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Arbeitszufriedenheit in Österreich - Welche Faktoren sind wichtig?

Die Arbeitszufriedenheit der Österreicher ist hoch, auch wenn Salzburg hier offenbar Nachholbedarf hat. Doch was ist dafür ausschlaggebend?

Die Österreicherinnen und Österreicher legen viel Wert auf die Arbeitssicherheit.
Die Österreicherinnen und Österreicher legen viel Wert auf die Arbeitssicherheit.

Eine gute Nachricht für Unternehmen: Die österreichischen Arbeitnehmer sind grundsätzlich zufrieden und motiviert bei der Arbeit. Neun von zehn Österreichern (89 Prozent) sind laut eigenen Angaben (eher) zufrieden, fast die Hälfte (45 Prozent) uneingeschränkt. Auch die Motivation ist bei 91 Prozent grundsätzlich vorhanden, als hochmotiviert bezeichnet sich hingegen nur ein Drittel (32 Prozent). Immerhin 80 Prozent der Arbeitnehmer fühlen sich grundsätzlich anerkannt und wertgeschätzt. Am höchsten ist die Zufriedenheit bei Mitarbeitern in Tirol (54 Prozent), im Burgenland (50 Prozent) und in Oberösterreich (49 Prozent). Am wenigsten zufrieden sind Mitarbeiter in Vorarlberg und Salzburg (jeweils 42 Prozent). Das sind Ergebnisse einer EY-Jobstudie, für die 1000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich befragt wurden. Die Arbeitgeber können vor allem auf hochmotivierte und zufriedene Frauen zählen: Unter ihnen beträgt der Anteil der uneingeschränkt Zufriedenen 49 Prozent, der Anteil der Männer liegt mit 43 Prozent darunter. Frauen bezeichnen sich auch überdurchschnittlich oft als hochmotiviert: 35 Prozent schätzen sich so ein, bei den Männern sind es nur 30 Prozent.

Die wichtisten Faktoren für die Arbeitszufriedenheit

Doch was ist ausschlagegebend für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz? Auf welche Faktoren achten die Österreicherinnen und Österreicher am Meisten?

1. Gutes Verhältnis zu den Arbeitskollegen
Die größte Motivation ziehen sowohl Frauen als auch Männer aus einem guten Verhältnis zu Kollegen, auch wenn Frauen dieser Punkt deutlich wichtiger ist: 62 Prozent der weiblichen Arbeitnehmer werden nach eigener Aussage durch ein gutes Verhältnis zu Kollegen motiviert - von den männlichen Arbeitnehmern sagen dies 57 Prozent.

2. Spannende Arbeitsaufgaben
Einig sind sich die Geschlechter, dass eine spannende Tätigkeit motivierend wirkt - das sehen jeweils 54 Prozent so.

3. Günstige und flexible Arbeitszeiten
Auch günstige Arbeitszeiten (Frauen: 42 Prozent, Männer: 37 Prozent) und flexible Arbeitszeitmodelle (je 30 Prozent) sind für beide Geschlechter wichtige Motivationsfaktoren am Arbeitsplatz.

4. Zusatzangebote der Firma
Kaum punkten können Arbeitgeber hingegen mit Zusatzangeboten oder Incentives wie Dienstwagen oder Versicherungen - diese wirken nur für drei Prozent der Frauen und fünf Prozent der Männer motivierend.

Gute Mitarbeiterbindung durch die Unternehmen

Ingrid Rattinger, Managing Partner Talent bei EY Österreich, sagt dazu: Die guten Ergebnisse hängen sicherlich mit der guten wirtschaftlichen Lage und der entspannten Arbeitsmarktsituation zusammen. Derzeit gibt es für heimische Unternehmen ausreichend zu tun und nur wenige Arbeitnehmer müssen sich Sorgen um ihren Job machen. Gleichzeitig tun Unternehmen immer mehr für die Mitarbeiterbindung, da Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt rar sind. In dieser Atmosphäre fühlen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter offenbar zunehmend wohl und zahlen das mit hohem Einsatz auch zurück."

Flexible Arbeitszeitmodelle sind beliebt

Flexible Arbeitszeitmodelle sind beliebt

Besonders punkten können Arbeitgeber bei ihren Mitarbeitern mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, die bei 77 Prozent der befragten Arbeitnehmer ganz oben auf der persönlichen Wunschliste stehen. Knapp jeder zweite der von EY befragten Beschäftigten wünscht sich die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, und Gesundheits- und Vorsorgemodelle.

"Die Best-Ager" besonders zufrieden mit ihrer Arbeit

Besonders hoch ist die Zufriedenheit bei älteren Arbeitnehmern: Von den über 50-Jährigen sind gut 55 Prozent der Arbeitnehmer zufrieden mit ihrer Arbeit, ähnlich zufrieden sind nur Berufseinsteiger bis 20 Jahre (50 Prozent). Bei den 21- bis 35-Jährigen bzw. den 36- bis 50-Jährigen ist die Zufriedenheit mit 43 bzw. 41 Prozent deutlich geringer. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Motivation: Während sich rund 39 Prozent der Arbeitnehmer, die älter als 50 Jahre sind, als hochmotiviert bezeichnen, ist die uneingeschränkte Motivation bei allen anderen Altersgruppen mit je 30 Prozent deutlich geringer.
"Die Best-Ager, also Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über 50 Jahre, sind erheblich zufriedener und motivierter als alle anderen Altersgruppen. Gleichzeitig sehen in dieser Gruppe mit 60 Prozent auch mit Abstand die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass sie einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten. Der Sinn der eigenen Arbeit - sei es für die Entwicklung des Unternehmens oder für die gesamte Wirtschaft bzw. Gesellschaft - ist heute ein zentraler Motivationsfaktor. Unternehmen müssen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur Wertschätzung entgegenbringen, sondern auch glaubhaft vermitteln, dass sie mit ihrer Arbeit einen Mehrwert schaffen", sagt Rattinger.

Arbeitszufriedenheit im öffentlichen Dienst höher

Auch in Zeiten guter Konjunktur ist die Stimmung der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst besser als in der freien Wirtschaft. Ihre Motivation ist mit einem Anteil von 35 Prozent Hochmotivierten etwas höher als die der Beschäftigten in der konjunkturabhängigen freien Wirtschaft mit 31 Prozent. Auch bei der Zufriedenheit steht der öffentliche Dienst mit einem Anteil von 50 Prozent besser da als die freie Wirtschaft (43 Prozent).

Arbeitgeber sollten auf die junge Generation achten

"So erfreulich die insgesamt hohe Zufriedenheit und Motivation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich ist: Die Unternehmen müssen mehr für die junge Generation tun", sagt Rattinger. "Viele junge Menschen erfahren längst nicht mehr ihre Bestätigung nur aus dem Job, sondern ebenso aus ihrem Privatleben. Sie wollen flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, zu Hause zu arbeiten, um Arbeit und Familie besser miteinander verbinden zu können. Im Betrieb erwarten sie flache Hierarchien und eine insgesamt angenehme Arbeitsatmosphäre. Die Unternehmen sollten dies bei ihrem Bemühen um die Fach- und Führungskräfte von morgen berücksichtigen."

Förderung für ältere Menschen und Frauen

Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass es sich für Unternehmen lohnt, mehr für die Förderung von älteren Arbeitnehmern und Frauen zu tun. "Frauen und ältere Arbeitnehmer sind die motiviertesten Gruppen innerhalb der Unternehmen. Dieses Potenzial sollten die Betriebe viel stärker nutzen." Sie könnten Frauen gezielt fördern, ihnen Aufstiegsmöglichkeiten schaffen und sie beim Gehalt ihren männlichen Kollegen gleichstellen. Auch ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten gezielt ans Unternehmen gebunden werden. "Denn die meisten wollen sich offenbar nicht auf den Ruhestand vorbereiten, sondern sind mit Elan bei der Arbeit und können mit ihrer Erfahrung zum Unternehmenserfolg beitragen - wenn man sie lässt", sagt die Expertin.

Motivationsfaktor Geld

Geld allein ist offensichtlich kein ausschlaggebender Faktor für Zufriedenheit und Motivation. Zwar sind Arbeitnehmer in der höchsten Einkommensklasse von mehr als 60.000 Euro im Jahr am zufriedensten (58 Prozent) und am ehesten hochmotiviert (43 Prozent), allerdings folgen sowohl bei der Zufriedenheit (50 Prozent) als auch bei der Motivation (31 Prozent) knapp dahinter Mitarbeiter aus der geringsten Einkommensklasse von bis zu 20.000 Euro. Am wenigsten zufrieden (37 Prozent) und motiviert (26 Prozent) sind Angestellte mit Bruttojahresgehältern von 41.000 bis 60.000 Euro. "Viele Firmen haben Transformationsprozesse durchgemacht, um sich auf die volatile Weltwirtschaft einzustellen. Oft sind es gerade Personen der zweiten Führungsebene bzw. des mittleren Managements, die diese Transformation umsetzen müssen, sich aber nicht genügend mitgenommen fühlen von der Geschäftsführung. Das kann eine Erklärung für die Unzufriedenheit sein", erklärt Rattinger.

Männer schätzen ein hohes Gehalt

Gerade Männer legen deutlich mehr Wert auf ein hohes Gehalt: 38 Prozent lassen sich durch monetäre Anreize motivieren, bei Frauen hingegen nur 28 Prozent. Auf dem Weg zum Spitzenverdiener bleiben dagegen häufig Familie und Freizeit auf der Strecke und die Gefahr eines Burn-outs wächst. Dagegen finden 42 Prozent der Frauen günstige Arbeitszeiten motivierend, während dies für Männer mit einem Anteil von 37 Prozent weniger wichtig ist. "Geld allein macht nicht glücklich", kommentiert Rattinger die Zahlen. "Es ist bemerkenswert, dass gerade Angestellte in der gehobenen mittleren Einkommensklasse am unzufriedensten und am wenigsten motiviert sind. Auf der zweiten Führungsebene herrscht häufig ein hoher Druck, der zwar bis zu einem gewissen Grad motivierend sein kann, aber langfristig offenbar nicht zu Zufriedenheit führt." Im Gegenteil: Die meisten Führungskräfte arbeiten hochgradig engagiert und bis zur Grenze der Belastbarkeit, nehmen häufig erhebliche Einschränkungen bei Feierabend und Urlaub in Kauf und tragen gleichzeitig Verantwortung für ihre Mitarbeiter, die sie vor Überbelastung schützen wollen. "Sie stecken also häufig in der Falle: Starker Druck von oben, wenig Lob, erheblicher Arbeitseinsatz und gleichzeitig eine Schutz- und Vorbildfunktion gegenüber den ihnen unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern."

Die Motivation sollte langfristig gehalten werden

Es reiche daher nicht, wenn sich Unternehmen nur auf die Talentgewinnung konzentrierten, betont Rattinger. "Die größte Herausforderung ist es, die klügsten Köpfe über einen längeren Zeitraum an Bord zu halten. Unternehmen müssen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig motivieren und dafür ein attraktives Vergütungs- und Anreizsystem schaffen. Oft sind Personalabteilungen aber zu klein, um alle Aspekte ausreichend aufeinander abzustimmen. Hier kann es von Vorteil sein, sich auch externe Hilfe zu holen."