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Begleitung auf dem letzten Weg: Bestatter als Beruf

Jobs in der Bestattungsbranche können erfüllend sein - und eine Chance für ältere Arbeitnehmer. Für ihre Arbeit hoffen Österreichs Bestatter derzeit auf den Weltkulturerbe-Status.

Wer in der Bestattung arbeitet, muss Menschen mögen und Verstorbene angreifen können.
Wer in der Bestattung arbeitet, muss Menschen mögen und Verstorbene angreifen können.

Aufmerksamkeit für Bestatter als Arbeitgeber sucht zurzeit die Wiener Bestattung Himmelblau. Das private Unternehmen mit 50 Mitarbeitenden setzt sogar auf professionelle Unterstützung, um sich auf den Radar von Jobsuchenden zu bringen. Die Firma wächst. Zehn Stellen sind im Großraum Wien offen. Auch die Innungsmeisterin der Salzburger Bestatter und Chefin der Halleiner Bestattung Reich sagt: "Wir Bestatter in Salzburg sind immer auf der Suche nach Mitarbeitern." Im Interview schildert Alexandra Reich-Dertnig, warum Arbeit in der Bestattung den Charakter positiv beeinflussen kann, Älteren Chancen bietet und man auf einen UNESCO-Status hofft.

Frau Reich-Dertnig, viele Menschen ziehen es nicht in Erwägung, bei einer Bestattung zu arbeiten. Sind deren Berührungsängste berechtigt? Alexandra Reich-Dertnig: Für viele ist es ein unvorstellbarer Beruf, weil der Tod unvorstellbar ist. Mit ihm sind Ängste und Tabus verbunden: Werde ich einen langen Leidensweg haben, wie wird mein Sterben aussehen, was kommt danach?

Wie geht die Bestattungsbranche vor, um diese Tabus abzubauen? Das ist nicht leicht. Eine Unterstützung könnte der UNESCO-Weltkulturerbe-Status sein. Für den haben wir österreichische Bestatter uns beworben. Wir rechnen noch vor Allerheiligen mit der Antwort. Ich bin zuversichtlich, da Österreich ein besonderes Bestattungswesen hat. Fast jede Gemeinde hat eigene, besondere Rituale. Wie wir mit Verstorbenen umgehen, sagt viel über eine Gesellschaft aus.

Was gibt es denn Schönes an der Arbeit in einer Bestattung? Man trifft auf Menschen in besonderen Situationen des Lebens und kann für sie Positives tun. Das schätzen viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese Erfahrungen können den Charakter und den eigenen Lebensweg positiv prägen. Vieles, das einem wichtig erscheint, nimmt man dann nicht mehr so wichtig. Wenn ein Leben zu Ende geht, verschieben sich die Wertigkeiten. Auch von den Hinterbliebenen erfahren wir hohe Wertschätzung und bekommen oft Blumen oder Süßes. Es ist ein Dankeschön dafür, dass wir uns Zeit für sie nehmen, mit ihnen am Sarg Gebete sprechen, ihre Verstorbenen in Würde versorgt haben und sie auf ihrem letzten Weg begleiten. Unsere Mitarbeiter müssen einfühlsam sein und auf Kleinigkeiten achten.

Bild: SN/privat/unterrainer
„Das letzte Geleit sagt viel über eine Gesellschaft aus.“ Alexandra Reich-Dertnig, Innungsmeisterin Bestatter WKS

Wir erfüllen den Hinterbliebenen alles, was sie sich an Dekoration, Kerzen, Blumen oder besonderer Musikbegleitung wünschen. Trauerreden halten wir so, als wäre der Verstorbene anwesend.

Was sehen Sie als schwierig bei Ihrer Arbeit? Wer bei einer Bestattung arbeitet, muss Verstorbene angreifen können. Die meisten der 22 Salzburger Bestattungen sind kleine Familienbetriebe. Da ist jeder ein Allrounder. Auch ich mache bei Bedarf bei Verstorbenen Körperhygiene. Wir reinigen sie, kämmen die Haare, kleiden sie an und betten sie in den Sarg ein. Man muss probieren, ob man jemanden versorgen und "versargen" kann.

Wie schwer ist es, die Arbeit nicht gedanklich mit heimzunehmen? Das muss man lernen. Es gibt ja schlimme Sterbefälle und belastende Situationen. Wenn jemand nicht mehr schlafen kann, besprechen wir das miteinander. Man sucht dann Techniken, um loszulassen. Supervision ist Teil unserer Betriebsnachfolger-Ausbildung in der Bestatterakademie. Einzelne Kurse gibt es auch für Mitarbeiter.

Wo lernen Bewerber ihre Arbeit? Im Betrieb. Den Beruf Bestatter gibt es in Österreich ja so nicht, deshalb benötigen Bewerber auch keine spezielle Grundausbildung. Wer einen Lehrabschluss aufweist, zu dieser Arbeit einen positiven Zugang hat und lernbereit ist, hat gute Chancen. Bei den Bestattungen arbeiten verschiedenste Menschen. Etliche waren Rettungssanitäter, Pflegekräfte, andere Zimmerer, Buchhalterin oder Akademiker. Sehr gute Erfahrungen machen wir mit älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Sie suchen ältere Arbeitnehmer? Immer wieder gern. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit reiferen Menschen mit Lebenserfahrung. In Hallein haben wir gerade einen 53-jährigen Mann eingestellt. Für die Nachfolge meiner Kollegin, die Ende Oktober in Pension geht, kann ich mir ebenfalls eine ältere Person vorstellen.

Sie führen Ihre Bestattung seit 23 Jahren. Was hat sich geändert? Erdbestattungen nehmen weiter ab und Kremierungen zu. Ich möchte auch kremiert werden. Wir Bestatter sind zu Rundum-Dienstleistern geworden, die eine Bestattung von Anfang bis Ende organisieren und mit Kunden möglichst gut umgehen. Kunden vertrauen uns und kommen wieder.

Wie viele Menschen hat Ihr Betrieb schon bestattet? Seit der Gründung 1977 sicher mehr als 10.000 Verstorbene.