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Berufsbild Standesbeamter: "Wir sind die Buchhalter des Lebens"

Von der Geburt bis zum Tod: Als Standesbeamter beurkundet Stefan Fuchs die wichtigsten Lebensereignisse.

Die Arbeit des Standesbeamten sei mit weit weniger Gefühlen behaftet als angenommen, sagt Stefan Fuchs.
Die Arbeit des Standesbeamten sei mit weit weniger Gefühlen behaftet als angenommen, sagt Stefan Fuchs.

Wir treffen den Leiter des Standesamts und der Staatsbürgerschaftsevidenz, Stefan Fuchs, nicht im Trauungssaal an, wie man es von einem Standesbeamten erwarten könnte, sondern in seinem Büro, das auf gleicher Ebene ein paar Türen weiter im Schloss Mirabell liegt. Dort stapeln sich Papiere und Ordner, die Kaffeetasse steht neben seinem Computer. Wenn Fuchs auf seinem Schreibtisch etwas Platz schaffen will, muss er erst einige der vielen Unterlagen wegräumen. In diesem Büro spielt sich der hauptsächliche Teil von Fuchs' Arbeit ab.

Herr Fuchs, muss man als Standesbeamter ein romantischer Mensch sein? Stefan Fuchs: Romantisch ist das falsche Wort, als Standesbeamter sollte man gefühlvoll sein. Wir versuchen, eine romantische Stimmung zu erzeugen, die für das Brautpaar sehr wichtig ist. Das muss aber immer mit dem Buche des Gesetzes im Hintergrund geschehen, schließlich führen wir eine Amtshandlung durch und haben rechtliche Komponenten zu beachten.

Sollte man ein guter Schriftsteller sein? Gute Schriftsteller müssen wir nicht sein, aber gute Redner. Wir reden über die Liebe an sich und gehen auf die individuelle Situation des Brautpaares ein. Unsere 17 Standesbeamten haben hier ein sehr gutes Gespür. Wenn ich zu einer Trauung gehe, den Marmorsaal betrete und die Brautgesellschaft und das Brautpaar sehe, dann weiß ich, wie ich meine Rede gestalten werde. Aufgrund der vielen Trauungen - an Samstagen haben wir bis zu 14 Trauungen, in "normalen" Jahren kommen wir im Standesamt Salzburg auf 1200 Trauungen pro Jahr - fehlt uns die Zeit, für jedes Paar eine individuelle Rede zu schreiben.

Was geben Sie den Brautpaaren mit? Zusammenhalt in einer Ehe ist wichtig, trotzdem muss jeder auch auf sich selbst achten. Dass man auch in schwierigen Zeiten zusammenstehen muss, das ist immer mein wesentlicher Input.

Bei Trauungen erlebt man ja quasi immer die Best-ofs des Lebens. Nicht immer. Zwei bis drei Trauungen pro Jahr mache ich am Krankenbett. Die Wahrscheinlichkeit, dass einer von beiden das Krankenhaus noch einmal verlässt, ist dabei gering. Die Paare wollen trotzdem noch heiraten und diesen Wunsch erfüllen wir gerne.

Welche Paare entscheiden sich für eine Hochzeit in dem Stadium? Das ist verschieden. Es sind sehr junge Paare, aber auch Paare mit einem Alter von etwa sechzig Jahren. Oft wollten die Paare heiraten, aber es hat sich nicht ergeben, weil etwa Kinder und/oder der Hausbau wichtiger waren. Irgendwann kommt dann eine unheilbare Krebserkrankung ins Spiel. Viele haben das Heiraten aber nicht aus den Augen verloren und es wird schließlich wieder wichtig. Die Paare wollen ihre Liebe besiegeln.

Zwei bis drei Trauungen pro Jahr mache ich am Krankenbett.“Stefan Fuchs, Standesbeamter

Sind solche Hochzeiten nicht unglaublich traurig? Nein, das glaubt man nur, man schenkt ja Freude und kann einen der letzten Wünsche erfüllen. Ich sehe immer wieder das Funkeln in den Augen und die Freude der beiden, auch wenn es mutmaßlich nicht gut ausgeht. Für mich persönlich sind das ganz tolle Hochzeiten, da ist man wirklich ganz nah bei den Familien. Wenn man im Marmorsaal eine Hochzeit macht, inszeniert sich das Brautpaar oft, sitzt in weißem Kleid und Anzug vor mir, es soll der schönste Tag im Leben werden, die Erwartungen sind sehr hoch und die Anspannung und das Stresslevel daher auf einem entsprechend hohen Niveau.

Eigentlich verbringen Sie aber die meiste Zeit am Schreibtisch? Genau, weg mit den Gefühlen. In Wirklichkeit machen Trauungen nur einen ganz geringen Teil der Arbeitszeit aus, bei mir etwa fünf Prozent. Viele stellen sich einen Standesbeamten immer als einen älteren, grau melierten Herrn im Stresemann vor - das stimmt im Standesamtsverband Salzburg natürlich nicht, trotz der vielen Zeit, die wir hinter dem Schreibtisch verbringen.

Was sind Ihre Hauptaufgaben? Der überwiegende Teil sind administrative Tätigkeiten: Wir übermitteln die Ehefähigkeit, das heißt, wir prüfen, ob sich jemand in einer aufrechten Ehe befindet oder ob ein Verwandtschaftsverhältnis besteht, wir stellen Geburtsbeurkundungen aus und prüfen, ob die Vor- und Zunamen der Kinder den gesetzlichen Regelungen entsprechen. Besonders bei ausländischen Namen kann das ein bürokratischer Aufwand sein. Bei Unklarheiten müssen wir uns mit den Botschaften verständigen. Außerdem nehmen wir die Beurkundung von Sterbefällen vor. Im Standesamt Salzburg haben wir im vorigen Jahr 3400 Geburten und 2000 Sterbefälle verzeichnet. Ich sage immer spaßeshalber, wir sind die Buchhalter des Lebens. Wir starten mit dem ersten Beleg, der Geburtsurkunde, und gehen bis zum letzten Beleg, der Sterbeurkunde.

Sie haben also sowohl mit jungen Eltern als auch mit trauernden Hinterbliebenen zu tun? Nein, die Daten von den Verstorbenen bekommen wir von den Bestattungsunternehmen. Wir wollen die Angehörigen, die sich ohnehin schon in Ausnahmesituationen befinden, nicht noch zusätzlich aufs Amt schicken. Und die Geburten werden in den meisten Fällen von den Landeskliniken Salzburg und den Diakonissen in Aigen, gemeldet. Die bürokratischen Prozesse sollen für die Bürger geringer werden.