen Stellenwert bei. Familie, Hobbys/Freizeit und Freunde erreichen hingegen deutlich höhere Zustimmungsraten bis 87 Prozent. "Eine positive Work-Life-Balance der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter muss ein selbstverständliches Unternehmensziel sein, um qualifizierte und motivierte Arbeitskräfte zu finden und zu halten", betont Gnesda.

Work-Life-Balance schlägt Nachhaltigkeit deutlich

Überraschend gering ist hingegen die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Umweltschutz als Entscheidungskriterium für die Arbeitsplatzwahl. Mit nur 64 Prozent Nennungen als wichtig oder sehr wichtig liegt das Thema etwa um zehn Prozentpunkte hinter "eigenes Aussehen/Attraktivität".

Besonders wichtig aber ist für Gnesda, dass gutes Management von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht primär im Recruiting besteht: "Entscheidend ist es, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten bzw. motiviert zu halten. Seit Corona ist die Wechselbereitschaft dramatisch gestiegen. 20 Prozent aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter planen maximal zwei Jahre in ihrem Unternehmen zu bleiben, weitere 29 Prozent nur drei bis fünf Jahre. Unternehmen sind gefordert, die Arbeitnehmerinnen und -nehmer zu überzeugen, dass sie genau hier am richtigen Platz sind. Gelingt das nicht, werden sie in einem inakzeptabel hohen Maß Arbeitskräfte dann verlieren, wenn sie richtig eingearbeitet sind und für ihren Arbeitgeber besonders wertvoll sind."